Nichts ist verjährt. Horst Bosetzky

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Nichts ist verjährt - Horst Bosetzky


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um die Pfeile wieder herausziehen, klopfte es an seiner Tür. Auch das noch! Sein «Ja, bitte, herein!» klang nicht besonders freundlich.

      Es war ein Ehepaar, das sich mit leicht amerikanischem Akzent als Mr und Mrs Klinkhammer aus Berkeley vorstellte. «Dr. Matthias und Kirsten Klinkhammer.»

      «Sehr schön …» Mannhardt konnte sich keinen Reim auf ihren Besuch bei ihm in der Keithstraße machen. «Hier ist die 12. Mordkommission. Wenn Sie nur Opfer eines Diebstahls oder eines Überfalls geworden sind, dann …»

      «Nein, nein, wir sind schon wegen eines Mordes hier!», rief Kirsten Klinkhammer.

      «Wann, wo, wie?», fragte Mannhardt mit leiser Ironie.

      «Wahrscheinlich 1980, in Schmöckwitz draußen.» Mannhardt brauchte einige Sekunden, um das zu fassen. «In Schmöckwitz draußen … Dann nehmen Sie doch bitte Platz.» Er schob den beiden mit einigem Eifer die Besucherstühle hin. «Da bin ich ja mal gespannt, wo da die Zusammenhänge sind.»

      «Ganz einfach: Meine Frau hat beim Mittagessen das von diesem Schriftsteller gelesen, diesem …«

      «Bernhard Oybin», half sie ihm aus.

      «Ja, von der Aufregung im Literaturhaus und seinem Kollaps … Dass er verdächtigt wird, eine Frau mit den Initialen A. K. ermordet zu haben.»

      «Und da ist mir sofort eingefallen, dass ich eine Cousine hatte, eine Annett, Annett Krause, die 1980 plötzlich verschwunden ist. Lektorin war sie und mit Bernhard Oybin eng befreundet. Und auch oft bei ihm in Schmöckwitz draußen. Wie gesagt, seit Mitte 1980 hat sie sich nicht mehr bei mir gemeldet, und ich habe nie wieder etwas von ihr gehört. Ich war ja zu dieser Zeit schon in West-Berlin und konnte von da aus nichts unternehmen. Und dann sind wir in die USA gegangen.»

      Mannhardt schrieb sich alles auf. «Woran können Sie sich denn noch erinnern?»

      «Nur daran, dass sie auch mal kurz verlobt war, sich dann aber wieder von diesem Mann getrennt hat. Der hat das nicht hinnehmen wollen, und es gab ein Riesentheater. Einmal hat er sie sogar mit einem Messer bedroht.»

      «An den Namen dieses Mannes können Sie sich nicht zufällig erinnern?», fragte Mannhardt.

      «Nein, tut mir leid. Nur dass er so einen komischen Vornamen hatte, warten Sie …» Kirsten Klinkhammer zermartete sich das Gehirn.

      Mannhardt versuchte, ihr auf die Sprünge zu helfen.

      «Komische Vornamen … August, Nepomuk, Balthasar, Hesekiel …»

      «Nein, nein … Jetzt hab ich’s: Konradin!»

      Drei Tage brauchte die 12. Mordkommission, um die Angaben der Frau Klinkhammer zu verifizieren. Eine Lektorin namens Annett Krause war wirklich im Juli 1980 aktenkundig geworden. Ein Konradin Moschner, Schauspieler und Synchronsprecher, hatte zu Protokoll gegeben, sie habe die Absicht gehabt, Republikflucht zu begehen, wahrscheinlich über Ungarn nach Jugoslawien und von dort in die BRD. Die DDR-Behörden schienen das auch geglaubt zu haben, denn in den Akten war nichts weiter über sie zu finden. Martin Mutsch und Katja Koschlick, von Mannhardt befragt, kannten Annett Krause und wussten von ihrer Beziehung zu Oybin. Beide waren überzeugt davon, dass sie damals beim Fluchtversuch an der ungarischjugoslawischen Grenze erschossen worden war.

      Konradin Moschner hatte am 24. Dezember 1980 Selbstmord begangen. In seinem Abschiedsbrief hatte gestanden, dass er mit seiner schweren Schuld nicht mehr leben könne.

      Daraufhin bekam Mannhardt die Weisung, die Ermittlungen im Mordfall Schmöckwitz einzustellen. In den Zeitungen war davon die Rede, dass es einen Freispruch erster Klasse für Bernhard Oybin gegeben habe.

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