CLIL in der Fächerfusion Englisch und Bildnerisches Gestalten in heterogenen Primarschulklassen. Silvia Frank Schmid

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CLIL in der Fächerfusion Englisch und Bildnerisches Gestalten in heterogenen Primarschulklassen - Silvia Frank Schmid


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      Abbildung 9:

      Literaturauswahl von Qualitätskriterien von Lernaufgaben aus den drei Didaktiken

      Die Wahl der oben genannten Quellen wird nachfolgend unter Berücksichtigung deren Relevanz für die vorliegende Arbeit kurz begründet. Aus erziehungswissenschaftlicher Sicht wurden die breit akzeptierten und viel zitierten Aufgabenmerkmale von Blömeke et al. (2006) sowie jene von Reusser (2014b) gewählt. Als dritte Quelle aus allgemein-didaktischer Sicht wurde das Analysesystem von Maier et al. (2014) herangezogen, weil es einerseits empirisch breit fundiert ist, anderseits weil die dort vorgeschlagenen Kriterien erlauben, Lernaufgaben aufgrund ihrer kognitiven Anforderung zu analysieren als auch zu modifizieren. Diese Kriterien passen daher sehr gut in den vorliegenden Forschungskontext der heterogenen Lerngruppen (Maier et al. 2014, S. 343). Ferner wurde Leisen (2010) berücksichtigt, weil er sich ebenfalls intensiv mit dem Thema des sprachsensiblen Unterrichts und Lernaufgaben für heterogene Klassen auseinandersetzt. Die Quelle Luthiger und Wildhirt (2018) wurde einerseits aufgrund ihrer Aktualität, anderseits aufgrund deren Kompatibilität mit dem LUKAS-Modell beigezogen.

      Wie weiter oben beschreiben, hat in der Fremdsprachendidaktik die Aufgabenorientierung eine lange Tradition. Eine Auswahl wichtiger Grundlagenliteratur zu task-based learning (TBL) wurde deshalb für den Fachbereich Englisch berücksichtigt. Dazu gehören Nunan (2004), Ellis (2003) sowie Willis und Willis (2007). Der deutschsprachige Raum vertritt die Grundlagenliteratur von Müller-Hartmann und Schocker-von Ditfurth (2011). In all diesen Quellen finden sich empirisch belegte Merkmale und Definitionen zu kommunikativen, anwendungsorientierten Lernaufgaben für den Englischunterricht. Zusätzlich wurde die Auswahl um Cameron (2001) erweitert. Sie fasst Aufgabenmerkmale spezifisch für den Englischunterricht mit Kindern zusammen.

      Für den Fachbereich BG wurden drei relevante Quellen gefunden: die ‘Didaktischen Hinweise’ aus dem Lehrplan 21 (D-EDK 2014); ein Buchteil von Diethelm und Niederberger (2016, S. 293) mit Merkmalen kompetenzorientierter Aufgaben für das Fach BG, welche sich stark an die Aufgabenqualitäten von Blömeke et al. (2006) sowie an Reusser (2014b) lehnen; und die Merkmale von BG-Lernaufgaben von Schoppe und Rompel (2017, S. 35–38). Letztere widmen dem Thema Aufgaben im Kunstunterricht ein ganzes Buch. Die limitierte Anzahl von Quellen für BG hängt gemäss Expertenmeinung mit der Tatsache zusammen, dass in diesem Fach zu diesem Thema noch keine weitere Literatur vorliegt.

      Ziel dieser Literaturanalyse ist ein reduzierter Zusammenzug von überschneidenden Qualitätsmerkmalen, die wirksame Lernaufgaben für den CLIL-Unterricht in der Fächerfusion Englisch und BG charakterisieren. Die Qualitätsmerkmale sollen zudem die verschiedenen Typen von Lernaufgaben gemäss dem LUKAS-Modell und somit deren unterschiedliche Funktionen im Lernprozess mitberücksichtigen. Obwohl sich in der Literatur viele überlappende Merkmale finden liessen, wäre eine rein quantitative Auswertung aufgrund deren Häufigkeit der Nennung nicht zielführend gewesen. Die Wortwahl, Sichtweisen und Schwerpunkte der unterschiedlichen Didaktiken und Autor*innen sind insgesamt zu verschieden. Vielmehr wurden übergeordnete Kategorien gebildet, zugehörige Aspekte zugeordnet und so ähnliche Merkmale aus allen drei Fachperspektiven verdichtet zusammengefasst (siehe auch Kapitel 5.5.1). Die theoriebasierte Analyse resultierte schliesslich in fünf übergeordneten Qualitätsmerkmalen, die im nachfolgenden Kapitel genauer erläutert werden.

