Reilly und Sunfrost: Chronik der Sternenkrieger 8 Romane. Alfred Bekker

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Reilly und Sunfrost: Chronik der Sternenkrieger 8 Romane - Alfred Bekker


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Zumindest war es nach dem Verständnis der qriidischen Religion nicht denkbar, dass diese Maße nur Produkte evolutionären Zufalls waren. Hinter allem was geschah, stand ein übergeordneter Plan Gottes. Und für den Gläubigen ging es darum, diesen Plan zu erkennen und zur Etablierung der Göttlichen Ordnung im Universum beizutragen.

      Einer Ordnung unter Führung des auserwählten Volkes, der Qriid.

      „Hinweise auf Lebenszeichen?“, fragte Bras-Kon.

      Ruu-Di wog den Kopf zur Seite. „Negativ, Kommandant. Zumindest gibt es keinerlei Lebenszeichen qriidischer Herkunft.“

      „Was soll das heißen?“, hakte Bras–Kon nach.

      „Das bedeutet konkret, ich kann hier zwar mehrere Temperaturfelder orten, die sich bewegen und deren Niveau erheblich über dem der Umgebung liegt. Eigentlich ein deutlicher Hinweis auf Leben – aber es kann sich auf keinen Fall um Qriid handeln.“

      „Sind es vielleicht diese primitiven Säugetierabkömmlinge?“

      „Ebenfalls negativ. Es handelt sich um Organismen, deren Größe nur etwa ein Achtel Ptlaxan entspricht.“

      „Wir werden uns den Ursprung dieser Signatur genauer ansehen“, erklärte Bras–Kon entschlossen. „Thermoanzüge, Antigrav-Pak und Hand-Traser anlegen! Pilot Ruu-Di, du bleibst an Bord. Eine Vierergruppe untersteht dem Tanjaj Re-Lim und sieht sich in der Umgebung um. Die anderen folgen mir zum Ursprung der Signatur. Ich hoffe, dass wir aufklären können, was mit unseren Tanjaj-Brüdern geschehen ist.“

      Ein krächzender Bestätigungslaut ertönte unisono aus fast zwei Dutzend Schnäbeln.

      „Außerdem geht der Befehl, das Proben aus dem Eis genommen werden. Beachtet dabei, dass diese Proben aus unterschiedlichen Höhen stammen müssen, um ein aussagekräftiges Bild zu geben.“

      „Welche Befehle gelten für den Fall, dass wir auf die Säugetierabkömmlinge stoßen?“, fragte Nirat-Son.

      „Wir werden prüfen müssen, ob sie sich möglicherweise als Arbeiter in Industriekomplexen für einfache Tätigkeiten anlernen lassen. Kontaktaufnahme – ja! Aber immer unter der Prämisse, dass die Heiden anerkennen müssen, wer die neuen Herren dieses Planeten sind. Andernfalls muss vom Traser Gebrauch gemacht und dem Wort Gottes der nötige Respekt verschafft werden.“

      4

      Nirat-Son wurde der Hauptgruppe um Bras-Kon zugeteilt, die das havarierte Raumboot untersuchen sollte.

      Die Qriid trugen Thermoanzüge, die lediglich den kälteunempfindlichen Schnabel und die Augen freiließen. Mit Hilfe von Antigravpaks, die auf den Rücke geschnallt wurden, konnten sie sich schwebend bewegen.

      Und mit den Hand-Trasern würden sie sich gegen eventuelle Überfälle der säugetierähnlichen Heiden zur Wehr zu setzen wissen.

      Die zweite Gruppe unter dem Befehl von Re-Lim entfernte sich in nordwestliche Richtung. Bald war sie nur auf den Anzeigen der Ortungssysteme erkennbar und verlor sich in der grell weißen Ebene.

      Die Qriid trugen Schutzbrillen, um sich vor Schneeblindheit zu schützen. Die helle Oberfläche von Korashan V sorgte für intensive Reflexion des Sonnenlichts, worauf die Augen der Qriid besonders empfindlich reagierten.

      Die Schutzbrillen der Vogelartigen waren drahtlos mit ihren Ortungsgeräten verbunden. Die Tanjaj konnten entfernte Punkte anpeilen, bekamen Entfernungsangaben eingeblendet oder auf Wunsch auch eine Positionsanzeige im größeren Maßstab, die ihnen verdeutlichen konnte, wo sie sich befanden.

      Vor dem eisigen Wind dieser endlosen arktischen Ebene, die nur durch vereinzelte Anhöhen unterbrochen wurden, merkte Nirat-Son nichts. Die Ausrüstung verhinderte dies.

