Meditation. Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter
Читать онлайн книгу.target="_blank" rel="nofollow" href="#udccf9eeb-5021-5782-bf16-4b35ecd4680e">CoverInhaltsverzeichnisStart
Die Mutter – Sri Aurobindo
Weisheit ist die Schau der Wahrheit sowohl in ihrer Essenz als auch in ihrer Anwendung in der Manifestation. — Die Mutter
Weisheit schaut hinter den Schleier und sieht. Die Vernunft teilt, legt Einzelheiten fest und stellt sie einander gegenüber; Weisheit eint, vermählt Gegensätzlichkeiten in einer einzigen Harmonie. — Sri Aurobindo
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Kapitel 1
Was ist Meditation?
Worte Sri Aurobindos
Das indische Konzept dhyana lässt sich entweder als Meditation oder Kontemplation übersetzen. Meditation bedeutet im engeren Sinne Konzentration auf einen einzelnen Gedankengang, der sich mit der Erarbeitung eines bestimmten Themas befasst. Bei der Kontemplation hingegen betrachtet man vor seinem geistigen Auge einen einzelnen Gegenstand, ein Bild oder eine Idee, so dass das Wissen über jenen Gegenstand, jenes Bild oder jene Idee durch die Kraft der Konzentration ganz natürlich im Mental entsteht. Beides sind Formen des dhyana, denn dhyana beruht auf dem Prinzip der mentalen Konzentration, sei es in Form von Gedanken, Bildern oder Wissen.
Es gibt noch andere Formen des dhyana. Vivekananda zum Beispiel erteilte einmal den Ratschlag, man möge von seinen Gedanken einen Schritt zurücktreten, deren Entstehung zulassen und sie einfach nur beobachten, um zu sehen, was es für Gedanken sind. Dies könne man „Konzentration in Selbstbeobachtung“ nennen.
Das führt uns zu einer weiteren Form des dhyana, in der man das Mental gänzlich von allen Gedanken befreit und es so gleichsam zu einem unberührten, wachsamen und unbeschriebenen Papier macht, auf dem das göttliche Wissen nach Belieben und mit der Klarheit des mit weißer Kreide auf einer Tafel Geschriebenen seine Spuren hinterlassen kann, ungestört von den niederen Gedanken des gewöhnlichen menschlichen Mentals. Die Gita beschreibt diese Zurückweisung aller mentalen Gedanken übrigens als eine der Methoden des Yoga, offenbar sogar als die bevorzugte. Man kann dies das dhyana der Befreiung nennen, denn es befreit das Mental von der Sklaverei der mechanischen Denkprozesse und ermöglicht es ihm zu denken oder auch nicht zu denken, ganz nach Lust und Laune und wann immer ihm danach ist. Das Mental kann sich seine Gedanken dabei auch selbst auswählen und sogar über die Gedanken in die reine Wahrnehmung jener Wahrheit hinausgehen, die wir in unserer Philosophie vijnana nennen.
Für das menschliche Mental ist die Meditation der einfachste Prozess, doch auch der mit den eingeschränktesten Ergebnissen. Kontemplation ist schwieriger, aber umfassender. Selbstbeobachtung und Befreiung von den Fesseln des Denkens ist von all diesen Prozessen der schwerste, doch auch der umfassendste und fruchtbarste. Je nach persönlicher Neigung und Gabe kann man für sich jeden dieser Prozesse wählen. Am besten ist es jedoch, sie alle zu verwenden, jeden an seinem Ort und für ein bestimmtes Ziel. Dies setzt allerdings voraus, dass man sich dem Yoga mit festem Glauben, großer Geduld und hoher Willens-Kraft hingibt.
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Kapitel 2
Womit sollte man sich in der Meditation befassen?
