Reilly und Sunfrost: Chronik der Sternenkrieger 8 Romane. Alfred Bekker

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Reilly und Sunfrost: Chronik der Sternenkrieger 8 Romane - Alfred Bekker


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Arroganz bezahlen müssen.

      Mit ihrem Fleisch, dass von den Vielbeinern verdaut worden war und später als Ausscheidung den Boden des verborgenen Meeres düngen würde. So war in allem was schlecht war letztlich auch etwas Gutes – genau so, wie es die Überlieferung der Ahnen und die Lehre der SEELE ALLER propagierte.

      „Es ist kein Frevel“, sagte Magoon ruhig. „Außerdem bin ich der Kapitän – und wie du weißt bin ich nicht nur Kapitän der STURMTROTZER, sondern auch Großkapitän des Verbundes.“

      Diese Ehre war Magoon erst vor kurzem zuteil geworden. Von den Kapitänen der anderen Eissegler seines Verbundes, zu dem etwa fünfundzwanzig Segler unterschiedlichster Größe gehörten, war er zum Großkapitän gewählt worden, nach dem die SEELE ALLER seinen Vorgänger in diesem Amt in der ersten Nacht des Sturmes zu sich gerufen hatte.

      Die Wahl hatte keinen Aufschub geduldet und war sofort durchgeführt worden.

      Dass ein Verbund ohne Großkapitän dastand war undenkbar, denn im Augenblick der Gefahr war es stets notwendig, dass schnell und koordiniert gehandelt wurde. Die Natur von Arakor verlangte einem Volk das hier schon solange überlebt und sich auf nahezu perfekte Weise der unwirtlichen Gegebenheiten angepasst hatte, in dieser Hinsicht viel ab.

      Magoon war stolz auf das Vertrauen, dass ihm die anderen Kapitäne entgegengebracht hatten. Ihm, der doch einer der jüngsten unter ihnen war. Aber nur durch die Wahl eines Jungen bestand die Aussicht, dass der neue Großkapitän im Laufe der arakorischen Sonnenumläufe genug Erfahrung sammelte, um sich die Folge der beinahe schon mythischen Großkapitäne einreihen zu können, die die Geschichte seines Verbundes über Generationen hinweg geprägt hatten.

      „Als du diese Gegenstände an dich nahmst, warst du nur Kapitän des STURMTROTZERS!“, gab seine Gefährtin Katreen zu bedenken, die ihm eine Reihe von Kindern geboren hatte, von denen zwei Söhne bereits das Erwachsenenalter erreicht hatten. „Erst danach hat man dich in dieses Amt berufen!“

      „Ich habe diese Gegenstände als Kapitän des STURMTROTZERS für mich beansprucht und niemand hat meinem Anspruch widersprochen!“

      „Weil es dem alten Großkapitän zu dieser Zeit bereits sehr schlecht ging!“, rief ihm Katreen unnachgiebig in Erinnerung. Ihren Widerstand gegen die pure Existenz dieser technischen Gegenstände innerhalb der Hütten des STURMTROTZERS hatte Magoon von Anfang an gespürt.

      Aber er hatte sich dieses Mal entschlossen darüber hinweg gesetzt.

      Die Neugier war einfach stärker.

      Und im Übrigen war einfach nicht wahr, dass die Überlieferung den Besitz von Maschinen als Frevel ansah. Sie wies lediglich auf die Gefahren hin – genauso wie sie auch nicht grundsätzlich den Gebrauch von Zeichen untersagte, aber sehr eindringlich darauf verwies, wie sicher die Archivierung von Wissen in einem Zeichensystem sein konnte. Das hatte die Geschichte der J’arakor schließlich eindrucksvoll gezeigt.

      Schließlich war die alte Zeit von der manche der Überlieferungen noch berichteten, damit zu Ende gegangen, das plötzlich keinerlei technische Gerätschaften mehr funktioniert und die so genannten Datenspeicher nicht mehr verfügbar gewesen waren. Das einzige Speichermedium für die Ewigkeit ist die Erinnerung der SEELE ALLER, so hieß ein Axiom aus der Überlieferung. Jedes Individuum der Gemeinschaft musste die Überlieferung verinnerlichen, sie förmlich in sich tragen und ihr mit seinem Bewusstsein eine zumindest zeitweilige Herberge geben, ehe er sie an die nächste Generation weitergegeben hatte. So lange es das Volk von Arakor gab, gab es auch die Überlieferung, so viel war sicher.

      „Vielleicht können uns diese Gegenstände helfen“, sagte Magoon. Er berührte eines der gebogenen Strahlenrohre, hob es an und legte schließlich die Hand um den Griff, der erkennbar nicht für die Hand eines J’arakor geschaffen war.

