Bauphysik-Kalender 2021. Группа авторов
Читать онлайн книгу.Kunststoffe tragen wesentlich zur Ressourcenschonung bei. Polymere Wärmedämmstoffe verhindern hohe Energieverluste. Sie ermöglichen die Nutzung alternativer Energiequellen wie Solarenergie. Haltbarkeit, Langlebigkeit und Wartungsfreiheit charakterisieren Kunststoffanwendungen im Bau.
Trotz der unbestreitbaren Vorteile werden gegen Kunststoffe, die ebenso wie z. B. Holz organische Werkstoffe und somit brennbar sind, immer wieder Befürchtungen und Bedenken von Bauplanern und Nutzern vorgebracht wie:
– Kunststoffe begünstigen Brandentstehung und Brandausbreitung, da sie brennbar sind.
– Wenn bei einem Brand Kunststoffe involviert sind, wird die Sicht durch dichten Rauch behindert und die Flucht erschwert.
– Kunststoffe stellen wegen der Bildung ätzender und toxischer Brandgase eine besondere Gefahr im Falle eines Brandes dar.
Der Einsatz von Polymerwerkstoffen muss jedoch durchaus keinen Widerspruch zur Sicherheit im Falle eines Brandes darstellen. Viele Kunststoffprodukte in Gebäuden und im Bausektor werden gerade aufgrund ihrer Brandsicherheitseigenschaften geschätzt. Rauchmelder werden oft aus Kunststoff hergestellt. Aufschäumende Kunststoffprodukte ermöglichen im Brandfall beispielsweise:
– die Abdichtung von Türspalten gegenüber Sauerstoff,
– die Abschottung gegen Wärmeentwicklung bei Feuer,
– die Abdichtung gegen Rauchentwicklung,
– den thermischen Isolationseffekt.
Um Risiken für Personen zu verhindern und Sachschäden zu minimieren, ist es unumgänglich, die Eigenschaften der verwendeten Bauprodukte ebenso wie die der eingesetzten Werkstoffverbunde zu betrachten. Die verschiedenen Kunststoffe unterscheiden sich als Materialien hinsichtlich ihres Brandverhaltens. Produkte wie z. B. PVC oder Phenolharzschaum zeigen inhärent ein günstiges Brandverhalten, d. h. sie sind schwer zu entzünden und leisten nur einen geringen Beitrag zur Brandausbreitung. Viele andere Kunststoffe erreichen diese Eigenschaften durch den Einsatz von Flammschutzmitteln oder durch geeignete Beschichtungen. Schmelzen und ggf. brennendes Abtropfen treten nur bei thermoplastischen Kunststoffen auf und die Rauchentwicklung im Falle eines Brandes unterscheidet sich bei den einzelnen Produkten erheblich.
Diese Materialeigenschaften sind jedoch nur ein Baustein für die Konzeption von brandsicheren Bauwerken. Verbundprodukte, wie z. B. Stahlsandwichelemente mit Polyurethan-Dämmstoffkern, können ein anderes und oft gegenüber dem Verhalten der einzelnen verwendeten Materialien stark verbessertes Brandverhalten aufweisen. Es muss auch berücksichtigt werden, wie, wo und in welcher Menge Produkte eingebaut werden und welche Anforderungen bei der vorgesehenen Anwendung hinsichtlich der Brandsicherheit gestellt werden müssen. Die Art der Anwendung und die jeweiligen Schutzziele für ein Bauwerk sind ausschlaggebend für die Bewertung der einzelnen Produkte hinsichtlich ihrer Brandsicherheit bzw. ihres Beitrages zum Brandschutz.
Für die Brandsicherheit eines Gebäudes ist das Brandschutzkonzept insgesamt entscheidend. Rauchmelder können erheblich dazu beigetragen, dass Brände bereits in der Entstehungsphase entdeckt und gelöscht werden können. Besonders bei größeren Gebäuden sind sichere Fluchtwege, Brandmelde- und Brandbekämpfungsanlagen, Entrauchungsanlagen und Evakuierungspläne die Grundlage für ein wirkungsvolles Brandschutzkonzept.
2 Brandphasen und Kriterien, um die Sicherheit im Brandfall zu gewährleisten
Um brandsicher bauen zu können, muss man zunächst analysieren, welche Phasen ein Brand hat (Bild 1) und welche Faktoren in den verschiedenen Phasen ausschlaggebend dafür sind, wie dieser Brand sich weiter ausbreitet und welche Folgen er hat.
