Fürstenkinder Staffel 1 – Adelsroman. Helga Torsten

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Fürstenkinder Staffel 1 – Adelsroman - Helga Torsten


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mit einem so abwesenden Gesicht, daß das Mädchen sich beunruhigt fühlte.

      Autofahren war gewiß jetzt nicht richtig.

      Da aber fuhr der Wagen Harald Brockdorffs schon langsam durch das Eingangstor.

      Aber – wie fuhr er?

      Jasmine erschrak.

      Er darf nicht fahren! sagte sie sich plötzlich. Ich muß ihn daran hindern.

      Das Mädchen sah nach einer Taxe, die immer vor der Klinik zum Fahren bereitstand.

      Es geht vielleicht um ein Menschenleben! hämmerte es in Jasmines Herzen.

      »Folgen Sie bitte dem kleinen grauen Wagen«, bat sie den Taxifahrer. »Ich habe meinem Kollegen noch etwas von einem wichtigen Fall zu sagen. Es geht um sehr Dringendes; ein Medikament…« Jasmine flüsterte nur noch.

      Der Fahrer in seiner dicken, pelzgefütterten Lederjacke nickte nur und gab schon Gas.

      Er hatte so manches erlebt.

      Ärzte – Kranke – Schwestern.

      Sie saß neben dem Fahrer und ließ genau wie er den vor ihnen fahrenden Wagen nicht aus den Augen.

      Da – jetzt – die kleine, durch Warnzeichen kenntlich gemachte bergige Anhebung der Straße. Hier lag noch Schnee. Es war auch glatt. Selbst der schwere Mercedes des Taxifahrers schlidderte ein wenig.

      Der graue Volkswagen aber…

      »Nein… nein… nein!« schrie Jasmine in diesem Augenblick auf. »Das nicht! Nein!«

      Bremsen durfte man nicht auf diesem Stück Straße; man wäre sonst selber verunglückt. Der Fahrer konnte erst eine ganze Strecke hinter der Stelle halten, an der der kleine graue Wagen sich überschlagen hatte, und dann die Böschung hinabgestürzt war.

      »Ich werde den Unfallwagen bestellen, Fräulein«, sagte der Mann bedrückt.

      Er mochte sich nicht weiter äußern.

      Das Mädchen rannte schon auf die Unfallstelle zu.

      »Harald!« Jasmine beugte sich über den Verunglückten. »Harald, so hör doch. Harald, weshalb bist du so schnell gefahren, Harald!«

      Jasmine legte ihre Lippen ganz fest auf die eiskalten des Mannes.

      Ihren Atem wollte sie ihm schenken. Aber es schien dafür schon zu spät.

      Einmal noch schlug Harald Brockdorff die Augen auf.

      Sein letzter Blick traf Jasmine.

      »Die Liebe«, sagte er leise, »die Liebe zu den Menschen. Ich habe nie daran glauben wollen!«

      »Und das ist töricht!« Jasmines jetzt auch eiskaltes kleines Gesicht schmiegte sich an das des Mannes, über welches ein kleines Blutrinnsaal strömte.

      »Die Liebe ist alles auf dieser Erde. Die Liebe zum Nächsten!«

      »Ja?« fragte Harald Brockdorff sehr erstaunt. Seine sonst immer so harten blauen Augen schienen jäh ein wärmeres Leuchten zu bekommen. Aber dieses Leuchten kam schon aus einer anderen Welt, nicht mehr von der, in der ein bis zum Wahnsinn ehrgeiziger junger Mann für eine glanzvolle Karriere alles aufs Spiel gesetzt hatte.

      Langsam fielen seine Augen zu.

      Als Jasmine sich über des Mannes Brust beugte, vernahm sie keinen Herzschlag mehr.

      »Tot!« flüsterte Jasmine.

      Man kann ihm nicht mehr helfen.

      *

      »Also, nun setzt mal andere Gesichter auf! Sonst wird mir das Benzin noch sauer im Tank!«

      Der Fahrer Waschkewitz nickte den beiden kleinen Gestalten aufmunternd, aber auch ein wenig tadelnd zu.

      Er hatte sie heute am letzten Tag vor den Osterferien wie gewohnt von der Schule abgeholt. Na, und das mit der Schule, das hatte eben nicht ganz geklappt.