      „Es macht mir Angst, was du sagst“, erklärte Katreen. „Du solltest in dich gehen und zur SEELE ALLER beten, damit sie deinen Geist erleuchte!“

      Magoon schwang den rohrförmigen Gegenstand in der Hand, nahm ihn dann in die andere und wog ihn. Der Gegenstand war überraschend leicht. Das Material, aus dem er bestand, interessierte ihn. Es war kalt wie das Metall, das die J’arakor mühsam in ihren Siedehütten, die es an Bord ausgewählter Segler gab, erzeugten.

      Aber es musste sich um ein Metall handeln, das die J’arakor bislang noch nicht kannten. Zumindest war die Verarbeitung eine völlig andere, als Magoon sie je bei einem Schmiedemeister der J’arakor gesehen hatte.

      „Tue es weg, Magoon! Ich bitte dich! Um die SEELE ALLER willen!“

      Die Stimme seiner Gefährtin drang wie aus weiter Ferne in sein Bewusstsein.

      Warum eigentlich?, dachte er. Haben nicht unsere Vorfahren auch Maschinen beherrscht, bevor der Tag des Unglücks kam, über den so viele Geschichten unserer Überlieferung ausführlich berichteten? Warum sollten wir es nicht erneut lernen können! Und was die SEELE ALLER angeht, so hat sie sich niemals so eindeutig dazu geäußert, wie es Katreen und viele andere behaupteten…

      „Was treibt dich diesen Dämonen in die Arme, Magoon?“, fragte Katreen. „Ist es der Ruf nach Macht? Willst du Blitze erschaffen können, wie es die vogelartigen Fremden vermögen?“

      „Katreen!“

      „Bedenke, dass sie Ausgeburten des Bösen sind!“

      „Da mag sein.“

      „Die SEELE ALLER hat sie jedenfalls verdammt.“

      „Sie haben die Ordnung missachtet, das ist wahr!“

      „Ist das nicht dasselbe!“

      „Katreen, so einfach sind die Dinge nicht!“

      „Ich glaube schon. Du willst es nur nicht wahrhaben. Und du willst auch nicht wahrhaben, was dich in Wirklichkeit antreibt!“

      Er sah sie an und runzelte die Stirn. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, sodass zwischen ihnen eine Furche entstand. „Was sollte das denn deiner Ansicht nach sein, Katreen?“, fragte er.

      Die Augen aller waren nun auf sie gerichtet. Magoon war nicht nur Katreens Gefährte, sondern auch ihr Kapitän und Großkapitän und es war unüblich, diesen Autoritären so vehement zu widersprechen. Selbst und gerade für deren enge Familienangehörige und Gefährtinnen.

      Pandoon und Tragoon, die beiden gerade zu jungen Männern herangereiften ältesten Söhne Magoons verfolgten das Wortgefecht mit großem Interesse. Es war still in der Kapitänshütte. Von draußen war das Heulen des Sturms und das Schlagen eines nicht ordnungsgemäß vertäuten Segels zu hören, das nun unaufhörlich gegen die Außenwandung des STURMTROTZERS schlug.

      Katreen sah ihn an. Sie hatte rötlich braune Augen. Das Haar fiel ihr lang über die Schultern. Die Kapuze ihres Anoraks war zurückgeschlagen und bildete nun einen hohen Kragen. Die Jahre, in denen Katreen gebärfähig war, neigten sich dem Ende entgegen, aber ihre Schönheit hatte sich nach Magoons Empfinden über all die Zeit hinweg erhalten. Magoon hatte sie zu seiner Gefährtin gemacht, als sie gerade zur Frau erblüht war. Aber jetzt, so viele Planetenumläufe später, empfand er immer noch dasselbe Begehren für sie wie damals.

      Von Anfang an hatte sich ihr Widerspruchsgeist in steter Regelmäßigkeit geregt – und zwar vor allem dann, wenn sie glaubte, dass ihr Gefährte vom vorgezeichneten Weg der SEELE ALLER abwich.

      Ihr Temperament schätzte Magoon noch heute. Ihre Interpretation der Überlieferung hingegen hielt er für engstirnig.

      Katreen atmete tief durch.

      „Ich werde dir sagen, was dich wirklich antreibt. Du konntest es nicht abwarten, Kapitän zu werden. Und bevor du Großkapitän wurdest hat dich auch diese unheilvolle Ungeduld erfasst! Es reicht dir offensichtlich nicht, in einem Alter von knapp vierzig Planetenumläufen bereits Großkapitän geworden zu sein, was kaum jemand schafft! Du willst auch noch zum Wegbestimmer der J’arakor gewählt werden! Dich dürstet es nach Macht! Dein Wille


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