2.1 Brandbeginn
Erstes Schutzziel muss es immer sein, die Entstehung eines Brandes zu verhindern. Immer wieder wird es vorkommen, dass kleine Zündquellen, wie z. B. ein Streichholz, eine Zigarette, eine Kerze oder ein elektrischer Kurzschluss, einen Brand auslösen. Das ist nur dann möglich, wenn die Materialien in der Nähe einer solchen Zündquelle „leicht brennbar“ sind, d. h. durch diese Zündquelle entzündet werden können und dann durch Weiterbrennen weitere Gegenstände entzünden. Das Risiko einer Brandentstehung wird reduziert durch die Verwendung schwer entzündlicher Bauprodukte in Bereichen, in denen diese mit Zündquellen in Kontakt kommen können und von Einrichtungsgegenständen, die nicht leicht entzündlich sind. Ein wichtiger Beitrag zur Sicherheit, gerade in dieser Phase eines entstehenden Brandes, ist die Installation von Warn- und/oder Löschsystemen. Durch diese werden die rechtzeitige Evakuierung von Menschen und die Begrenzung des Sachschadens möglich.
Bild 1. Schema eines typischen Brandverlaufs
2.2 Entstehungsbrand
Von einem Entstehungsbrand spricht man dann, wenn innerhalb eines Gebäudes bereits ein Brand mit größerer Flammenentwicklung und Wärmefreisetzung entstanden ist. Innerhalb eines Raumes wäre das z. B. ein brennendes Möbelstück oder ein Papierkorb. In einem solchen Fall muss erreicht werden, dass der Brand auf den Raum oder Bereich beschränkt bleibt, in dem er begonnen hat (in diesem Bereich ist dann ohnehin nach kurzer Zeit kein Überleben mehr möglich). Von Bedeutung ist auch, dass sich der entstehende Rauch und die gefährlichen Brandgase nicht in andere Bereiche desselben oder anderer Gebäude ausbreiten und insbesondere die Fluchtwege rauchfrei bleiben, sodass Menschen nicht gefährdet werden.
Bei einem Wohngebäude müssen in dieser Brandphase folgende Szenarien betrachtet werden:
Brand innerhalb eines Raumes
Das Schutzziel ist zunächst, dass ein Flashover (Durchzünden der sich unter der Decke des Raumes ansammelnden heißen Brandgase) nicht oder möglichst spät eintreten sollte, da beim Flashovereineextreme Wärme-entwicklung einsetzt und ein Übergreifen des Brandes auf andere Räume zu erwarten ist. Neben der Wärme-und Flammenentwicklung innerhalb des Raumes ist es für die Ausbreitung des Brandes von Bedeutung, ob Türen und Fenster geschlossen sind, bzw. wie schnell diese durch den Brand zerstört werden, da dann Öffnungen entstehen, durch die zum einen dem Brand Sauerstoff zugeführt wird und zum anderen eine weitere Ausbreitung des Brandes und des Rauchs möglich wird.
Brand einer Fassade
Beim Brand einer Fassade (z. B. durch einen brennenden Abfallcontainer unterhalb der Fassade oder Flammen, die im Falle eines Raumbrandes aus dem Fenster schlagen) darf die Fassade nicht dazu beitragen, dass sich der Brand über die Fassade nach oben oder auch zur Seite ausbreitet. Ferner darf durch Herabfallen von Teilen oder brennendes Abtropfen keine Gefährdung für Flüchtende und Rettungskräfte entstehen.
Brand auf einer Dachfläche
Ausgelöst durch Flugfeuer (z. B. aus Kaminen oder beim Brand eines benachbarten Gebäudes) kann sich ein Brandherd außen auf dem Dach bilden. In diesem Fall muss das Schutzziel sein, zu verhindern, dass das Dach durchbrennt, und dann das Innere des Gebäudes in Brand gesetzt werden kann. Es muss auch sichergestellt werden, dass durch die Brandausbreitung auf dem Dach keine weiteren Gebäudeteile oder angrenzende Gebäude in Brand gesetzt werden. Wird der Brand eines Daches ausgelöst durch das Durchbrennen des Daches bei einem Brand von innen, muss ebenfalls die Brandausbreitung auf dem Dach begrenzt sein.
2.3 Vollentwickelter Brand
Von einem vollentwickelten Brand spricht man, wenn sich das Feuer auf einen kompletten Raum bzw. auf große Teile des Gebäudes oder auf das ganze Gebäude ausgebreitet hat. In dieser Phase muss verhindert werden, dass fliehende Personen und Löschmannschaften durch einstürzende Gebäudeteile gefährdet werden. Die weitere Ausbreitung des Brandes auf andere Gebäudeteile bzw. Gebäude muss durch