      »Mir ist auch alles sauer!« knurrte Stoffel. Er warf den dunklen seidigen Lockenschopf zurück und zeigte ein sehr ernstes Gesicht. »Oder glaubst du, das macht Spaß, kleben zu bleiben?«

      »Und dann noch alle beide!« Vronli fuhr sich jetzt mit der kleinen Hand über die Augen, die sehr feucht waren. Ein paar Tränen liefen über die Wangen.

      »Überschwemmung! Wie immer bei den Mädchen!« Stoffel mußte seinem gequälten Jungenherzen Luft machen.

      Aber das kam auch wirklich nicht häufig vor, daß gleich zwei Kinder aus einer einzigen Familie nicht versetzt wurden.

      »Ihr könnt doch gar nichts dazu«, lenkte Waschkewitz ein. »Erstens ward ihr krank. Und dann konnte Frau Franzen keine passende Erzieherin für euch finden.«

      »Meinst du, alle Kinder hätten bei uns in der Schule Erzieherinnen?« fragte Stoffel. »Aber dafür haben sie eins: Eltern! Eltern, die zu Hause sind. Und ich möchte lieber mal von Papa eine Ohrfeige bekommen, als daß er nie da ist.«

      Stoffel sprach diesen Satz nicht sentimental aus. Aber den Fahrer Waschkewitz erschütterte es schwer.

      Noch ehe er irgendeine Antwort finden konnte oder ein Wort des Bedauerns, flüsterte Vronli unter Tränen: »Warum kommt Jasmine nicht mehr zu uns? Wenn Jasmine bei uns wäre… Ach, das war schön, damals im Krankenhaus!«

      Vronlis kleines, zartes Gesicht leuchtete plötzlich auf. Ja, diese Krankheitswochen in der Klinik bei Onkel Professor waren beinahe die schönsten in ihrem ganzen Leben.

      »Krank möchte ich noch mal werden«, sagte sie beinahe träumerisch.

      »Ne, krank nicht!« Stoffel wehrte ab. »Aber Papa soll Jasmine sagen, daß sie zu uns kommen soll. Das ist doch sehr einfach. Papa hat keine Frau. Jasmine hat keinen Mann. Weshalb heiraten sie sich nicht einfach?«

      »Fräulein Jasmine studiert doch.« Dem Fahrer Waschkewitz war nicht ganz wohl bei dieser Ansprache.

      Er wollte sich nicht zu voreiligen Äußerungen hinreißen lassen. Aber er stimmte innerlich Stoffels Vorschlag durchaus zu.

      »Studieren!« Stoffel pfiff verächtlich durch die Zähne. »Es müssen ja nicht alle studieren. Man muß ja auch eine Mutter haben. Und Jasmine – na, die wäre schon prima, wenn sie immer bei uns bliebe.«

      Vronli nickte nur.

      »Du hörst doch immer alles, Waschkewitz!« Stoffel legte jetzt sein kleines Gesicht auf die Rückseite des Vordersitzes. »Na, hast du nie gehört, daß Papa und Jasmine… sich liebhaben. Das wäre doch denkbar, denn jeder Mensch muß Jasmine liebhaben.«

      Der Fahrer nickte, während er starr geradeaus blickte. Nicht wegen einer drohenden Gefahr auf der Straße, sondern weil er einfach diesen Kinderaugen nicht begegnen mochte.

      Was verstanden die Kinder schon davon, daß es auf dieser Erde nicht nach Zweckmäßigkeit und Vernunft ging.

      »Vielleicht mag Fräulein Jasmine euren Papa nicht«, erklärte er, um nur irgend etwas zu sagen. Da schwieg Stoffel.

      Bedeutsam schaute er die kleine Schwester an.

      Natürlich – daran hatte er noch gar nicht gedacht.

      Ein Mann, der immer auf Reisen war, der selten daheim war und dann meist auch nur, um prominente Gäste zu empfangen oder bei Kunstauktionen mitzuwirken – den konnte man wohl nicht so besonders gern haben.

      »Du, Waschkewitz?« Der unermüdliche und selten um einen Ausweg verlegene Stoffel tippte dem Fahrer jetzt spürbar fest auf die Schulter. »Jasmine braucht ja gar nicht an Papa zu denken. Denn mit dem, da würde sie vielleicht nicht glücklich werden. Aber, Waschkewitz, mit Vronli und mir, uns hat sie ganz gewiß lieb. Du« – der Junge schob die geballte rechte Faust jetzt auf die Lehne des Vordersitzes –, »dafür würd ich alles verwetten. Sogar meinen Julius!«

      Waschkewitz schaute weiterhin geradeaus.

      Die


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