Faszination Camino - Gesund werden und gesund bleiben auf dem Jakobsweg. Anna Malou

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Faszination Camino - Gesund werden und gesund bleiben auf dem Jakobsweg - Anna Malou


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warten …

      Nach einer guten Stunde kommt nicht nur das Flugzeug, sondern auch die Information: Die Crew muss ausgetauscht werden, da sie bereits zu lange im Dienst ist. Also, noch eine weitere Stunde Wartezeit. Und so starten wir dann endlich – mit gut zwei Stunden Verspätung – in einen Flug ins Ungewisse, denn keiner der „Umsteigepassagiere“ weiß, ob es die Anschlussflüge ab Palma noch geben wird. Ich ergebe mich meinem Schicksal, ändern kann ich auf jeden Fall nichts – und verschlafe fast den Start in Hamburg. Die drei Flugstunden sind im Nu vorbei und wir landen in Palma de Mallorca und haben noch immer keine Information, ob und wie es heute noch weitergeht. Und schließlich werden alle Umsteiger an der Gangway abgeholt und erhalten die niederschmetternde Nachricht, dass wir feststecken – heute gibt es keine Möglichkeit mehr, unseren Zielort zu erreichen.

      Vielmehr, nachdem wir uns alle mit Reklamationsunterlagen versorgt haben, werden wir per Bus in ein Hotel in Palma gebracht, wo wir auf Kosten der Fluggesellschaft eine Nacht schlafen können und auch verpflegt werden sollen. Alle sind ein wenig sprachlos, was jedoch nicht bedeutet, dass nicht alle aufgeregt durcheinander reden. Diesen Tagesabschluss hätte ich so nicht erwartet und ich fühle mich furchtbar enttäuscht, dass ich heute nicht mehr meinen Zielort erreichen und demnach meine Reise wie geplant beginnen kann.

      Als ich schließlich gegen 17 Uhr mein Hotelzimmer beziehe, bin ich jedoch mit meinem Schicksal fast wieder ausgesöhnt: Das Hotel und mein Zimmer sind sehr schön und komfortabel, eben vier Sterne, und ich habe den Rest eines freien Tages vor mir, denn der Bus zum Flughafen holt uns erst am kommenden Tag um 12 Uhr zum Weiterflug ab.

      Nach kurzer Zeit habe ich mich in meinem Zimmer notdürftig eingerichtet, und nun gehe ich hinaus, um auf der Promenade entlang des Yachthafens spazieren zu gehen. Blauer Himmel und Sonnenschein mit sommerlicher Wärme umfängt mich und ich bin schlagartig mit meinem Schicksal ausgesöhnt. So etwas wie Urlaubsstimmung macht sich breit, als ich in die Altstadt weiterlaufe, die bereits von Weitem von der alten, ehrwürdigen und riesengroßen Kathedrale überragt wird. Ich staune und genieße und bin mir sofort wieder sicher, dass Gott es gut mit mir meint, indem er mir solch ein unverhofftes Geschenk gibt.

      Als ich später beim Abendessen auch noch nette Gesellschaft für ein Gespräch habe – mit meinem Leidensgenossen, der in Lissabon seinen Arztkongress verpasst – ist die Welt für mich wieder völlig in Ordnung.

      So schlafe ich traumlos und entspannt neuen Abenteuern und hoffentlich Lissabon entgegen.

      2. Tag: 25.5.2012, Palma de Mallorca – Lissabon

      Und nach dem Aufstehen nehme ich ein wundervolles Frühstück am Frühstücksbuffet ein, draußen in der heißen Sonne sitzend. Hier ist es Hochsommer und somit genieße ich auch den kommenden Spaziergang entlang des Wassers auf der Strandpromenade, bis ich dann zu 12 Uhr mit erneut gepackten Sachen auf den Bus zum Flughafen warte. Wieder warten, warten, warten, eineinhalb Stunden Verspätung, wieder ist unklar, ob und wann es weitergeht. Also warten, laufen, hoffen, warten, laufen, hoffen, bis schließlich zum Boarding aufgerufen wird. Erleichterung auf allen Gesichtern und auch auf meinem, aber, im Flugzeug sitzend, gibt es vorerst keine Starterlaubnis. Also, wieder warten! Unverständnis auf allen Gesichtern, bis endlich die Erklärung kommt: Auf dem Flughafen in Lissabon wird gestreikt, aber nicht dauerhaft, sondern immer wieder für kürzere Zeiträume. Schließlich, nach weiteren fünfunddreißig Minuten, geht es endlich los.

      Ich sitze entspannt im Flugzeug und bin voller Erwartung, als ich endlich nach 18 Uhr wiederum mit fast drei Stunden Verspätung mit meinem Gepäck den Flughafen verlasse. Mit dem Taxi komme ich heute im Berufsverkehr und auf vollen Straßen ins Zentrum, fahre Richtung Rossio Bahnhof, weil ich mich hier auskenne, da ich dort bereits vor einigen Jahren war. Und hier habe ich Glück und bekomme in der Pension, die ich bereits kenne, ein Zimmer zu einem bezahlbaren Preis.

