Tornado-Tuck wird Millionär: Western. Glenn Stirling

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Tornado-Tuck wird Millionär: Western - Glenn Stirling


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kam, was kommen musste. Gommy und Texas-Paul schoben sich aufeinander zu, musterten sich abschätzend, und es war, als wollten sich zwei Nilpferde duellieren. Doch das Träge, das Schwerfällige, das von ihnen auszugehen schien, täuschte. Denn plötzlich waren sie beide putzmunter. Und dann ging es los. Es ging los, dass die Gelenke krachten, dass der Fußboden dröhnte und schließlich sogar der schwere Kronleuchter von der Decke kam. Das ganze Haus bebte in den Fugen. Sie rangen, sie boxten, sie schlugen aufeinander ein. Es war eine wahre Pracht, und das alles absolut live, nicht gestellt, keine Doubles, auch keine Stuntmen.

      Einmal donnerte Texas-Paul seine Faust, die unverschämt an einen Schmiedehammer erinnerte, mit voller Wucht in Gommys Bauch. Das gab ein Geräusch wie von einem Sandsack, der aus einhundertzweiundneunzig Meter Höhe in den Schlamm fällt. Anschließend entwich zischend die Luft aus Gommys Mund. Die Wucht des Schlages trieb ihn bis zum Tresen zurück, und der kippte bei der Gelegenheit um und zerkrümelte zu Brennholz.

      Aber bevor Texas-Paul da war, hatte sich Gommy wieder auf die Beine gerappelt, senkte den Kopf wie ein angreifender Corrida-Stier und nahm Fahrt auf.

      Texas-Paul war ebenfalls noch in Bewegung, und so fegten diese beiden Nashörner aufeinander zu. Sie knallten mit den Köpfen zusammen, dass es sich anhörte wie der Zusammenprall zweier Lokomotiven. Und dann schlugen sie aufeinander ein.

      Als Gommy einen Schritt zurücksprang und gleichzeitig ausholte, lief ihm Texas-Paul voll in seinen Hammer hinein. Und das warf den schönen Paul wie ein Geschoss durch die Luft. Er landete ein wenig unsanft auf einem Tisch, der unter ihm zersplitterte, als sei er aus Streichhölzern gebaut. Die beiden Stühle, die daneben standen, gingen ebenfalls zu Bruch.

      Gommy nutzte die Zeit, denn er sah, dass sich eine ganze Mannschaft von etwa zehn Mann in breiter Front in Marsch setzte, und zwar ganz schön bewaffnet. Mit Stuhlbeinen in den Fäusten, aber auch mit abgeschlagenen Flaschen kamen sie näher.

      Gommy wusste, was die Stunde geschlagen hatte. Ein Blick nach rechts, ein Satz in diese Richtung, dann hatte er einen langen Tisch gepackt. Es war einer von diesen Zwanzig-Mann-Tischen. Und den nahm er vorn, riss ihn hoch und drehte sich im Kreise wie eine Windmühle, immer schneller, und gleichzeitig arbeitete er sich auf die zurückweichende Front seiner Angreifer zu.

      An diesem Tag erlebte die Stadt Lilac City das Wunder eines sogenannten Expressausgangs. Wie nämlich blitzartig zwei Dutzend Menschen nahezu gleichzeitig aus der Tür des Saloons quollen, ja regelrecht hinausschossen. Eine andere Wahl hatten sie übrigens nicht, sonst wären sie von Gommys „Windmühlenflügeln“ erwischt worden.

      Auch der Keeper schaffte die Flucht. Und während sie draußen alle übereinander purzelten und sich mühten, wieder auf die Beine zu kommen, war für Gommy drinnen nur noch ein Gegner, und das war Texas-Paul.

      Texas-Paul sah wieder so weit klar, dass er sich auf die Fuße bringen wollte. Er schaffte es auch, auf die Knie zu kommen. Aber dann erwischte ihn der rotierende Tisch mit einem seiner Beine, traf ihn gegen die Schulter, und der stieß Texas-Paul wieder auf die Seite.

      Trotzig kam er noch einmal hoch, schaffte es sogar, sich aufzurichten, und in diesem Augenblick erwischte ihn wieder ein Tischbein, das aber genau am Kopf. Und wenn der auch aus Hartholz zu sein schien, für Texas-Pauls massige Rübe war es einfach zu viel. Er ging zwar unsanft, aber doch sehr nachhaltig schlafen. Und als er fiel, da polterten die letzten Flaschen vom umgestürzten Regal, kippte ein Stuhl um und bewegten sich zitternd die beiden Flügeltüren des Salooneingangs.

      Gommy hatte von seiner wirkungsvollen „Rotationsmaschine“ die Nase voll, ließ in vollem Schwung den Tisch los, und der flog gegen die hintere Tür zur Küche, durchbrach die regelrecht und schoss noch immer mit genug Schwung gegen das Ofenrohr über dem Herd. Er fegte es regelrecht weg, und dann quoll eine dicke, schwarze Wolke aus dem Herd, die in Sekundenschnelle die ganze Küche einhüllte, dann auch noch durch die offene Tür in den Saloon kam, so dass Gommy die Flucht ergreifen musste. Aber als er das schon tun wollte, sah er noch drei unversehrte Flaschen Whisky am Boden liegen, schnappte sich die, suchte sogar noch nach weiteren, fand tatsächlich noch eine vierte, stopfte sich das alles unters Hemd und wollte schon auf den Ausgang des Saloons zuschießen, da plötzlich entdeckte er Tornado-Tuck.

