Mami Staffel 13 – Familienroman. Lisa Simon
Читать онлайн книгу.Zeit dasein sollte.«
Am liebsten hätte sie ihn gefragt, ob es ihm nicht eilig gewesen wäre, sie zu sehen, aber Gott sei Dank unterdrückte sie diese Frage noch, bevor sie ihr über die Zunge schlüpfen konnte.
»Nein, das ist schon in Ordnung. Hast du Paul und Christine schon kennengelernt?«
»Deine Freundin hat mir die Tür geöffnet. Paul ist das Geburtstagskind?«
»Ja, er steht dort drüben, komm mit.«
Paul bedankte sich für den Champagner, den Torsten ihm schenkte. Als er Julias Gesicht sah, schmunzelte er.
»Na, dann kann es ja jetzt richtig losgehen. Julia, jetzt hast du sicher auch Appetit.«
Julia schaute ihn ein bißchen strafend an. Mußte er darauf anspielen, daß sie bisher wie auf Kohlen gesessen hatte?
»Du siehst übrigens wunderschön aus«, flüsterte ihr Torsten zu, als sie zum Büfett hinübergingen, wo sich bereits die meisten Gäste versammelt hatten. Sie alle schienen nur auf Pauls Erlaubnis gewartet zu haben.
»Danke.«
Julias Herz klopfte stürmisch. Ihr wurde heiß, wie immer, wenn sie neben Torsten stand. Sie aßen, dann unterhielten sie sich mit anderen Gästen, später wurde getanzt. Torsten forderte Christine auf, während Julia mit Paul tanzte. Sie ließ ihre Freundin und Torsten nicht aus den Augen, bis sie Paul auf den Fuß trat.
»Oh, entschuldige, Paul…«
»Ich frage mich, ob du Angst um deinen Torsten hast… Christine wird ihn ein bißchen ausquetschen, aber mehr passiert bestimmt nicht«, antwortete er mit gutmütigem Grinsen.
»Eben vor dem Ausquetschen habe ich Angst.«
»Christine tut doch, was sie will. Also lassen wir sie. Komm, tanz doch mal mit Marius. Er mag dich, glaube ich. Ich muß noch Getränke hochholen.«
Bevor Julia protestieren konnte, hatte Paul sie seinem Freund gewissermaßen in den Arm gedrückt. Marius schien auch überrascht, aber schließlich tanzten sie zusammen und wechselten dabei ein paar belanglose Worte. Julia hatte den Eindruck, daß er ebenso froh war wie sie, als der Tanz zu Ende ging.
»Kannst du mir eben in der Küche helfen?«
Natürlich, Christine wollte ihren Eindruck loswerden. Mußte sie das so auffällig machen? Julia wurde rot, warf Torsten einen entschuldigenden Blick zu und folgte ihrer Freundin.
»Das war peinlich, Christine.«
»Ach, Quatsch. Torsten ist doch nicht doof. Natürlich weiß er, daß wir über ihn sprechen werden. Also, ich finde ihn ganz schön sexy. Aber…«
Das Aber wollte Julia nicht hören. Und sie mußte das auch nicht, denn jetzt kamen andere Gäste in die Küche, um nach Knabberzeug zu forschen. Sie gehörten zum Freundeskreis und durften sich solche Freiheiten herausnehmen.
Sie nutzte die Gelegenheit, um Christine zu entkommen. Torsten empfing sie mit einem Glas Champagner, das er ihr in die Hand drückte.
»Na, ist sie einverstanden?«
»Wie meinst du das?«
»Na, deine Freundin. Sie hat dir doch sicher erzählt, ob sie mich für gut genug für dich hält.«
Er lächelte bei seinen Worten, aber Julia meinte ein wenig Zurückhaltung herauszuhören.
»Komm, laß uns tanzen… Sie findet dich natürlich nett. Hast du etwas anderes erwartet?«
»Nein. Sie ist auch nett. Wollen wir noch lange bleiben?«
»Gefällt es dir nicht?« wollte Julia erschrocken wissen. Torsten war gerade zwei Stunden hier. Sie konnte jetzt noch nicht gehen, ohne Christine und Paul zu kränken.
»Doch, das schon. Aber ich dachte, weil du heute keine Kinder im Haus hast…«
Da war sie also, die Frage aller Fragen. Obwohl Julia damit gerechnet hatte, wußte sie jetzt doch nicht, was sie sagen sollte.
