Der Dreißigjährige Krieg. Helmut Neuhold

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Der Dreißigjährige Krieg - Helmut Neuhold


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bremste und sie dicke Kleidung trugen. Als die Ständevertreter sahen, dass ihre Opfer die Bestrafung überlebt hatten, zielten sie noch mit einigen Schüssen auf sie, die sie allerdings verfehlten. Die beiden schockierten Statthalter konnten entkommen und fanden Unterschlupf bei einer katholischen Adeligen. Der ebenfalls entkommene Sekretär Fabrizius machte sich gleich auf den Weg nach Wien, um dem Kaiser von dem Aufstand zu berichten.

      Ferdinand sah nun den ersehnten Zeitpunkt gekommen, um gegen die rebellischen Stände und die protestantischen »Ketzer« vorzugehen. Er wollte den Krieg und er sollte ihn haben. Für die Finanzierung legte er Kaiser Matthias folgende Strategie vor: »Die eingezogenen Güter der Rebellen werden die Unkosten für den Krieg reichlich kompensieren, und der Schrecken der Hinrichtungen wird die Stände zum Gehorsam bringen.« (Zitiert nach Milger 1998, S. 41), Um die Kontroverse jedoch nicht noch weiter zu schüren, richtete Matthias einen versöhnlichen Brief an die Rebellen. Der für die Spanier tätige Graf Bucquoy am 1. Juni nach Wien geholt, um eine Stelle als kaiserlicher Feldmarschall anzutreten. Es wurden nun auch einige Regimenter aufgestellt und Kriegspläne besprochen. Auch wenn sich der Kaiser dagegen sträubte, schien der Konflikt nicht mehr aufzuhalten zu sein, da die Aufständischen nicht bereit waren, nachzugeben.

      Nach dem Prager Fenstersturz wurde von den böhmischen Ständen eine Verwaltung ins Leben gerufen, die aus insgesamt 30 Direktoren aus ihren Reihen bestand. Ein kompletter Bruch mit dem Kaiser war zunächst nicht beabsichtigt. Doch schon bald gewannen jene Kräfte die Oberhand, die die vollständige Anerkennung der »Confessio Bohemica« und die Wiederherstellung der Ständefreiheiten forderten. Außerdem wurde letztlich auch noch die Wiedereinführung des alten böhmischen Wahlkönigtums verlangt. Die böhmischen Stände ersuchten die niederländischen Generalstaaten, den Herzog von Savoyen, die protestantische Union und den Kurfürsten der Pfalz um Unterstützung, die ihnen allerdings nicht in dem von ihnen erwünschten Ausmaß zuteilwurde, da vor allem die Niederländer mit dem Konflikt mit Spanien beschäftigt waren. Doch finanzierte schließlich der Herzog von Savoyen eine Söldnerarmee unter Peter Ernst II. von Mansfeld zur Unterstützung Böhmens.

      Heinrich Matthias Graf Thurn war der Anführer der Aufständischen und spielte in dieser Funktion eine bedeutende Rolle. Der am 24. Februar 1567 geborene Thurn hatte protestantische Eltern, war jedoch nach dem Tod seines Vaters massiven katholischen Umerziehungsversuchen ausgesetzt gewesen. Doch der junge Adelige stand fest zu seinem protestantischen Glauben. Thurn hatte im Laufe seiner Karriere verschiedene Ämter inne. So war er beispielsweise Teil der kaiserlichen Gesandtschaft, die Istanbul besuchte. Er unternahm weite Reisen, die ihn unter anderem in den Orient führten, focht gegen die Türken in Ungarn und verließ die Armee als Oberst und Kriegsrat. Durch seine Vermählung mit Susanna Elisabeth, der Tochter des Freiherrn Otto von Teuffenbach, erwarb er ein großes Vermögen und wurde Mitglied der böhmischen Stände. Obwohl er niemals Tschechisch erlernte, fand er in Böhmen seine Heimat. Von Kaiser Rudolf II. zum Burggrafen von Karlstein erhoben und dann wegen seiner protestantischen Gesinnung von diesem Posten wieder abgesetzt, war er von großem Hass gegen die Habsburger erfüllt. Thurn hatte in der Steiermark auch die Brutalität der Gegenreformation im Stil Erzherzog Ferdinands erlebt. So kam es, dass er der Hauptverfasser der von den böhmischen Ständen aufgesetzten Apologie war, mit der Erstere ihr Verhalten zu rechtfertigen versuchten. Obgleich er militärisch unvermögend war, wurde er schließlich auch zum militärischen Führer des ständischen Heeres ernannt.

      Im August 1618 fiel der kaiserliche Oberst Dampierre mit einer Söldnertruppe in Böhmen ein. Die Bauern und Bürger des aufständischen Landes bekamen als erste die Gräuel des beginnenden Krieges zu spüren. In Böhmen nahmen Raub, Mord und Brandschatzungen ihren Anfang und sollten Mitteleuropa für die nächsten 30 Jahre in Angst und Schrecken versetzen. Dampierres Kommando über die kaiserlichen Regimenter wurde bald vom niederländischen Grafen Bucquoy übernommen, der als erprobter Kriegsmann galt. Der neue Kommandeur stieß auch bis Caslau vor, das nur acht Meilen von Prag entfernt ist. Dort konnte er sich jedoch nicht lange halten, da die nachrückenden Kriegstruppen des kaiserlichen Regiments nur unzulänglich ausgebildet waren, ein Manko, das zugleich einen bitteren Vorgeschmack auf den weiteren Verlauf des langen schrecklichen Krieges darstellte. Bucquoy zog sich mit seinen Truppen nach Budweis zurück und der militärisch unfähige Thurn konnte seine Offensive nach Niederösterreich in die Wege leiten, wobei er vorerst die Stadt Zwettl verwüstete. Die Sache Ferdinands schien nun eher schlecht zu stehen und man erwartete einen Angriff auf Wien.