      Unser Freund, das hatte niemand weiter bemerkt, war nämlich auch noch im Saloon. Er lag in einer hinteren Ecke, das Gesicht nach unten. Aber er war nicht etwa bewusstlos. Er starrte auf etwas, das er in seinen Händen hielt, blickte nun auf, als Gommy zu ihm kam und machte ein Gesicht wie ein Kind, wenn der Weihnachtsmann kommt.

      „Verdammt, Tuck, du musst hier raus! Hast du gehört, raus hier!“

      Gommy griff, damit es schneller ging, Tornado-Tuck am Kragen und wollte ihn auf die Beine stellen. Da sah er, dass Tornado-Tuck etwas in den Händen hielt, fest umkrampfte, als müsste er Angst haben, dass es zu Boden fiel. Aber Gommy nahm sich nicht die Zeit, nachzuprüfen, um was es sich handelte. Er riss Tornado-Tuck einfach mit, zerrte ihn nach draußen, und da hatte sie schon die dicke, schwarze Wolke eingeholt. Milliarden von Rußteilchen quollen durch die Saloontür auf die Straße. Und dort rappelten sich gerade die Kämpfer von eben aus dem Dreck. Nun aber sahen sie zwei Dinge: einmal die schwarze Wolke, von der sie nicht wussten, was es war, und zum anderen Gommy und Tornado-Tuck. Besonders vor Gommy hatten sie höllischen Respekt. Dass Texas-Paul nicht ebenfalls aufgetaucht war, ließ auch den langsamsten Denker unter der Meute begreifen, wie die Schlacht da drinnen ausgegangen sein musste.

      Aber dann kam Texas-Paul doch noch, so nach ein paar Minuten, als Gommy und Tornado-Tuck schon längst auf der Rückseite von Mrs. Gibsons Scheune saßen und den herrlichen Whisky probierten, den Gommy gerettet hatte.

      Texas-Paul stand in der Tür vom Saloon, hielt mit beiden Händen die Schwingtüren, stemmte sie von sich und stand da wie einer, der mitten aus der Hölle gesprungen war. Schwarz war er, seine Augen leuchteten weiß, ebenfalls seine Zähne, das heißt, eigentlich leuchteten die gelb, denn Texas-Paul war ein großer Tabakkauer vor dem Herrn. Nun stand er da, und die Frauen und auch Kinder, die sich als Zuschauer in die Nähe gewagt hatten, kreischten vor Schreck und liefen davon. Auch manchen der mutigen Kämpfer brachte dieser Anblick das Fürchten bei. Texas-Paul schnaubte wie eine Lokomotive am Albany-Pass, und dabei kamen schwarze Wolken aus seiner Nase. „Wo“, brüllte er, „wo sind diese Hundesöhne?“

      Es war niemand da, der gewagt hätte, ihm den Weg zu zeigen. Aber nicht aus Mitleid mit Gommy oder Tornado-Tuck, sondern ganz im Gegenteil, aus Rücksicht auf Texas-Paul, auf dessen Kopf eine gewaltige Beule wie ein Horn gewachsen war, was man trotz der Schwärze erkennen konnte, die diesen Kopf bedeckte.

      „Hör zu, Paul, nimm dir lieber einen zur Brust, setz dich irgendwo hin oder wasch dir den Dreck herunter, aber kümmere dich nicht um die beiden!“, rief ein mitfühlender Mensch aus Lilac City. Und er hatte auch einen Grund, das zu sagen. Denn da war jemand aufgetaucht, war auf einem Kleiderständer von Pferd herangeritten gekommen, den sie natürlich auch alle kannten in Lilac City, der das war, was man so das Salz der Erde nennt.

      Der Mann, der da kam, war Duffy.

      Ein Bursche, der es faustdick hinter seinen Schlitzohren hatte. Lang und dürr wie eine Bohnenstange, aber mit einem äußerst lebendigen und zum scharfen Denken geeigneten Gehirn versehen. Und sie wussten auch alle, dass Duffy ein Freund von Gommy und Tornado-Tuck war, sozusagen der beste Freund.

      Texas-Paul sah Duffy auch. Das veranlasste ihn, noch einmal schnaufend Luft auszustoßen, die als schwarze Rauchwolke die Beine von Texas-Paul vorübergehend verhüllte. Aber mehr als das Schnauben brachte er nicht zustande, denn so dumm war auch Texas-Paul nicht, dass er sich nicht ausgerechnet hätte, gegen Duffy immer den Kürzeren zu ziehen. Wie der kämpfen konnte, das wusste er. Duffy brauchte dazu nicht die Fäuste. Der arbeitete mit tausend Tricks. Und das letzte Mal, als Texas-Paul sich mit Duffy angelegt hatte, war ihm eine Handvoll Pfeffer in die Augen geschleudert worden, und es hatte mehr als einen Tag gebraucht, bis er wieder in der Lage gewesen war, richtig zu sehen. Wie höllisch dieses Brennen gewesen war, das würde er so leicht auch nicht mehr vergessen. Nein, sagte er sich, wo dieser Duffy die Finger drin hat, da hab ich sie draußen. Den sehe ich gar nicht. Und so machte es unser Texas-Paul wie der Vogel Strauss, der den Kopf


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