      Am Abend kann ich heute nicht mehr viel beginnen, zu sehr bin ich von den beiden langen Reisetagen mitgenommen. So mache ich einen langen Spaziergang, gehe eine Kleinigkeit essen und habe Mühe, die vielen Erlebnisse bisher zu verarbeiten. Ich schlafe früh, träume viel und versuche, auf meiner Reise anzukommen und den Alltag hinter mir zu lassen.

      3. Tag: 26.5.2012, Lissabon

      Für meine Verhältnisse sehr früh werde ich wach, denn 6:30 Uhr ist nun wirklich keine Zeit, um auf meiner Reise in einer neuen Stadt am ersten freien Tag aufzuwachen. Jedoch, ich bin unruhig, neugierig, reiselustig und demnach stehe ich doch gleich auf. Als ich aus meinem Hotel trete, bin ich ein wenig enttäuscht, denn die Sonne scheint nicht, es ist zwar warm, aber der Himmel zeigt sich Wolken verhangen. Schade, aber vielleicht wird es noch …

      Ich gehe durch die Straßen, um ein Frühstück zu finden, sitze draußen und lasse mich von einem Croissant und einem Kaffee verwöhnen. Um mich herum lebt eine Großstadt, geschäftiges Treiben allenthalben. Touristen laufen mit Stadtplänen in der Hand durch die Straßen, Geschäftsleute schreiten in Anzügen oder Hosenanzügen an den Geschäften vorbei, junge Leute im Schlabberlook, den Laptop unterm Arm, treffen sich in Gruppen, lärmen, lachen und sorgen dafür, dass um mich herum eine lockere und ungezwungene Stimmung vorherrscht.

      Ich sitze entspannt, genieße mein Frühstück und erhasche die ersten warmen Sonnenstrahlen, denn offensichtlich meint es die Sonne heute doch gut mit mir. Ein Ankommen ist möglich, von südlicher Sonne begleitet, mit aufgeregten Empfindungen, was den Start in den Tag, in meine Reise, beinhaltet.

      Und dann gehe ich zu einer Besichtigungstour los. In vielen Informationsbroschüren habe ich gelesen, dass Lissabon so viele Sehenswürdigkeiten aufweist, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll, dass Lissabon die Stadt der Kontraste ist, denn Alt trifft immer wieder Neu und bildet eine einzigartige Verbindung zu einem Stadtbild mit Flair. Auf sieben Hügeln erbaut, am Rio Tejo liegend, gibt es in Lissabon eine Oberstadt, Barrio Alto, und eine sogenannte Unterstadt. Die Höhenunterschiede lassen sich Schweiß treibend per Treppe oder mit den Fahrstühlen „Elevador da Gloria“ an der Praca dos Restauradores oder mit dem „Elevador de Santa Justa“ an der Avenida da Liberdade, allerdings kostenpflichtig, überwinden.

      Vom Praca de Dom Pedro IV, dem sogenannten Rossio Platz, in dessen Nähe ich wohne, laufe ich die Avenida da Liberdade, Lissabons Hauptgeschäftsstraße im Zentrum, entlang. Der geflieste Boden der Avenida weist geographische Muster in einer vielfältigen Perfektion auf und lädt den Besucher zu einer Besichtigung ein. Ein Straßencafé reiht sich an das Andere, ein meist kleines Geschäft ist neben dem Anderen zu finden. Und dazwischen Menschen, viele, die teils hastig, aber meist entspannt auf der Straße entlang schlendern, in den Lokalen draußen sitzen, essen, reden, Touristen, mit gezückten Kameras, sich in vielfältigen Sprachen miteinander unterhaltend. Vom Sari bis zum Mini-Rock, von der weiten Schlabberhose bis zum Smoking – hier ist wirklich alles zu finden. Und an vielen Ecken wird Straßenmusik gemacht, bieten Händler ihre Waren feil, und immer wieder stehen Menschen als Statuen verkleidet, um von den zahlreichen Besuchern ihren Obolus zu erhalten. Diese Stadt strahlt eine faszinierende Lebendigkeit aus, lockt den Besucher, damit sich dieser mit der Menge fortspülen lässt, um an der nächsten Ecke ein weiteres altes Bauwerk zu bewundern.

      Weiter geht es durch die Altstadt, die Baixa, entlang der Rua Augusta, von der aus der Fahrstuhl Santa Justa zu sehen ist. Schließlich erreiche ich, durch einen hohen Torbogen gehend, den Praca do Comercio. Hier eröffnet sich mir ein wundervoller Blick auf den Rio Tejo und damit zur Rechten auf die Brücke des 25. April, Ponte 25 de Abril, die mit 2,3 km Länge eine der längsten Hängebrücken Europas ist. Zwar gibt es seit der Expo eine weitere Brücke, die Brücke „Ponte Vasco da Gama“, die den Tejo überquert, jedoch bleibt die zentral gelegene Brücke des 25. April die meist frequentierte Brücke in Lissabon.

      Zur Linken erreiche ich wenig später die Kathedrale, kann sie für 2,50 € besichtigen, denn diese ist geöffnet. Mit einem verwitterten Einheitsgrau begrüßt mich diese Kathedrale Sé mit ihren hohen gotischen Mauern, mit ihren bunten runden, wundervollen Glasfenstern. Hier erhalte ich nun meinen 1. Pilgerstempel in meinen Pilgerpass als Beweis, dass ich am 26.5.2012 meine Pilgerreise angetreten habe.

      Dieser


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