Draußen rauchen ist Mord am ungeborenen Baum. Fritz Eckenga

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Draußen rauchen ist Mord am ungeborenen Baum - Fritz Eckenga


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Ich sitze ja auch dauernd an diesem unseligen Newsticker und drück’ die Maus. Habe schon überlegt, meine diversen Monitore mit Warnhinweisen zu verdunkeln: »Aktualisieren gefährdet Ihre seelische Gesundheit. Fangen Sie erst gar nicht damit an!« Ist aber naiv. Ich hänge schon zu sehr in der Suchtschleife.

      Und hastenichtgesehn erwische ich mich dabei, dass ich auf einmal erschüttert bin oder sogar empört und ungewohnte Gedanken denke. Gedanken, die mich überrumpeln, aber doch offensichtlich meine eigenen sind. Plötzlich und unerwartet entfährt mir ein zu lautes »Hallo? Das wird man ja wohl nochmal denken dürfen!« In klareren Momenten reiße ich mich dann zusammen und denke: »Na gut, denken kannst du es ja, aber du musst ja nicht alles auch sofort sagen, was du so denkst. Kannst ja erstmal drüber nachdenken.«

      Doch hier kann ich es ruhig mal wagen, es zu sagen. Es verlässt ja nicht das Buch. Nur mal so als Beispiel: Ich habe mich eine Zeitlang mehrfach dabei ertappt, dass ich das Bedürfnis hatte, Angela Merkel in Schutz zu nehmen. Vor den zu vielen anderen von diesem öffentlichen Personal. Diesen Reflex hatte ich früher nie. Was ist passiert? Ich hatte doch mal ganz andere Ansprüche. Sind das noch Gedanken oder ist das schon Gefühl? Ich will es nicht geistige Verwahrlosung nennen, aber ich bin obenrum doch ziemlich runtergekommen. Ich freue mich heute schon darüber, dass es mit dieser Kanzlerin wenigstens eine Person in leitender Funktion gibt, die hin und wieder relativ gelassen ein paar Selbstverständlichkeiten von sich gibt. Etwa, dass man Menschen, denen es dreckig geht, gefälligst zu helfen hat.

      Ich hoffe, dass es in diesem Land noch eine Mehrheit dafür gibt, das als zivilisatorischen Min­deststandard festzulegen. Und zwar auch, nachdem Frau Merkel ihre Rhetorik aufgrund der sinkenden Umfragewerte aktualisiert hat.

       [email protected]

      Betr.: Hauptrolle

      Herzlichen Glückwunsch, Frau Merkel.

      Seitdem der TV-Sender SAT 1 die Filmrechte an Ihnen erworben hat, lassen Sie sich von Veronika Ferres doubeln. Eine ausgezeichnete Wahl. Nicht nur wegen der frappierenden äußerlichen Ähnlichkeit. Es lag nahe, dass die Rolle der mächtigsten deutschen Frau der Welt nur von der besten deutschen Schauspielerin der Welt übernommen werden konnte. Die Verfilmung Ihrer leidenschaftlichen Affäre mit dem französischen Staatspräsidenten Monsieur Hollande alias Monsieur Dupont überzeugte vor allem durch die realistische Zeichnung Ihres Charakters und wegen der frappierenden äußerlichen Ähnlichkeit, nicht nur, aber auch im Unterwäschebereich. Da konnte das französische Double jedenfalls für keine zwei Croissants mithalten.

      Sollte es zu einer Fortsetzung kommen, Frau Ferres, äh pardon, Frau Merkel, würde ich an Ihrer Stelle darauf bestehen, dass Monsieur le Président François Hollande auf jeden Fall von Monsieur »Le Vin Rouge« Gérard Depardieu gespielt wird. Erstens wegen der frappierenden äußerlichen Ähnlichkeit und zweitens, weil Veronika Ferres einen Gegendarsteller braucht, der ihr schauspielerisch einigermaßen ebenbürtig ist. Sollte Monsieur Depardieu aus politischen Gründen derzeit nicht infrage kommen, immerhin ist er ein Kumpel Ihres russischen Widersachers Wladimir Putin, wäre selbstverständlich auch Til Schweiger eine Option, vor allem wegen seines typischen unverständlichen Akzentes. Andererseits wäre Schweiger auch die Idealbesetzung für die Rolle Ihres russischen Widersachers Puschkin, pardon, Putin, beziehungsweise Ihrer innerparteilichen Widersacherin Ursula von der Leyen. Schweiger hat ja wie von der Leyen Fronterfahrung. Allerdings müsste er für den deutschsprachigen Raum wegen seines unverständlichen Akzentes synchronisiert werden, vielleicht von Frau von der Leyen, oder von Ronald Pofalla. Und mit der Frisur müsste man natürlich auch was machen.

      Wünschenswert wäre im übrigen, Frau Merkel, wenn zukünftige Streifen der weltpolitischen Bedeutung der mächtigsten Frau der Welt angemessener wären. Frau Ferres muss ja nicht immer was mit dem französischen Präsidenten haben. Denken Sie doch mal transatlantisch. Wie wär’s mit Clint Eastwood als Barack Obama? Schon wegen der frappierenden äußerlichen Ähnlichkeit.

