Currys für Connaisseure. Frank Winter

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Currys für Connaisseure - Frank Winter


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      Nach etwa zehn Metern blieb der Butler vor einem hohen, verhüllten Gegenstand stehen. »Ich muss Sie nun inspizieren, meine Herren.«

      »Was hat er gesagt?«, fragte Alberto.

      »Dass ich Sie inspizieren muss.«

      Der Italiener schüttelte den Kopf. »Angus, red du bitte mit ihm.«

      MacDonald, über das seltsame Begehren ebenso erstaunt, hob an: »Das wird nicht nötig sein. Mister Vitiello und ich sind friedliebende Menschen.«

      »Es tut mir sehr leid, doch Mister Panicker hat mir strikte Anweisung gegeben.«

      Alberto sah seinen Freund frustriert an.

      Der Butler zog das Tuch zurück. Eine Security-Tür mit Beistelltischchen! »Wir wollen keine Flugreise antreten«, informierte MacDonald ihn und starrte die Utensilien an.

      »Sie haben einen guten Sinn für Humor, Mister MacDonald. Wenn ich das sagen darf. Unsere Sicherheitsbestimmungen sind zugegebenermaßen dieselben. Schlüssel, Münzen und dergleichen Dinge legen wir bitte in das Kästchen auf dem Tisch. Dürfte ich auch um Ihre Aktenmappe bitten, Sir?« Er nahm an dem Tischchen Platz und sortierte ohne eine Gefühlsregung den Inhalt der Mappe: »Ein Notizbuch, Lederetui mit Füllfederhalter und Kugelschreiber sowie ein Päckchen Minzbonbons für frischen Atem.«

      MacDonald zog sein Portemonnaie aus dem Harris-Tweed-Jackett und reichte es ihm. Der wichtigste Gegenstand würde unbemerkt in den Weiten seiner Innentaschen verbleiben …

      Alberto sah ihm zu. Wenn er sich zum Gespött machen wollte, war das seine Sache! Als ob es nicht genügte, dass er die Fregatte bei sich wohnen ließ, um seine Chancen bei der jungen Frau zu steigern.

      Angus ging durch die Tür. Der Diener bat ihn, die Arme zu heben, was er bereitwillig tat. Nun war Alberto an der Reihe.

      »Wenn Sie so freundlich wären, Gentleman?«

      Vitiello knirschte mit den Zähnen und warf mehrere Ein-Pfund-Münzen mit Wucht in das Kästchen. Dann ging er ebenfalls durch die Tür.

      »Ich danke Ihnen, meine Herren. Es ist alles in Ordnung.«

      »Bleibt die Tür hier stehen?«, erkundigte der Italiener sich. Angus schob ihn weiter. Sie gingen um die Ecke, dann noch einmal, und nach MacDonalds Berechnung befanden sie sich jetzt auf der Rückseite des Hauses, dem Garten zugewandt. Über der Bürotür des Hausherrn hing ein sinnträchtiger Spruch: A puir man is fain o little.

      »Was heißt das?«, raunte Alberto, der kein Scots sprach, seinem Freund zu.

      »Ein armer Mann schätzt auch kleine Dinge«, antwortete Angus leise.

      »Porca miseria! Das sagt sich leicht, wenn man Multimillionär ist!«

      »Haud yer wheesht! Schweigen sollst du! Gute Manieren sind kein Luxus, sondern die Säulen jeder zivilisierten Gesellschaft.«

      Trainierte Nonchalance ließ den Diener diesen Zwischenfall ignorieren. Er zeigte mit gestrecktem Arm zur Tür. »Wenn die Herren so weit wären …?«

      MacDonald nickte großbürgerlich. »Unbedingt!«

      Das Faktotum öffnete die dicke Eichentür. »Sir, Mister MacDonald und sein Begleiter sind bereit.«

      Panicker blickte von einem Stapel Unterlagen auf, stand auf und kam ihnen mit gewaltigen Schritten entgegen.

      Meine Güte, Demonstration des gestressten Businessman!, dachte Vitiello.

