Die Tugend des Egoismus. Ayn Rand

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Die Tugend des Egoismus - Ayn Rand


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sei und dass Selbstopferung die höchste moralische Pflicht, die höchste moralische Tugend und der höchste moralische Wert sei. Die Unterschiede liegen nur in der Frage, wer wem geopfert werden soll. Altruismus hat den Tod als höchstes Ziel und Wertmaßstab – und es ist logisch, dass Verzicht, Resignation, Selbstverleugnung und jede andere Form des Leides (einschließlich Selbstzerstörung) die Tugenden sind, die er vertritt. Und dies sind logischerweise die einzigen Dinge, die die Altruisten je erreicht haben und erreichen können.

      Beachten Sie, dass diese drei ethischen Richtungen lebensfeindlich sind, nicht bloß inhaltlich, sondern auch in ihrem methodischen Ansatz.

      Die mystische Theorie der Ethik basiert ausdrücklich auf der Annahme, dass der Wertmaßstab der Ethik jenseits des Grabes liegt, mit den Gesetzen oder Erfordernissen einer anderen, übernatürlichen Dimension, dass Ethik für den Menschen unmöglich zu praktizieren ist, dass sie für das Leben des Menschen auf der Erde nicht geeignet und abträglich ist, dass der Mensch daran selbst schuld ist und während seines gesamten Lebens leiden muss, um für die Schuld zu büßen, dass er das Unmögliche nicht praktiziert. Das Monument für diese Theorie der Ethik ist das finstere Mittelalter.

      Die gesellschaftliche Theorie der Ethik ersetzt Gott durch „Gesellschaft“ – und obwohl sie behauptet, dass ihre Hauptsorge das Leben auf der Erde sei, ist es nicht das Leben des Menschen, nicht das Leben des Individuums, sondern das Leben einer körperlosen Entität, des Kollektivs, welches in Bezug auf jedes Individuum aus jedem außer ihm selbst besteht. Soweit es das Individuum betrifft, besteht seine ethische Pflicht darin, ein selbstloser, stimmloser, rechtloser Sklave für jedes Bedürfnis und jede Forderung zu sein, die von anderen gestellt wird. Das Motto „dog eat dog“ – das weder auf Kapitalismus, noch auf Hunde anwendbar ist – ist auf diese ethische Theorie sehr wohl anwendbar. Die Monumente für diese Theorie sind Nazi-Deutschland und Sowjetrussland.

      Die subjektivistische Theorie der Ethik ist genau genommen keine Theorie, sondern eine Negation der Ethik. Und weiter: Sie ist eine Negation der Realität, nicht nur eine Negation des menschlichen Lebens, sondern allen Lebens. Nur wer ein fließendes, plastisches, unbestimmtes, heraklitäres Universum vertritt, kann sich erlauben zu denken oder zu predigen, dass der Mensch keine objektiven Handlungsprinzipien braucht, dass die Realität ihm einen Blankoscheck auf seine Werte ausstellt, dass alles, was er für gut oder böse hält, erlaubt ist, dass seine Launen ein gültiger moralischer Maßstab sind, und dass die einzige Frage lautet, wie man damit durchkommt. Das Monument dieser Theorie ist der gegenwärtige Zustand unserer Kultur.

      Nicht die Unmoral ist für den Zusammenbruch verantwortlich, der jetzt die zivilisierte Welt zu zerstören droht, sondern die Art von Moral, die man dem Menschen beigebracht hat. Die Verantwortung dafür tragen die Philosophen des Altruismus. Sie haben keinen Grund, beim Anblick ihres Erfolges schockiert zu sein, und kein Recht, die menschliche Natur zu verdammen: Die Menschen haben ihnen gehorcht und ihre moralischen Ideale vollständig in die Realität umgesetzt.

      Die Philosophie bestimmt die Ziele des Menschen und seinen Weg; und nur die Philosophen können ihn jetzt noch retten. Heute steht die Welt vor einer Entscheidung: Wenn die Zivilisation überleben soll, so müssen die Menschen die altruistische Moral ablehnen.

      Ich werde schließen mit John Galts Worten, welche ich, so wie er, an alle Anhänger des Altruismus richte: „Ihr habt Furcht als Waffe gebraucht und dem Menschen den Tod als Strafe für die Ablehnung eurer Moral gebracht. Wir bieten ihm das Leben als Belohnung für die Annahme der unseren.“

      1 Ayn Rand: Der Streik, München 2012, S. 1090.

      2 Der Begriff „zielgerichtet“ ist in Bezug auf physische Phänomene und automatische Funktionen eines Organismus nicht als „zweckbestimmt“ aufzufassen (ein nur auf die Handlungen eines Bewusstseins anwendbarer Begriff) und soll nicht implizieren, dass in der gefühllosen Natur ein teleologisches Prinzip operiert. Ich benutze den Begriff „zielgerichtet“ in diesem Zusammenhang, um die Tatsache aufzuzeigen, dass die automatischen Funktionen eines lebenden Organismus Handlungen sind, deren Resultat die Aufrechterhaltung des eigenen Lebens ist.

      3 Anm. d. Übers.: Ein „Shmoo“ ist eine Comicfigur des Zeichners Al Capp, die er 1948 für seinen täglichen Zeitungscomic „L’il Abner“ erfunden hatte. Es handelt sich um kleine, kugelähnliche Wesen, die köstlich schmecken und so wild darauf sind, gegessen zu werden, dass sie bereitwillig in die nächstbeste Pfanne springen.

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