»Mindestens eine Stunde muß ich noch bleiben. Immerhin sind es meine Freunde…«
»Natürlich, mein Liebling…«, flüsterte er leise und irgendwie anzüglich in ihr Ohr.
Julia wurde rot. Manchmal verfluchte sie ihre helle, zarte Haut, die jede Regung so deutlich zeigte. Er drückte ihre Hand, küßte sie zart auf den Hals und drehte sie noch einmal schwungvoll zum Takt der Musik.
Sollte sie mit ihm gehen? In ihrer Wohnung sollte das »erste Mal« nicht stattfinden, Julia scheute vor dem Gedanken zurück, ohne es sich erklären zu können. Vielleicht lag es daran, daß sie sehen wollte, wie er wohnte. Könnte sie daraus Rückschlüsse ziehen, ob die Kinder und er miteinander zurechtkommen würden? Wohl kaum. Selbst wenn seine Wohnung absolut singlemäßig und cool eingerichtet wäre, hieß das ja nicht, daß er in Wirklichkeit keine Kinder mochte.
Es war keine leichte Entscheidung, und Julia war froh, daß sie noch ein wenig Zeit hatte, bis sie sie fällen mußte.
Ein Anruf ihrer Mutter erlöste sie aus dem Dilemma.
»Julia? Telefon. Deine Mutter.«
»Oh…, dann muß etwas passiert sein… entschuldige, Torsten…«
Er ließ sie los. Julia lief ins Schlafzimmer ihrer Freundin, um von dort aus zu sprechen, weil man im Wohnraum sein eigenes Wort nicht verstehen konnte.
»Mama? Was ist passiert?«
Julia war ganz atemlos vor Angst. Ihre Mutter war nicht zimperlich. Wenn sie also einen Grund sah, hier bei Christine anzurufen, mußte es sich schon um etwas Ernstes handeln.
»Es tut mir wirklich leid, dich zu stören, Kleines. Reg dich nicht auf, es ist nicht so schlimm. Nele hat wohl einen Magen-Darm-Infekt erwischt. Sie will nicht einschlafen, ohne daß du ihr versprichst, sie morgen früh gleich zu holen. Eigentlich wollte sie, daß du herkommst und hier schläfst. Sie spuckt jetzt nicht mehr, hat aber Fieber.«
»Ich komme. Sag ihr, daß ich in ungefähr einer halben Stunde bei euch bin.«
»Julia, du mußt wirklich nicht eher kommen. Wenn ich ihr sage, daß du morgen früh hier bist, ist es bestimmt okay.«
»Nein, nein, Mama. Wenn Nele krank ist, braucht sie mich. Ich weiß, daß du es wunderbar machst, aber du brauchst auch deinen Schlaf.«
»Mir scheint, dir ist es ganz lieb, daß du herkommen mußt…«
Die Intuition ihrer Mutter grenzte manchmal an Hellsicht. Julia lächelte kurz, aber sie ging nicht darauf ein.
»Wie auch immer, ich komme. Danke, Mama.«
»Schon gut. Grüß Christine noch mal. Sie soll nicht böse sein, daß du nun gehst.«
»Christine würde nicht anders handeln. Bis später.«
Julia stand auf. Jetzt bedauerte sie natürlich, daß die Gelegenheit, Torsten besser und intimer kennenzulernen vorüber war. Und doch, sie hätte gar nicht anders entscheiden können. Wie sollte sie seine Umarmung genießen, wenn sie wußte, daß es Nele schlechtging?
Torsten erwartete sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Er sah nicht sonderlich besorgt aus.
»Tut mir leid, Torsten, ich muß sofort los. Meine Mutter hat mir eben mitgeteilt, daß Nele krank geworden ist. Sie möchte mich natürlich bei sich haben.«
»Das tut mir auch leid, sehr leid. Hoffentlich wird sie bald wieder gesund.«
Sehr enttäuscht schien er nicht. Julia konnte nicht entscheiden, ob sie sich darüber freuen oder enttäuscht sein sollte. Es könnte immerhin bedeuten, daß er die Wichtigkeit der Kinder für sie nicht in Frage stellte. Sie beschloß, es so zu verstehen.
»Danke, daß du es so aufnimmst. Wir werden sicher bald wieder einmal…«
Er lächelte und zog ihre Hand an die Lippen. Julia