Süffiger Single Malt für MacDonald. Frank Winter

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Süffiger Single Malt für MacDonald - Frank Winter


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      »Erinnern Sie sich noch an den Verkäufer?«

      »Klar. Der hatte so ’nen komischen Bart und Koteletten wie Elvis.«

      »Ich fasse es nicht!«, sagte Angus so laut, dass einer der beiden Barkeeper zu ihm sah.

      »Wieso nich?«

      »Dass ihm das erlaubt wurde, meine ich.«

      »Quatschen Se von den Jungs da drüben? Sonntags haben sie ’ne Menge Drinks auszuschenken. Da bleibt keine Zeit, um sich groß umzusehen. Um noch mal auf Ihre Rohre zurückzukommen, Mister …«

      »Jetzt nicht, bitte«, sagte MacDonald und eilte aus dem Pub.

      »Was hat er denn?«, fragte der Klempner.

      »Ich weiß nicht«, erwiderte Vitiello und eilte seinem Freund hinterher.

      Angus stand vor der Tür. »Können wir endlich gehen?«

      »Du nimmst dein häusliches Problem auf die leichte Schulter!«

      »Geht es wieder um Karen?«

      »Was? Nein, obwohl wir darüber auch reden müssen. Ich erkläre es dir, Angus. In Schottland ist es einfacher, in der Lotterie zu gewinnen als einen Handwerker aufzutreiben. Du kannst dir nicht vorstellen, wie außergewöhnlich es war, den Mann zu treffen.«

      »In einem Baumarkt.«

      »Wo sonst? Im Blumenladen vielleicht? Ein Handwerker benötigt Ersatzteile!«

      »Ich finde den Mann verdächtig. Hast du seine Adresse überprüft?«

      »Si, was denkst du denn? Bereits im Supermarkt, mit meinem Telefonino.«

      »Das ist ein Mobiltelefon, ja?«

      »Sisi. Allora, was machen wir?«

      »Nach Hause fahren und schlafen. Morgen ist auch noch ein Tag.«

      »Aber Signor MacCracken?«

      »Er kann bis auf Weiteres bei mir arbeiten.«

      »Sehr großzügig von dir! Ich darf den Herrn beaufsichtigen?«

      »Wenn du so liebenswürdig wärst, ja.«

      »Mille grazie und arrivederci! Viel Spaß beim Detektiv spielen.« Alberto rannte davon. An das impulsive Verhalten seines italienischen Freundes hatte MacDonald sich gewöhnt. Doch das nun war sehr barsch gewesen. Er nahm sich ein Taxi und fuhr zum Braid Hills. Sollte er noch einen schönen Schlummertrunk zu sich nehmen? Lieber nicht! Wer konnte wissen, was für ein Gebräu ihn dieses Mal erwartete! Er winkte dem Nachtportier mit angewinkeltem Arm und ging die hölzerne, mit flauschigem Teppich belegte Treppe hoch. Etwa zehn Minuten später kam er leicht überhitzt in seinem Zimmer an und freute sich über die vielen blinkenden kleinen Lichter auf der Straße. Der nächste Ermittlungsschritt war klar. Nach dem Frühstück würde er die Stadt verlassen!

      »Campbeltown Loch, I wish you were whisky

      Campbeltown Loch, och-aye,

      Campbeltown Loch, I wish you were whiskyI would drink you dry.«

      Schottisches Lied

      Auchentoshan/Kilpatrick, Lowlands

      MacDonald stieg auf der Princess Street aus dem Bus und ging den Rest des Weges zu Fuß. Der Haymarket-Bahnhof wäre auch eine Option gewesen, aber heute war ihm nach dem emsigeren Getümmel in Edinburghs Hauptbahnhof, der Waverley Station mit dem schönen Glasdach. Im Verkaufsraum holte er seine Fahrkarten und entnahm der riesigen Anzeigetafel das Gleis. Es war noch Zeit, um »Guardian« und »Evening News« zu kaufen, an einer Kasse mit menschlichem Wesen! Den Trend, Kunden ihre Waren selbst einscannen und bezahlen zu lassen, würde er bekämpfen, wo immer er sich manifestierte! Vor allem bei Marks & Spencer nahm er überhand. Die Zeitungen unter dem Arm, die Aktenmappe in der Hand, ging er zum Gleis und setzte sich auf eine Bank. Mit einem Verfolger im Rücken? Nein, nur ein Bahnangestellter. Gut, dass er Alberto nicht mitgenommen hatte. Der würde ihn auslachen. Auch die Fahrt zur Auchentoshan-Destillerie hätte ihm zum Amüsement gereicht. »Angus, du willst dir nur einen hinter die Binde kippen!«

      »Hallo, schöne guten Tage«, sagte ein Mann chinesischen Aussehens, mit großen Ohren, bieder gekleidet, und setzte sich neben ihn, viel zu dicht für MacDonalds Empfinden. Der junge Mann aus dem Frühstücksraum!

