Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane. Alfred Bekker

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Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane - Alfred Bekker


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zwei Wochen spurlos verschwunden”, erklärte Kriminaldirektor Hoch. „Die Ermittler gehören unterschiedlichen Dienstellen an. Ihre Dienststellen und Einsatzgebiete waren über ganz Deutschland verteilt. Darum ist den Kollegen wohl auch die Tragweite der ganzen Angelegenheit nicht schnell genug aufgefallen.”

      „Sie meinen, es gibt einen Zusammenhang zwischen diesen Fällen?”, schloss ich.

      Kriminaldirektor Hoch nickte. „Den gibt es. Vor zehn Jahren gehörten alle diese Kommissare derselben Spezialeinheit in Hannover an.”

      „Was war das für eine Spezialeinheit?”, fragte ich.

      „Eine Abteilung aus nur sieben Kollegen, die gegen ein kriminelles Netzwerk vorgehen sollten, dass als sogenannte Liga bekannt wurde. Drogen, Zwangsprostitution, Glücksspiel, Geldwäsche, Schutzgelderpressung, illegaler Handel mit antiken Kunstwerken, illegale Müllentsorgung - die haben kein Feld ausgelassen, auf dem das organisierte Verbrechen traditionellerweise Geld verdient.”

      „Trotzdem ungewöhnlich, eine Truppe von sieben Ermittlern gegen eine ganze Verbrecher-Organisation zu stellen”, warf Rudi ein. „Normalerweise braucht man da sämtliche Ressourcen des BKA und vielleicht sogar darüber hinaus.“

      „Sie haben recht, Rudi”, stimmte Kriminaldirektor Hoch zu. „In diesem Fall war das wohl mehr oder minder ein Akt der Verzweiflung.”

      Ich ahnte, worauf das hinauslief.

      „Maulwürfe?”, fragte ich.

      „Ich habe gerade nochmal mit dem Kollegen Sörgelmeier aus Hannover gesprochen, der damals gerade frisch in seine jetzige Chef-Position gesetzt worden war und auf dessen Initiative diese Maßnahme zurückging. Wie gesagt: Es war ein Akt der Verzweiflung, Harry. Die sogenannte Liga hatte es anscheinend geschafft, die Polizei von Hannover mit Informanten zu durchsetzen. Sie hatten, wie sich später herausstellte, auch ungehinderten Zugriff auf die Rechnersysteme. Wie weitgehend ihre Fähigkeit war, den dienstlichen Informationsfluss abzuschöpfen, konnte nie vollständig ermittelt werden. Aber Tatsache war, dass es damals anscheinend unmöglich gewesen ist, auch nur in irgendeinem Club eine Razzia durchzuführen, ohne dass die Liga davon wusste. Daraus haben diese Leute übrigens ebenfalls ein Geschäftsmodell entwickelt, in dem sie diese Informationen an zahlende Kunden weitergeben haben. Sie können sich vorstellen, was für Leute auf dieser Kundenliste waren.”

      „Die Sache lief aus dem Ruder”, schloss ich.

      „Der Kollege Sörgelmeier hat damals die Konsequenz gezogen, dass nur eine kleine, vollkommen unabhängig agierende Sondereinheit überhaupt eine Chance hatte, gegen die Liga zu ermitteln. Eine Gruppe von Ermittlern, die keine Berichte auf den üblichen Wegen ablieferte, die mit so wenig Unterstützung wie möglich auskommen musste und weitgehend auf sich gestellt gearbeitet hat.”

      „Hatten die Ermittlungen Erfolg?”, fragte ich.

      „Ein Jahr lang haben die Kollegen mehr oder minder auf sich gestellt ihren Job gemacht”, berichtete Kriminaldirektor Hoch weiter. „Außer Sörgelmeier und der BKA Zentrale hier in Berlin hat niemand überhaupt auch nur von der Existenz dieser Sondereinheit erfahren. Und dadurch konnten diese sieben Ermittler im Endeffekt mehr erreichen, als es ansonsten möglich gewesen wäre. Nachdem genug Beweis gesammelt worden waren, wurde die Liga in einer konzertierten Aktion zerschlagen und die Hintermänner bis auf einen verhaftet.”