      3.5 Fünf Qualitätsmerkmale für Lernaufgaben für den CLIL-Unterricht

      Die theoriebasierte Analyse brachte Qualitätsmerkmale hervor, die unter den folgenden fünf Oberbegriffen zusammengefasst werden: ‘Interesse & Motivation’, ‘Anregung von CLIL-Lernprozessen’, ‘kognitive Aktivierung’, ‘Offenheit’ und ‘Differenzierung’. Diese werden nachfolgend der Reihe nach einzeln erläutert. Dies geschieht, indem in einem ersten Schritt das jeweilige Aufgabenmerkmal theoriebasiert diskutiert, dann dessen Wichtigkeit auf die Situation der CLIL-Unterrichtsmodule übertragen und wo passend mit exemplarischen Beispielen illustriert wird. Damit basierend auf diesen Qualitätsmerkmalen zu einem späteren Zeitpunkt Aufgabensets entwickelt und diese dann entsprechend auch evaluiert werden können, wurden zu jedem der fünf Qualitätsmerkmale Indikatoren formuliert, die das Aufgabenmerkmal spezifizieren. Diese Indikatoren bringen am Ende eines jeden Abschnitts die Anliegen jedes Qualitätsmerkmals noch einmal auf den Punkt. Wie mit diesen Indikatoren weiter verfahren wird, wird im abschliessenden Zwischenfazit (siehe Kapitel 3.5.6) erläutert.

      3.5.1 Qualitätsmerkmal I: Interesse & Motivation

      Die wohl wichtigste Grundvoraussetzung für erfolgreiches Lernen ist die Neugier, das Interesse und die Motivation für den Lerngegenstand. Es erstaunt deshalb wenig, dass alle der beigezogenen Literaturquellen motivationale Aspekte wie Interesse, Lebensweltbezug, Neugier, Relevanz oder das Ansprechen eines persönlichen Bedürfnisses als grundlegende Qualitätsmerkmale für gute Lernaufgaben angeben. Motivation und Interesse sind insgesamt zwei wichtige Faktoren, damit sich Schüler*innen auch langfristig mit einem bestimmten Lerngegenstand auseinandersetzen, und gelten somit als zentrale Kriterien für erfolgreichen Unterricht (Schiefele 2009, S. 152).

      In der Interessenforschung wird zwischen zwei Arten von Interesse unterschieden: Einerseits das überdauernde, individuelle Interesse an einem Sachverhalt aufgrund seiner Verbindung mit positiven Gefühlen oder hoher persönlicher Bedeutsamkeit; anderseits das situative Interesse, hervorgerufen durch äussere Umstände, die mit Neugier und Faszination in Verbindung stehen (Schiefele 2009, S. 163–64). Motivation wird als «psychische Kraft» oder als Verhaltensbereitschaft verstanden, die die Zielsetzung in einer bestimmten Situation massgeblich mitentscheidet (Schiefele 2009, S. 152). Motivation gilt in diesem Sinne als ein abstrakter Sammelbegriff für verschiedene Teilprozesse und Phänomene, die alle eine «aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiven Zielzustand» haben (Rheinberg 2008, S. 16). In den letzten Jahrzehnten wurde das Konstrukt Motivation mittels unterschiedlichen Modellvorstellungen, denen kognitiv-psychologische Theorien zugrunde liegen, intensiv erforscht und ergründet (Dörnyei 2001, S. 9; Urhahne 2008, S. 150). Daraus resultiert eine grosse Vielzahl teils unterschiedlicher, teils überlappender Lernmotivationstheorien. Nachfolgend werden jene Konstrukte und Theorien diskutiert, die für den vorliegenden Forschungskontext im Zusammenhang mit Lernaufgaben von Relevanz sind.

      Durch Motivation wird das intentionale, bewusst gesteuerte und auf ein bestimmtes Ziel gerichtete Lernen «energetisiert» (Urhahne 2008, S. 151). Gemäss dem zeitgenössischen Verständnis von Lernen als Aufbau von Kompetenzen versteht man darunter «die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können» (Weinert 2014a, S. 27–28). Gemäss dieser breit akzeptierten Definition von Kompetenz, an der sich auch der Lehrplan 21 lehnt, ist eine Person kompetent, wenn sie neben kognitiven Prozessen auch Lernen will und dafür die nötige Motivation aufbringen kann. Reusser bezeichnet deshalb attraktive Lernaufgaben «als Quellen der Motivation und Ausgangspunkt für Schülerinnen und Schüler, sich auf Gegenstände einzulassen und dabei fachliche und überfachliche Kompetenzen auszubilden.» (2014a, S. 81). Lernende lassen sich dann auf eine Lernaufgabe ein, wenn bei ihnen ein individuelles Bedürfnis angesprochen wird. Die Motivation der Lernenden in Bezug auf die Lernleistung kann somit als Wechselwirkung zwischen einer Lernaufgabe und den individuellen Bedürfnissen der Schüler*innen verstanden werden (Blömeke et al. 2006, S. 335).

      In der Pädagogischen-Psychologie gelten die ‘Erwartungs-Wert-Modelle der Motivation’ als einflussreich. Ihnen zufolge werden die vermuteten Erwartungen, zum Beispiel in Verbindung mit dem erfolgreichen Bearbeiten einer Lernaufgabe, mit den daraus resultierenden Werten, demnach der subjektiven Bedeutsamkeit die dieser Handlung beigemessen wird, abgewogen (Schiefele 2009, S. 153). Diese persönliche eingeschätzte Erfolgserwartung bestimmt somit den Anreiz für die Aufgabenbearbeitung massgeblich mit (Urhahne 2008, S. 153). Demzufolge sind Lernaufgaben mit mittelschweren Anforderungen attraktiv, weil sie Erfolg mit Anstrengung ermöglichen. Solche realistischen Zielsetzungen haben einen positiven Einfluss auf die Motivation (Rheinberg 2008, S. 71–72). Jedoch


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