      »Auch wohnen Sie im Braid Hills«, stellte er fest und lächelte charmant.

      »Ja, durchaus.«

      »Gefällt Ihnen?«

      »Hm.« MacDonald strich über die beiden Zeitungen auf seinem Schoß, ein deutlicher Hinweis, dass er sich ihnen widmen wollte.

      »Mir auch. Vor allem Frühstück.«

      »Sehr wohl.«

      »Wohin fahren?«

      »Bitte?« Dieser Konversation würde nichts Fruchtbares entspringen.

      »Heute meinen ich.«

      »Wenn Sie einverstanden sind, widme ich mich meiner Lektüre, junger Mann.«

      »Gut verstehen. Ich reisen Glasgow.«

      MacDonald nickte und versteckte sich hinter dem »Guardian«. Als er eine Viertelstunde später wieder aufblickte, war der Mann verschwunden. Sehr schön! Der Zug fuhr pünktlich in Glasgows Queen Street Station ein und er ging für den Anschlusszug zur Tiefebene. Das unterirdische Gleis hatte etwas Bedrückendes an sich. Die Züge dort hätten auch Kampffahrzeuge sein können, so schnell tauchten sie aus dem Dunkeln auf. Dreißig Minuten später erreichte er das einst von Iren gegründete Kilpatrick. Man konnte darüber spekulieren, ob die Dreifach-Destillation bei Auchentoshan ein Erbe der keltischen Brüder war, wo doch in vielen irischen Destillerien dreimal destilliert wurde. MacDonald hatte vergessen, ein Taxi vorzubestellen und marschierte, Karen wäre stolz auf ihn, immer an der Schnellstraße entlang. Kein Unwissender hätte direkt am Verkehr eine liebreizende Destillerie erwartet: weiß bepinselte Gebäude und Hallen, wohl proportioniert über das grüne Gelände verteilt. Zur Linken ein künstlich angelegter Teich. Waren das Kühe am Ende des Grundstückes? Aus einem Pförtnerhäuschen marschierte ihm ein älterer Herr mit aufrechtem Rücken und in zackigem Schritt entgegen. Ehemaliges Armeemitglied?

      »Good morning, Sir!«

      Bei seinem letzten Besuch hatte er sich keiner Eingangskontrolle unterziehen müssen. »Auch Ihnen einen guten Morgen, mein Herr. Ich komme zur Führung um zwölf Uhr.«

      »Folgen Sie bitte den Pfeilen auf dem Boden. Dann kann nichts schiefgehen.«

      »Gerne. Verzeihung, kann ich Sie etwas fragen?«

      »Dafür bin ich da.«

      »Seit wann hält sich die Destillerie Kühe?«

      »Schöne Tiere, nicht wahr? Sie gehören einem unserer Gärtner und haben schon bei landwirtschaftlichen Wettbewerben Preise gewonnen.«

      »Dürfen Sie auch in die Produktion schnuppern?«

      »Klar, Alice VII Heather Hills Glenlivet, Alice of Kilpatrick, Alice III of Kilpatrick und Fiona XXIV Craigowmill kommen als erste in den Genuss des Draff.«

      MacDonald fragte sich, ob der Mann die Namen erfunden hatte. Vermutlich nicht, denn dafür klangen sie zu exaltiert und auch wie auswendig gelernt. »Ich meinte tatsächlich die Produktion, nicht die Reste, die übrig bleiben.«

      »Würden Sie das erklären, Sir?«

      »Könnten die Kühe versehentlich in die Destillerie spazieren?«

      »Völlig ausgeschlossen«, antwortete der Mann mit harter Miene. »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt, Sir.« Der Portier griff hektisch zum Telefon, wie MacDonald beim Weggehen bemerkte. Er meldete sich für die Führung an, zahlte dem Guide die sieben Pfund Eintritt und sah sich im Shop um. Es gab die gängigen Single Malts, aber auch einige seltene Flaschen. Die teuerste war die 2007er-Abfüllung eines fünfzig Jahre


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