      Mit einem dreifach-kräftigen »make my day«

      [email protected]

       [email protected]

      Betr.: Uns

      Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident Gauck, und ich, wir zwei beiden also haben ganz viel gemeinsam: Zum Beispiel das CK in unseren Nachnamen. Sie am Ende, ich weiter vorne. Außerdem haben wir die gleiche Staatsangehörigkeit und dieses ganz große Verantwortungsgefühl fürs Großeundganze. Sie können das nicht wissen, weil Sie von mir ja nicht so viel mitbekommen wie umgekehrt ich von Ihnen. Deswegen schreib’ ich Ihnen ja. Ich bin schließlich ein Bürger dieses Landes und Sie, das haben Sie oft genug gesagt, Sie sind ja ein Bürgerpräsident. Es wird Sie also hoffentlich freuen, wenn ein Bürger seinem Präsidenten so ähnlich ist, dass man praktisch keinen Unterschied mehr erkennen kann.

      Genau wie Sie, mein Präsident, bin ich ein großer Anhänger der Freiheit. Ich sag’ das auch mindestens so oft wie Sie. »Die Freiheit«, sagte ich letztens noch in geselliger Runde, wir haben abends gegrillt und dann Fußball gekuckt, da sagte ich noch, »die Freiheit, Jungs, die ist ja durch nix anderes zu ersetzen. Also wenn wir die Freiheit nicht hätten, puh, da hätten wir aber bestimmt viel weniger Spaß.«

      Und genau so, Herr Bundespräsident, genau so ist es mit der Verantwortung. Die ist mir auch mindestens so wichtig wie Ihnen. Sie sagen ja immer: »Wir haben eine große Verantwortung, der wir uns stellen müssen!« Sie werden’s nicht glauben: Genau meine Worte! Dieser Tage noch sag’ ich zu meinem Nachbarn, wir kärchern immer zusammen die Garageneinfahrt, sag’ ich noch zu dem: »Eins will ich dir mal sagen: Wir haben eine große Verantwortung, und der müssen wir uns aber auch stellen, sonst hat’s ja gar keinen Zweck.«

      Solche Beispiele könnt’ ich Ihnen noch Dutzende nennen, Herr Gauck. Um nur mal zwei zu nennen: »Auslandseinsätze der Bundeswehr dürfen kein Tabu sein!« Als wär’s ein Text von mir. Sagte ich noch neulich zu meiner Frau: »Sobald Herr Gauck sich zu den Waffen meldet, tu ich’s auch. Da steh’ ich in der Verantwortung!«

      Und neulich, wurd’ ja überall drüber berichtet, neulich haben Sie gesagt: »Wir nehmen viel zu wenig Flüchtlinge bei uns auf!« Also Herr Gauck, ich hätt’s wirklich nicht besser ausdrücken können.

      Deswegen: Sollten Sie Platzprobleme im Schloss Bellevue bekommen, weil Sie da jetzt noch mehr Flüchtlinge als sowieso schon bei sich wohnen lassen, sagen Sie einfach Bescheid. Dann stelle ich Ihnen mein Arbeitszimmer zur Verfügung. Irgendwo müssen Sie ja auch die Freiheit haben, um Ihre Reden zu schreiben. Nicht, dass das eines Tages so ’n x-beliebiges Geschwafel wird.

      Immer für Sie da!

      [email protected]

       karsten-muehlenfeld@großflughafen-berlin.de

      Betr.: Kein Witz!

      Dieser E-Mail, sehr geehrter Herr Mühlenfeld, liegt ein Irrtum zugrunde. Ich hatte nämlich gedacht, dass ich in der Angelegenheit Großflughafen Berlin-Brandenburg nie jemals wieder irgendjemandem eine Mitteilung schreiben müsste, weil ich nicht gedacht habe, dass das Projekt Berliner Großflughafen überhaupt noch existiert.

      Deswegen hatten wir beide, sehr geehrter Herr Mühlenfeld, bis vor kurzem sogar eine Gemeinsamkeit. Wir wussten gar nicht, dass es uns gibt. Das hat sich aber jetzt einseitig geändert, denn nun weiß ich, wer Sie sind. Sie sind tatsächlich der Geschäftsführer einer gewissen »Flughafen GmbH Berlin-Brandenburg«. Und das ist, ich betone das in aller Form ausdrücklich in dieser auch einer größeren Öffentlichkeit zugänglichen E-Mail: Das ist kein Witz! Erstens ist die Information seriös recherchiert und zweitens werde ich den Teufel tun und mich dieser Angelegenheit noch ein einziges Mal in scherzhafter Absicht nähern. In meiner Branche wird das Witzeerzählen über Berliner Großflughafen­projekte bereits seit einigen Epochen mit Berliner-Großkomiker-Vergleichen nicht unter drei

      »pass­aufpassaufjetztkommts weesteweestewees­te« geahndet.


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