Worte Sri Aurobindos
Was immer mit deinem Naturell und deiner höchsten Aspiration am meisten im Einklang ist. Wenn du mich jedoch um eine konkrete Antwort bittest, lautet sie, dass man sich in der Meditation bzw. Kontemplation am besten mit dem Brahman befasst und sich auf die Vorstellung konzentriert, dass Gott in Allem, Alles in Gott und Alles Gott ist. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um den Unpersönlichen oder Persönlichen Gott handelt oder, subjektiv betrachtet, um das Eine Selbst. Meiner Erfahrung nach ist diese Idee am besten geeignet, da es sich dabei um die höchste Wahrheit handelt, die alle anderen Wahrheiten einschließt, seien es die Wahrheiten dieser Welt oder anderer Welten oder die Wahrheiten jenseits der phänomenalen Existenz – „All dies ist Brahman.“
Eine Erläuterung des Konzepts „Alles“ findet sich in der dritten Ausgabe des Arya1 am Ende des zweiten Teils der Analyse der Isha-Upanishad, die dir helfen kann, ein besseres Verständnis der genannten Vorstellung zu entwickeln.
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1 Arya war ein von Sri Aurobindo in der Zeit von 1914-1920 monatlich herausgegebenes Magazin. Die hier erwähnten Erläuterungen können im Sri Aurobindo Birth Centenary Library, Vol. 12, S. 78-86 gefunden werden.
Kapitel 3
Die wichtigsten Bedingungen für die Meditation
Worte Sri Aurobindos
Grundsätzlich gibt es keine unabdingbaren äußeren Voraussetzungen für die Meditation, aber Alleinsein, Zurückgezogenheit und eine ruhige Körperhaltung sind hilfreich – für den Anfänger sogar fast ein Muss. Man sollte sich jedoch nicht an äußere Bedingungen gebunden fühlen. Ist die Meditation nämlich erst einmal zur Gewohnheit geworden, sollte sie unabhängig von den äußeren Umständen möglich sein, zum Beispiel im Liegen, im Sitzen, beim Laufen, alleine, in Gesellschaft, in der Stille oder im allergrößten Lärm.
Zu den inneren Voraussetzungen zählt als erstes der konzentrierte Wille, die der Meditation entgegenstehenden Hindernisse zu überwinden, das heißt abschweifende Gedanken, Vergesslichkeit, Schlaf, Nervosität, Unruhe und so weiter.
Die zweite Voraussetzung ist eine zunehmende Reinheit und Ruhe des inneren Bewusstseins (citta), in dem die Gedanken und Emotionen entstehen, das heißt man befreit sich von allen störenden Reaktionen wie Wut, Trauer, Depression, Angst vor irdischen Ereignissen und so weiter. Mentale Vollkommenheit und Moral sind stets eng miteinander verbunden.
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Worte Sri Aurobindos
Für konzentriertes Meditieren ist bewegungsloses Sitzen die natürliche Haltung. Gehen, Stehen und andere Tätigkeiten hingegen sind aktive Zustände, in denen man erst dann konzentrations- und aufnahmefähig ist, wenn das Bewusstsein einen Zustand der nachhaltigen Ruhe und Passivität erreicht hat. Am zuträglichsten für die Konzentration ist ein passives, in sich ruhendes Bewusstsein. Um diesen Zustand zu erreichen, nimmt man am besten eine bewegungslose, in sich ruhende Sitzhaltung ein. Alternativ kann man sich auch hinlegen, aber das ist zu passiv, und man neigt dann eher zu Trägheit, als dass man in sich ruht. Aus diesem Grund nehmen Yogis für ein Asana stets eine Sitzhaltung ein. Mit etwas Übung kann man auch im Laufen, Stehen oder Liegen meditieren, aber Sitzen ist die natürlichste Haltung.
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Kapitel 4
Zwei übliche Hindernisse in der Meditation
Worte Sri Aurobindos
Das Mental ist immer aktiv, doch erkennen wir nicht ganz, was es tut, sondern lassen uns in einem Strom fortwährenden Denkens forttragen. Sobald wir versuchen, uns zu konzentrieren, wird uns dieser Strom eigenständigen mechanischen Denkens deutlich. Es ist das erste übliche Hindernis (das andere ist der Schlaf während der Meditation) gegen die Bemühung im Yoga.
Das Beste ist, wenn du erkennst, dass dieser Gedankenstrom nicht du selbst