      »Wie freue ich mich, Sie zu sehen, Misder MacDonald.« Er zeigte zwei Reihen unnatürlich perfekter Zähne. »Nichd jeden Dag hat man einen Verdreder der schreibenden Glasse im Hause. Einen Mann wie mich, der nur bescheiden Lebensmiddel verkaufd, ehrd das sehr.«

      Angus wusste sofort, warum sein Freund den Zeigefinger hob. Er wollte fragen, was Verdreder und Glasse bedeuteten. Also hauchte er ihm die Information zu: »Vertreter und Klasse.« In Kombination mit Panickers Oxford-Akzent wirkte diese indische Eigenart drollig. Nach dem Gespräch sollte er Alberto erklären, dass ein Inder es extrem übel nahm, wenn sein Gegenüber den Finger hob.

      »Sie sind …?«, fragte Panicker in Albertos Richtung.

      »Alberto Vitiello.« Er reichte ihm mit der linken Hand seine Visitenkarte.

      »Chi-chi!«, sagte Panicker chilischarf und hielt das Kärtchen zwischen Daumen und Zeigefinger von sich weg. »Dogdor Spiegel-Ei. Wie inderessand.« Er schnippte die Karte auf den Schreibtisch.

      Angus sah sich, auf der dringenden Suche nach Konversationsstoff, im Zimmer um. An der Wand hing ein riesiges, goldgerahmtes Foto: Der Thronfolger schüttelte Panicker die Hand. »Kennen Sie Prinz Charles?«

      »Er isd in der Dad ein guder Freund. Für meine bescheidene Undersdüdzung der bridischen Undernehmer mit indischem Hindergund had mir seine Mudder den Didel MBE verliehen. Eine viel zu große Ehre, würde ich sagen. Aber bidde, wie gönnde ich unserem Gönigshaus etwas abschlagen? Man weiß auch nie, was in den Sdernen stehd. Vielleichd werde ich eines Dages noch mehr geehrd. Harde Arbeid machd sich bezahld! Das sollden gerade junge Menschen sich hinder die Ohren schreiben!«

      Die beiden Detektive warteten auf weitere Ausführungen, vergeblich.

      »Was bedeuded das G. A. auf Ihrer Visidengarde, Misder Vidiello?«

      »Mein Freund ist zu bescheiden, darüber zu sprechen«, sagte MacDonald. »Stimmt es nicht, Alberto?«

      »No, senza problema, es steht für …«

      »Mister Vitiello ist ein Experte im gastronomischen Bereich, besitzt ein Hotel.«

      »So?«, antwortete Panicker, sichtlich interessiert. »Dann sind wir also beide Geschäfdsleude. Nadürlich, ohne sie zu beleidigen zu wollen, Misder MacDonald.«

      »Überhaupt nicht, mein Herr.«

      »Als Hodelier besidzen Sie besdimmd einige audhendische Rezebde, Signor Vidiello?«

      »Si, aber eher italienische …«, erwiderte Alberto zaghaft und sah zum Photo vom Thronfolger. »In meinem Garten wohnt auch ein Charles!«

      »Oh ja? Namensvedder des Prinzen?«

      »Nein, mein Fasan.«

      »Ich wussde nichd, dass man in einem schoddischen Hodel solche Deligadessen bekommd.«

      »Charles ist ein Haustier!«

      »Machd er viel Schmudz?«

      »Nennen wir ihn eben Gartentier, aber geschlachtet wird er nicht!«

      MacDonald schüttelte den Kopf. »Mister Panicker, wir möchten Sie nicht um Ihre kostbare Zeit bringen. Wäre es möglich, dass wir über den Anlass meines Besuches sprechen?«

      »Selbsdversdändlich. Sie schreiben ein Buch, ja?«

      »Die indische Küche«, stotterte MacDonald. Fast hätte er vergessen, was seine Tarnung war! »So ist es.«

      »Wir haben eine Vielzahl von Exberden, die Ihnen helfen gönnen. Werden Sie unsere Firma im Buch nennen?«

      Fragte Panicker plump oder sehr plump, und wer würde ihm nun Auskunft geben? Der Meister oder ein Angestellter? »Bei den Danksagungen. Natürlich, ist doch Ehrensache, Sir.«

      Panicker grinste. »Ehrlich währd am Längsden. So denge ich auch, und schlimmer, als eine schlechte Dad zu begehen, ist, sie zu leugnen.«

      »Also, äh …«

      »Gud, gud, was möchden Sie wissen?«

      »Sie kommen aus Mumbai?«

      »Wo ist das denn?«, fragte Alberto.

      »Im bridischen Embire als Bombay bezeichned, Misder Vidiello.«

      »Im Norden. Stimmt’s? Trotzdem haben Sie eine schöne Bräune.«

      Der Geschäftsmann hob die Hände in die Luft


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