Strandkorb und andere Kurzgeschichten. Anna Malou

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Strandkorb und andere Kurzgeschichten - Anna Malou


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sich locker und freundlich, was dazu führt, dass auch er sich entspannt und anfängt, freizügig mit ihr zu plaudern. Schön, es gibt eine Atmosphäre zum Wohlfühlen.

      Schließlich, die nächste Stunde beginnt, und er ist Dienst beflissen und erhebt sich. Beim Herausgehen sagt sie noch etwas, so ganz nebenbei, was ihm den Atem stocken lässt, was er so nicht auf sich sitzen lassen will und kann. Jedoch ist es Zeit, er muss gehen, was sie ihm auch eindeutig mitteilt. Auf einmal reicht die Zeit nicht einmal mehr für einen weiteren Satz, seinen Satz, den er braucht, um nicht an dem Sachverhalt zu ersticken. Doch sie schickt ihn zügig und bestimmt zur Tür hinaus und ist bei Weitem nicht mehr an seiner Meinung interessiert.

      Da geht er nun und es brodelt der Sachverhalt, eben gesagt, lebt in ihm weiter, läuft hoch und runter, hin und her und schließlich hat er Magendrücken, als er mittags erschöpft von seiner Arbeit nach Hause fährt. Noch immer kreist die Mitteilung seiner Chefin – so nebenbei gesagt – in ihm, packt ihn, würgt ihn und lässt ihn einfach nicht los. In der Nacht wird er wach, träumt von dieser Situation mit seiner Chefin, kann nicht wieder einschlafen.

      Morgens, unausgeschlafen, verunsichert, geht er noch pünktlicher als sonst zur Arbeit, begrüßt seine Chefin höflich und distanziert und tut so, als sei nichts vorgefallen. Und immer noch leben in ihm die Gedanken an die gestrige Situation.

      Schließlich spricht er mit wenigen Vertrauten, Kollegen, darüber, möchte deren Meinung wissen und zeigt sich sehr erstaunt, dass andere anders darüber urteilen. Andere fühlen nicht seine Gefühle, andere fühlen nicht seine gefühlten Verletzungen. Was ist zu tun?

      Immer wieder fragt er sich, ob er zu empfindlich sei, weil er das empfindet, was er empfindet. Tage vergehen und fast schon Wochen, doch seine Empfindlichkeit bleibt. Schließlich fasst er sich ein Herz und beschließt, mit ihr zu sprechen, mit ihr, die seiner Meinung nach die Schuld an seiner Misere trägt. Doch vorerst hat sie keine Zeit- jedenfalls nicht für ihn- was er erneut als Kränkung empfindet.

      Schließlich, nach Tagen, sitzt er ihr gegenüber und versucht, an der Situation von vor Monaten wieder anzuknüpfen. Sie jedoch weiß nichts mehr, kann oder will sich einfach nicht mehr erinnern. Er fühlt sich unverstanden, lächerlich, traurig und deprimiert. Trotz aller Widerstände bringt er sein Anliegen vor. Sie lächelt, will verstehen, ist sich aber keiner Schuld bewusst, wiegelt ab und versucht, aus der für sie unsympathischen Situation zu entfliehen. Schließlich, es klingelt, sie atmet auf, erleichtert, dieser für sie unbequemen Situation entledigt zu sein. Er, frustriert von seinem vergeblichen Versuch, seine Beschwerde abzuladen, seine Albträume loszuwerden, geht seiner Wege, doch es bleibt etwas in ihm zurück. Er behält seine Gedanken, seine Gefühle und seine Verzweiflung. Weiterhin fühlt er sich unverstanden und gedemütigt und machtlos, und es macht ihm doch etwas aus.

      Machtspiele sind eben nicht jedermanns Sache.

      Sie treffen sich – wieder – nach vielen Jahren. Jetzt nicht mehr jung, sondern Falten umlegt, verändert, aber mit mehr Lebenserfahrung. Noch immer kennen sie sich gut – zu gut – es ist, als ob die Welt stehen geblieben sei.

      Noch immer blickt er in ihr Herz, in ihre Seele, noch immer klopft ihr Herz, wenn sie ihn trifft. Vielleicht waren sie doch für einander bestimmt gewesen, vielleicht waren sie nur zu jung, um es zu merken. Vielleicht wären sie gemeinsam andere Wege gegangen, vielleicht gäbe es dann das Wort „wenn“ in ihrem Leben nicht. Kann man nachholen, was vorbei ist? Kann man nachleben, was bereits gewesen ist? So recht wissen sie es beide nicht, verunsichert in ihrem Leben, in dem es zwar immer Bezugsmenschen gab, aber vielleicht nie die Richtigen. Gedanken laufen zurück und voraus, leben ein eigenständiges Leben. Vertane Chancen auf neue Gemeinsamkeit mit einem ungewissen Morgen. Jedoch in jedem Treffen wohnt ein Leuchten, scheint die Sonne für beide in einem hoffnungsvollen Frühling.