      Immer häufiger tauchte in den Berichten vom Kriegsschauplatz das Wort »Plünderung« auf. So berichtete eine zeitgenössische Quelle:

      »Im Februar 1619 hat das Kriegsvolk der Böhmen die kaiserlichen Heerestruppen in Budweis und Krumau belagert. Trotzdem haben sie sich herausgewagt und etliche Streifzüge in die Herrschaft Schwanberg getan, etliche Flecken und Dörfer geplündert, zum Teil gar abgebrannt. Bisweilen sind sie von den Böhmen ereilt und tapfer gezwackt worden.«

      (»Theatrum Europaeum«, zitiert nach Milger 1998, S. 48)

      Eine Anzahl bedeutender Ereignisse der Weltgeschichte wurde mit dem Erscheinen von Kometen in einen Deutungszusammenhang gebracht. So auch der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Ein mitteldeutscher Chronist (Volkmar Happe) berichtete:

      »Den 3. November 1618 ist ein schrecklicher Comet am Himmel erschienen, der etliche Monat und gar bis in das folgende Jahr gesehen war, denn darauf in aller Welt Krieg, Aufruhr, Blutvergießen, Pestilenz und theure Zeit und unaussprechlich Unglück erfolget. Kein schrecklichen Comet man spürt, der nicht groß Unglück mit sich führt. In diesem Jahre ist der Böhmische Krieg angegangen und stark continuiret worden.«

      (Chronikon Tuhringiae. Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena)

      Ferdinand gelang es nun mit spanischer Rückendeckung, den eher um Ausgleich bemühten Kardinal Klesl als Kanzler des schwachen Kaisers Matthias auszuschalten. Der Kardinal wurde von der Kriegspartei unter fadenscheinigen Anschuldigungen verhaftet und in der Folge nach Rom gebracht, wo er jahrelang als Gefangener festgesetzt wurde. Der Kaiser wurde durch diese Maßnahme vollkommen überrumpelt, was letztlich zu seiner Entmachtung beitrug. Er starb bereits am 20. März 1619 und machte damit endgültig dem erzkatholischen Ferdinand Platz, wodurch eine folgenschwere Wende eingeleitet wurde.

      Matthias von Thurn eroberte mit seinen böhmischen Truppen am 26. Mai 1619 die Stadt Laa an der Thaya. Diese im nordöstlichen Niederösterreich gelegene Stadt war eine der ersten, die im Dreißigjährigen Krieg zu Schaden kam – unzählige weitere Städte im Heiligen Römischen Reich sollten folgen. Die böhmischen Truppen hielten Laa monatelang besetzt und trieben es wirtschaftlich in den Ruin. Das umfangreiche Stadtarchiv mit allen alten Urkunden und Protokollen ging verloren. Als die Böhmen schließlich abzogen, war die ehemals blühende Stadt schwer geschädigt und sollte nie mehr ihre alte Bedeutung erlangen. Wie für die meisten Städte im Reich blieb es nicht bei dieser Heimsuchung, denn 1645 kamen die Schweden in die Stadt. Als sie abzogen, waren die meisten Häuser verwahrlost und die Bevölkerungszahl stark zurückgegangen. Laa hat sich vom Dreißigjährigen Krieg letztlich nie wieder richtig erholt – ein Schicksal, dass die Stadt mit zahlreichen anderen Städte in Mitteleuropa teilte.

      Der 5. Juni 1619 brachte die so genannte »Sturmpetition« der protestantischen Stände Niederösterreichs zu Ferdinand II. in die Wiener Hofburg. Die etwa 50 Adeligen kamen unter der Führung von Paul Jakob von Starhemberg, eines Angehörigen eines der bedeutendsten österreichischen Adelsgeschlechter, der zum Sprecher des protestantischen Adels bestimmt worden war, zu einer offiziellen Aussprache in den kaiserlichen Palast. Sie forderten religiöse Freiheit und Frieden mit Böhmen. Ein entsprechendes Schriftstück war bereits aufgesetzt und es wurde lange Zeit hitzig verhandelt. Die Situation war bedrohlich und Tätlichkeiten waren zum Greifen nahe. Später kam das Gerücht auf, dass Andreas von Thonradel, der Herr von Ebergassing, den geschockten Ferdinand beim Wams genommen habe, um ihn zur Unterschrift zu zwingen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich Ferdinand dabei bereits als ein weiteres Opfer eines Fenstersturzes sah. Als die Spannung schier unerträglich schien, ritten plötzlich einige Kornette (Kompanien) des Regiments Dampierre unter der Führung von Gilbert de Saint Hilaire in die Hofburg ein. Die Adeligen glaubten daraufhin, die Reiter seien zu ihrer Verhaftung angerückt, mäßigten ihren Zorn und sahen von ihren Handgreiflichkeiten ab. Allein dem Eintreffen


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