Plattentektonik. Wolfgang Frisch

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Plattentektonik - Wolfgang Frisch


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sich im Indischen Ozean zwischen Afrikanischer, Indisch-Aus tralischer und Antarktischer Platte (Abb. 2.8). Die Plattendrift folgt nicht dem vorgestellten symmetrischen Beispiel eines RRR-Tripelpunkts, doch sind die geometrischen Bedingungen erfüllt, wie das Vektordiagramm zeigt.

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      Es gibt eine Reihe weiterer möglicher Situationen an Tripelpunkten, auch solche, an denen sich drei Subduktionszonen treffen, wie dies z. B. im westlichen Pazifik zwischen Eurasischer, Pazifischer und Philippinischer Platte verwirklicht ist (Abb. 1.2). Eine Anzahl von Konstellationen ist aber geometrisch nicht möglich (z. B. fast immer, wenn mehrere Transformstörungen am Tripelpunkt zusammenlaufen) oder macht einen Prozess der Wandlung durch, bis ein stabiler, über längere Zeit gleich bleibender Zustand erreicht ist.

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       Zwei RTF-Tripelpunkte vor Nordamerika

      Kompliziertere Verhältnisse herrschen an einem RTF-Tripelpunkt, an dem sich eine konstruktive (R für Rücken), eine destruktive (T für Tiefseerinne als Ausdruck einer Subduktionszone) und eine konservative Plattengrenze (F für TransFormstörung) treffen. In Abbildung 2.9a ist ein von McKenzie & Parker [1967] vorgeschlagener theoretischer Fall dargestellt. Platte A wird mit der Geschwindigkeit v unter Platte B in Richtung Süden subduziert (die Zähnchen entlang des subduzierenden Plattenrandes befinden sich immer auf der Oberplatte). Platte C bewegt sich von B mit 2 · v/2 = v in Richtung Westen weg. Es resultiert eine rechtsseitenverschiebende Bewegung mit der Geschwindigkeit v · image – entlang der Transformstörung (rechts seitenverschiebend heißt: Wenn ein Beobachter auf einer der beiden Platten steht und in Richtung der anderen blickt, dann bewegt sich diese nach rechts).

      Die in Abbildung 2.9a dargestellte Geometriebeziehung ist jedoch nicht stabil und daher nur eine Momentaufnahme. Neue ozeanische Kruste, die an der Spreizungsachse zwischen Platte B und C im Tripelpunkt gebildet wird (Punkt P), muss, sofern sie Platte C zugehört, parallel zur Transformstörung nach NW wandern (P’), da sonst hier eine Lücke entstehen würde. Damit sich aber die andere Hälfte von P (P″) von dem sich nach NW bewegenden Punkt P’ aus gesehen senkrecht zur gemeinsamen Spreizungsachse Richtung Osten entfernt, muss P″ um den gleichen Betrag nach NO wandern. Da Platte B nicht subduziert wird, bleibt P″ an der Oberfläche und bestimmt damit den Verlauf des Plattenrands an der Subduktionszone. Die Plattengrenze nimmt somit eine SW-NO-Orientierung ein. Der Tripelpunkt kann auf diese Weise über längere Zeiträume stabil bleiben. Die Subduktion verläuft 45° schräg zur Plattengrenze A/B (Abb. 2.9b).

      Eine andere Plattengeometrie entsteht, wenn Platte B unter Platte A subduziert wird (Abb. 2.9c). P″ wird unmittelbar nach seiner Bildung unter Platte A subduziert. Da sich Platte A gegenüber dem Tripelpunkt nach SO verschiebt, richtet sich die Plattengrenze A/B nach SO aus, wodurch die Plattengrenzen A/C und A/B einen gestreckten Verlauf (NWSO) annehmen. Auch hier erfolgt die Subduktion nicht senkrecht zur Plattengrenze. Diese Situation ist vor der nordamerikanischen Westküste gleich zweimal verwirklicht (Abb. 2.10). Im Golf von Kalifornien treffen der Ostpazifische Rücken (R), die Mittelamerikanische Subduktionszone (T) und ein Äquivalent der San-Andreas-Störung (F) in einem im Detail komplizierten Tripelpunktbereich zusammen. Weiter im Norden, vor der kanadischen Pazifikküste, wiederholt sich diese Situation unter Beteiligung der Nordamerikanischen, der Pazifischen und der fast vollständig subduzierten Juan-de-Fuca-Platte.

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      Die Rotationspole dreier sich in einem Tripelpunkt treffender Plattenpaare stehen ebenfalls in geometrischer Beziehung zueinander. Sind die Lagen und Winkelgeschwindigkeiten zweier Rotationsachsen bekannt, kann man Lage und Winkelgeschwindigkeit der dritten Achse mit Hilfe einer Vektorgleichung berechnen. Die Winkelgeschwindigkeiten ω der drei Plattenpaare stehen in folgender Beziehung:

      AωB + BωC + CωA = 0.

      Die Rotationspole für alle drei Plattenpaare liegen auf einem gemeinsamen Großkreis (Abb. 2.11).

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      Die wichtigsten Methoden, relative Plattengeschwindigkeiten in der geologischen Vergangenheit zu berechnen und auf den Jetztzustand zu extrapolieren, benutzen die magnetischen Streifenmuster zu beiden Seiten der Mittelozeanischen Rücken bzw. die Vulkanketten, die über Heißen Flecken auf der darüber hinweggleitenden Platte gebildet wurden (Kap. 1). An den Streifenmustern kann abgelesen werden, wie breit der Streifen ozeanischer Kruste ist, der in einem bestimmten Zeitabschnitt gebildet wurde (Abb. 2.12). Daraus kann für diesen Zeitabschnitt die durchschnittliche Ausbreitungsrate des Ozeanbodens errechnet werden. Voraussetzung ist, dass man die Alter der magnetischen Streifen bzw. ihre Zeitdauer kennt (Abb. 1.6). Diese Alterswerte erhält man einerseits durch Vergleich der magnetischen Streifen mit der datierten magnetischen Zeitskala, andererseits durch die Bestimmung der Fossilreste von Mikro-Organismen in den unmittelbar dem Ozeanboden aufliegenden Sedimenten. Gleich alte Streifen werden in Richtung zum gemeinsamen Rotationspol der beiden Platten, die am Mittelozeanischen Rücken aneinander grenzen, schmäler (Abb. 2.12). Dies reflektiert die oben dargelegte Beziehung zwischen der Geschwindigkeit der Plattenbewegung und dem Abstand zum gemeinsamen Rotationspol zweier Platten.

      Das Alter der über Heißen Flecken gebildeten Vulkane kann mit verschiedenen Datierungsmethoden bestimmt werden. Aus der Altersdifferenz und dem Abstand zwischen einem bestimmten Vulkan und dem heute aktiven Heißen Fleck oder zwischen zwei verschiedenen Vulkanen in der Kette kann die durchschnittliche Driftgeschwindigkeit der Platte für das entsprechende Zeitintervall errechnet werden. So liegt zum Beispiel der auffallende Knick


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