Innergebirg. Roland Reitmair
Читать онлайн книгу.Sagt dem Pfarrer, dass seine Angehörigen erst ausfindig gemacht werden und wir ihn deswegen hier lassen. Eine Aufbahrung ist dann nicht mehr notwendig, es handelt sich um einen uns völlig Fremden. Zudem sei der Mann auch sehr entstellt …
Gott vergebe uns diese Notlügen.
Den Fremden pflegt noch einige Tage, oben in der Kammer, dann muss er weg von hier, egal wohin.“
Arthur war beruhigt und gleichzeitig beunruhigt. Das Pochen hatte stark nachgelassen. Nur mehr von Ferne hörte er ganz leise rhythmische Schläge. Er war beruhigt, denn es schien nicht mehr wichtig, die massive Tür zu öffnen. Er war aber beunruhigt, weil ihm irgendwas entgangen war. Wahrnehmungen hatten sich verflüchtigt. Er war sich dessen sicher. Für kurze Augenblicke war Ungewöhnliches vor sich gegangen, und es wäre wichtig gewesen, alle Sinne beisammen zu haben.
„Wird er sich erinnern können?“, fragte eine ältere Nonne an der Tür. Schwestern umsorgten ihn. Gaben dem Fremden stärkende Getränke aus Ei und Wein, verabreichten Haferbrei und Weißbrot.
Eine schüttelte den Kopf: „Bei der Dosis an Sirup ist eine generelle Amnesie wahrscheinlicher. Er wird nach den Tagen hier nicht wissen, was passiert ist.“
„Gut“, sagte die Nonne bei der Tür nach einigem Überlegen, „dann wird es kein Risiko sein, ihn nicht weit zu transportieren, sondern hier in der Gegend zu lassen. Wir wollen seine noch schwache Lebenskraft nicht überstrapazieren.
Es wird sich so oder so herausstellen, ob Gott ihn führt, oder ob er zeitlebens ein schlechter Mensch gewesen ist.
Entweder findet er jemanden, der ihm hilft – oder aber er findet dort eben doch noch sein Ende. Wie Gott will …“
Sie wuschen ihn und verbanden irgendwelche Wunden. Nähten an seiner Kleidung und besserten irgendwelche Risse und Löcher aus. Freuten sich über den schnellen Heilungsprozess. Verabreichten einen wunderbaren Met.
Täglich weniger, wie sie sagten. Langsam abgewöhnen.
„Er ist soweit“, meldete eines Tages die Schwester.
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