      Und irgendwann treffen sie sich regelmäßig, warten auf einander und wollen ein regelmäßiges Miteinander. Überraschung gewünscht, keiner von beiden weiß, wohin ihr – gemeinsamer? – Weg gehen wird. Nach Jahren hat jeder sein Leben, lebt jeder an unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Menschen. Und doch suchen sie Wege zueinander, miteinander, füreinander. Und das Glück ist auf ihrer Seite, wann immer sie sich treffen.

      Jedoch, unwahrscheinlich ist die gemeinsame Zukunft in einem Alter, in dem es schwer fällt, bei romantischem Mondschein an eine Zukunft zu glauben.

      Manchmal steckst du mittendrin, siehst keinen Weg, kein Ziel, keinen Horizont, keinen Ausweg. Mauern umgeben dich, so hoch, dass du einfach nicht mehr über sie hinweg blicken kannst. Du findest jedoch keinen Ariadne-Faden, der dich herausbringt aus diesem Labyrinth. Du bist voller Angst und Verwirrung, du hast völlig die Orientierung verloren, du fühlst dich einsam und so sehr von der Welt abgeschnitten.

      Das Einzige, was du in einer solchen Situation, in deiner Situation, hast, das sind die Kinder, deine Kinder, die mit ihren leuchtenden Augen etwas von dem fernen und so sehr vermissten Horizont erahnen lassen. Du drehst dich im Kreis und läufst los, doch das nur, um immer wieder in dem nächsten Irrweg anzukommen. Dein Verstand sagt dir, für alles gibt es einen Ausweg, eine Lösung, doch du hast dich so sehr verlaufen, dass dir schwindelig ist, dass du jede Perspektive verloren hast, dass dir zunehmend mehr der Mut fehlt, einfach noch einmal loszulaufen und den Ausgang aus deiner Misere zu suchen.

      Also, was machst du? Du bleibst stehen, verharrst mit klopfendem Herzen, fieberhaft arbeitet dein Geist und schon breitet sich die nächste Fata Morgana vor dir aus. Du zögerst, du wartest, du glaubst nicht mehr an Wunder, das hat dein Leben dir abgewöhnt. Und doch, du hast Hunger nach Nähe, du verdurstest vor Einsamkeit, du bist leblos geworden und ringst mit dem spirituellen Tode.

      In dieser Situation erwachen jedoch deine Selbstheilungskräfte wieder, sie lassen dich prüfen, was an dieser so fernen Fata Morgana wohl dran sei. So läufst du schließlich doch, plötzlich und unerwartet los, in kleinen, vorsichtigen Schritten, dich langsam vorantastend, dich selber bestärkend, dass es immer einen Weg, einen Ausweg aus der noch so verfahrenen Situation, gibt. Es stürmt, es regnet, doch du versuchst, dem Sturm zu trotzen, dem Regen die Stirn zu bieten, dich nicht unterkriegen zu lassen. Du bist kalt und nass und vor lauter Zittern, vor Angst und Kälte kommst du kaum voran, immer deine beiden Kinder an deinen Händen, diese Kleinen, die du so sehr beschützen willst. Du versuchst dir so sehr den Weg zu merken, du, der jede Art von Orientierung so schwer fällt, jedoch was bleibt dir anderes übrig, wenn du deine Kinder behalten, beschützen willst?

      So vergehen die Stunden, die Tage, die Wochen und Monate, und du bist am Leben geblieben, du stellst fest, dass es auch hier in diesem Labyrinth von Pflichten und Verantwortung manchmal Sonnenstrahlen gibt, die beginnen, dir den Weg zu weisen. Du lächelst endlich wieder, das erste Mal nach Monaten, weil du merkst, dass du bereits in den Außenirrwegen des Labyrinthes umherwanderst. Wieder bleibst du stehen, wieder musst du tief Luft holen und verschnaufen, weil der Weg und das Ziel dich derartig anstrengen. Immer wieder musst du über neue Hindernisse steigen, immer wieder ist dein Weg von Kakteen gesäumt, die dir fürchterliche Schmerzen bereiten. Schließlich lauert eine Klapperschlange und will dir eine Falle stellen, jedoch du zeigst deine Angst nicht, sondern nimmst schließlich dein Küchenmesser und tötest sie. Jetzt kannst du feststellen, dass auch diese Kreatur nur ein armer Wurm war, jemand, vor dem du eigentlich hättest keine Angst haben müssen.

      So vergehen wieder die Tage, Wochen und Monate und schließlich stellst du fest, dass offensichtlich die Richtung stimmt und du dich immer weniger häufig verläufst. Deine Schritte werden größer, dein Tempo wird schneller und endlich erscheint ein Licht, ein Leuchten am Ende des langen Ganges. Noch immer hältst du deine Kinder krampfhaft fest, hast Angst sie alleine laufen zu lassen, sie zu verlieren, als du schließlich am Ausgang in der warmen Sonne stehst. Du bist ganz geblendet von ihrer Schönheit und traust dich nur langsam, ihr in die Augen zu sehen, denn zu lange hast du deinen neuen Weg aus der Finsternis gesucht.

      Du hörst Reden und Lachen, viele liebevolle Menschen haben sich um dich herum versammelt und du genießt es, dass du wieder im Leben angekommen bist.

      Конец


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