      „Bis auf einen?”, hakte ich nach.

      „Dorian Rinescu, der als oberste Instanz der Liga galt, kam bei einer Explosion in seinem Haus ums Leben, kurz bevor er verhaftet werden sollte. Es wird angenommen, dass Rinescu damals Beweismaterial vernichten wollte und dabei etwas daneben ging. Jedenfalls hat man danach von der Organisation nichts mehr gehört. Ich habe Ihnen ein Dossier zusammengestellt, darin können Sie sehen, dass es im Zuge der anschließenden Prozesse zahlreiche Verurteilungen gab. Und es wurden im Zuge dieser Untersuchungen auch etliche BKA-Mitarbeiter, Polizisten und sogar Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft angeklagt, verurteilt und vor allem aus ihren Positionen entfernt, die auf der Lohnliste der Liga standen und mit dafür gesorgt haben, dass dieses kriminelle Netzwerk für einige Zeit nahezu unangreifbar war.”

      „Ein Erfolg auf ganzer Linie”, lautete Rudis Kommentar.

      „So könnte man sagen”, nickte Kriminaldirektor Hoch. „Die Mitglieder der Sondereinheit verstreuten sich anschließend auf unterschiedliche Dienstellen. Vermutlich hing das mit den Beförderungen zusammen, die daraufhin ausgesprochen wurden. Schließlich hatten sie diesen höchst gefährlichen Einsatz auf die bestmögliche Weise zu einem zufriedenstellenden Ende geführt.”

      „Und woher kommt die Gewissheit, dass das Verschwinden dieser vier Ermittler tatsächlich mit der alten Geschichte in Hannover zusammenhängt?”, fragte ich.

      „Da gibt es keine Gewissheit”, erklärte Kriminaldirektor Hoch. „Es ist einfach nur so, dass es außer dem zeitlichen Zusammenhang ihres Verschwindens und der Tatsache, dass sie zusammen in dieser Spezialabteilung in Hannover gewesen sind, bislang kein verbindendes Element gibt. Wir haben auch keinerlei Hinweise darauf, was mit den Verschwundenen geschehen ist. Sie könnten entführt worden sein, es ist möglich, dass sie ermordet wurden und es wäre als letzte Hypothese sogar denkbar, dass sie sich aus eigenem Antrieb abgesetzt haben. Das kann sich zwar niemand aus dem näheren Umfeld der Betreffenden vorstellen - aber außer Acht lassen kann man die Möglichkeit auch nicht.”

      „Gibt es irgendeinen konkreten Ansatzpunkt, um die Ermittlungen zu beginnen?”, wollte Rudi wissen.

      Kriminaldirektor Hoch hob die Augenbrauen. „Es gibt nur ein ehemaliges Mitglied dieser Abteilung, mit dem Sie sprechen können: Ein gewisser Reinhold Kahlmann, der heute im Innendienst des BKA BKA-Büro Reichenberg tätig ist.”

      „Meiner Rechnung nach fehlen da noch zwei, wenn man auf sieben kommen will”, stellte ich fest. „Was ist mit denen passiert?”

      „Kommissar Theo Görremann starb vor zwei Wochen bei einem Unfall mit Fahrerflucht. Dieser Unfall ereignete sich in Hannover, und zwar in unmittelbarer Nähe der Nobel-Disco ‘Magic’, die als Drogenumschlagplatz in den Ermittlungen gegen die Liga eine gewisse Rolle gespielt hat.”

      „War Theo Görremann dienstlich dort?”, hakte ich nach.

      „Laut Auskunft der Kollegen in Hannover war er privat dort. Dienstlich hatte er dort nichts verloren. Niemand weiß, was er in Hannover wollte, aber zusammen mit der Tatsache, dass vier seiner ehemaligen Kollegen verschwunden sind, deutet das natürlich in eine gewisse Richtung.”

      „Was ist mit dem siebten Mitglied?”

      „Kommissar Gregor Bellhoff. Er schied vor einiger Zeit wegen körperlicher Beschwerden aus dem Dienst. Es wurde eine Tumorerkrankung festgestellt. Wenig später war er tot.”

      6


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