      Schwer vorstellbar, dass hier Leben existieren kann!, überlegte er. Aber es widersprach jeder Erfahrung, daran zu zweifeln. Das Leben war äußerst hartnäckig und konnte sich auch unter ungünstigsten Bedingungen festsetzen. Dies hatten die Tanjaj im Lauf ihres Heiligen Krieges, der sie immer in die Weiten des Kosmos hineingeführt hatte, erkennen müssen. Das Universum war ein Ort des Chaos – das Heilige Imperium bildete darin eine winzige, sich ausdehnende Blase. Und nur innerhalb dieser Blase konnte die Göttliche Ordnung etabliert werden. Eines Tages, so formulierte es die Überlieferung der Qriid, würde die Blase mit dem Kosmos identisch sein. Der Augenblick der absoluten Gottesherrschaft war dann gekommen und die Zeit der Prüfungen zu Ende.

      Doch bis dahin würden noch Tausende von Generationen Schlüpflinge zu mutigen Tanjaj heranwachsen müssen.

      Bras-Kons Gruppe hatte den Ursprungsort der Signaturen rasch erreicht.

      Die schwebenden Qriid setzten auf dem Boden auf.

       Eigenartig – unsere Vorfahren sollen einst Flügel besessen haben, um sich in der Luft zu halten – wir hingegen brauchen diese Maschinen auf unserem Rücken…

      Die Oberflächenstruktur wies eine leichte Wölbung auf.

      Einer der Tanjaj hatte einen Hitzestrahler dabei, der auf ähnlichen physikalischen Prinzipien wie die Traser basierte, allerdings nicht als Waffe konzipiert war, sondern als eine Art Schneidbrenner oder auch als Wärmeaggregat in besonders kalter Umgebung.

      Der Qriid, dessen Aufgabe es war, dieses Gerät mitzuführen und zu bedienen, hieß Gran-Teron. Nirat-Son mochte ihn nicht. Gran-Teron war ein Karrierist, der stets vor den Vorgesetzten buckelte wie eine Sharrak-Katze auf Qriidia. Wenn es jemanden gab, dem Nirat-Son eine Denunziation zutraute, dann ihm. Gran-Terons Weg hatte ihn nicht auf gerader Strecke an die Tanjaj-Akademie geführt. Er war zunächst einer von Millionen Tugendwächtern gewesen, die überall im Heiligen Imperium die Glaubens- und Sittentreue der einfachen Qriid überwachten. Offenbar hatte er diese Haltung verinnerlicht und fühlte sich auch an Bord seines Kriegsschiffs als eine Art heimlicher Tugendwächter, obwohl er in dieser Hinsicht nicht die geringsten Kompetenzen besaß.

      Die Tatsache, dass man aber bereits Tugendwächter zu Tanjaj-Kämpfern umschulte, sprach nach Nirat-Sons Meinung Bände über die gegenwärtige Verfassung der Flotte. Die Gefahr der Überdehnung der militärischen Möglichkeiten bestand. Die Verluste konnten zwar ersetzt werden und es hatte während der langen Regentschaft des gegenwärtigen Aarriid auch keine größeren Niederlagen gegeben. Aber dennoch forderte schon die einfache Expansion ihren Tribut. Immer größere Flottenverbände mussten das sich erweiternde Territorium sichern. Das Transportwesen lag inzwischen schon fast vollständig in den Händen der Methan atmenden Naarash, deren Kult um den so genannten Verborgenen Gott dem Glauben der Qriid immerhin so ähnlich war, dass sie nicht als Heiden im eigentlichen Sinn bezeichnet und daher toleriert wurden.

      So konnte sich die Flotte der Qriid auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren, nämlich neue Territorien zu unterwerfen und ihre industriellen Kapazitäten in den Dienst des Glaubenskrieges zu stellen.

      Aber die Kapazitäten ließen sich nicht im gleichen Maß erhöhen, wie es erforderlich gewesen wäre. Allen Verantwortlichen war das im Grunde bewusst. Aber eine Unterbrechung des Krieges ohne den vorherigen Tod des in Qatlanor residierenden Stellvertreter Gottes, wäre einem Frevel gleichgekommen.

      Schließlich war die permanente Expansion keine Frage der augenblicklichen Opportunität. Sie erwuchs vielmehr aus dem einzigartigen Auftrag, den das Volk der Qriid vom Schöpfer des Universums erhalten hatte. Ein Auftrag, der für die Qriid einer Prüfung gleichkam. Was geschehen mochte, wenn die Qriid den hohen Maßstäben, die dabei zu Grunde gelegt wurden, nicht gerecht wurden, das mochten sich selbst die Theologen der Priesterkaste nicht wirklich auszumalen.

      5

      Gran-Teron schaltete den Hitzestrahler auf eine breit gefächerte Wirkung. Das Eis und der verfestigte Schnee tauten recht schnell weg. Darunter kam das massive Metall zum Vorschein, das so typisch für die Außenhaut eines Qriid-Schiffes gleich welcher Größe war.

      Die wenigen Qriidia-Wochen, in denen die Verbindung


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