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Männern erziehen?

      Gerade, wenn Anton etwas total gegen seine Überzeugung ging, wie die ihm mehrmals abverlangte Parteizugehörigkeit, tat er dies mit all seiner Autorität kund. Dann konnte sich alles gratulieren, was anwesend war!

      Dann stand er aber auf, darin kannte er nichts. Prasselte mit all seinen Argumenten auf die anderen hernieder. Was in diesem Staat nicht immer auf Verständnis stieß. Doch bot der Staat den Seinen andererseits ein angemessenes Maß an Freiheit, sich zu entwickeln und den eigenen Interessen nachzugehen.

      Auch Jakob dachte inzwischen öfter darüber nach, was er mal werden wollte. Doch noch war er sich nicht sicher. Nach seiner Mutter, Barbara, hätte er beruflich nicht geraten wollen, hatte die Mutter doch Porzellanmalerin gelernt und später noch ein Studium zur Heimerzieherin absolviert. Nein, er sah sich nie so, nicht mal im Traum. Was hätte Jakob auch mit so kleinen Würmern anfangen sollen? Dieses ständige Gewusel um die Beine, von vorne und von hinten.

      Dieses: „Du, Onkel, ich muss mal, ganz dolle.“

      Außerdem müsste er sie zum Mittagsschlaf bewegen, den er selber früher schon nicht hatte leiden können. Und wie wäre es, wenn es daran ginge eine Sandburg zu bauen?

      Da wäre Jakob gerade der Richtige.

      Hierfür bräuchte er bestimmt den allermeisten Platz im Sandkasten. Die Burg wäre dann so richtig mit Zinnen, Erkern und einer hölzernen Zugbrücke. Trotzdem: Er, als Mann? Heimerzieherin? Nein, dachte er. Das geht gar nicht. Obwohl Jakob die Mutter stets bewundert hatte, mit wie viel Ruhe und Geschick sie auf sämtliche Nöte und Wünsche ihrer Zöglinge eingegangen war.

      Hatte er sie doch oft genug von der Arbeit abgeholt und geholfen, das Eingekaufte heimzutragen. Dort wiederum hatte er Barbara als gutmütige und einfühlsame, aber auch aufrichtige Löwin kennengelernt. Eine, die jeden Angriff auf ihre drei Jungen abwehrte. Zugleich noch die Fäden und Zügel in der Hand führte und von ihnen Rechenschaft für manch angestellte Dummheit oder den zu vollgenommenen Mund einforderte. Kurz und gut, zur Vollzeitarbeit im Kinderheim kümmerte sich die kleine Frau noch den ganzen Tag lang um alles. Um die vier Männer, um den Haushalt und, wenn wieder wer vergessen hatte, das Fenster zu schließen, obendrein auch noch um den Stress mit dem grünen Wellensittich. Zugegeben, das war mehr als einmal vorgekommen.

      Und Jakob konnte es beinah vor sich sehen, wie sie alle die Treppe hinunterrasten, vor und hinter das Haus stürmten und Hansi suchten, ihn einfingen und sobald als möglich wieder in den Käfig sperrten. Denn zum Glück flog er nie weiter fort, sondern saß meistens in ein und demselben Baum, der den Wohnkomplex mit weiteren begrünte und schaute von seinem Lieblingsast direkt in die Wohnung der Familie.

      Fast frech. Als wollte er sagen: „Was wollt ihr eigentlich von mir? Ich brauche auch mal Abstand von euch. Will schließlich selber mal den Blick von draußen wagen.“

      Das Einfangen dieses Vogelviechs war jedes Mal ein lautstarkes und fürchterliches Spektakel.

      Denn Hansi wollte nie so, wie sie es wollten. Zwar kam er sofort und folgsam auf den Arm, wenn man ihn rief, doch sobald man sich dem Käfig irgendwie näherte, flog er – haste nicht gesehen – zurück auf seinen Ast und schimpfte von dort aus auf alle Rufenden herab. Vollführte ein unglaubliches Gezeter! Und es war nicht ausgeschlossenen, dass sich dieser oder jener Nachbar darüber beschwerte. Aber eigentlich konnte man Hansi ja verstehen.

      Zumal es die Familie ebenfalls oft in die Natur zog. Meist an den Wochenenden oder in den Ferien. Wenn sonnabends keine Schule war und Anton frei hatte, wurde schon freitags zusammengepackt und die Fünf fuhren aufs Land. In den Garten, ihr kleines Glück. Wo sie mit der Natur auf du und du standen. Während der Vater den alten Wolga vollpackte, kam er aus dem Wundern nicht mehr heraus, wann Barbara das alles wohl vorbereitet haben mochte. ‚Wann hatte sie den Kuchen gebacken und diese köstlichen Fleischgerichte gebrutzelt?’

      Viel Zeit zum Nachdenken aber blieb nicht.

      Beengt im vollbeladenen Auto, die Töpfe zwischen die Beine genommen, die Reisetaschen auf den Knien, den Vogelkäfig ebenfalls irgendwie mit da hineingeklemmt, ging es los. Ihr Kofferraum war immer gleich zuerst voll. Der hatte schon die Wasserkanister und die Werkzeuge zu fassen und natürlich all die aufgestapelten Zementsäcke. Und oben auf dem Dachgepäckträger hatten sie Hölzer, die Rollen mit der Dachpappe und die Metallträger festgezurrt. Alles für den Bungalow.

      Ab ging es Richtung Wurzen.

      Das konnte spannend werden. So ging es dem schönen Wochenende und den auf dem Lande lebenden Freunden entgegen. Sie freuten sich auf das richtige Austoben! Jahr für Jahr. Egal wie alt sie waren, nichts war vor ihnen sicher. Man fand sie in der Sandgrube, der Schutthalde, dem nahen Freibad, auf Kletterbäumen am Bach; aber zum Essen standen sie plötzlich wieder auf der Matte. Pünktlich wie die Maurer, wie immer und ganz ohne Uhr. Die hätte man nach ihnen stellen können.

      Anton, der sich selbst aus diesem Alter noch in Erinnerung hatte, erklärte eines Tages: „Ich baue euch eine Peitsche“.

      Und in der Tat, er baute sie, fertigte für jeden seiner drei Söhne eine eigene Peitsche an. Bauen war treffend. Schließlich waren die Peitschen nichts Gewöhnliches. Eine solche bestand aus einem kurzen, selbst gedrechselten Griff mit einer Schlaufe daran, durch die auch Jakob seine Kinderhand steckte und einen festen Halt bekam. Der war unbedingt nötig, denn es schloss sich ein etwa zweieinhalb Meter langer Lederriemen an, der richtig geflochten war und nur das winzige kleine vordere Stück, diese vielleicht zwei Zentimeter, die knallten, wenn man sie durch die Luft zwirbelte, diese paar Zentimeter waren die eigentliche Peitsche.

      Jakob war ungemein stolz darauf. Die Brüder ebenso. Und die drei Jungs waren damit dauernd unterwegs. Sie knallten sie nach rechts, schwangen sie durch die Luft, dass es pfiff und knallten sie nach links.

      Und wieder und wieder, und wo sie gingen und standen und sie übten sich und knallten, bis der Schafsbock von alledem ganz fuchsteufelswild geworden war. Da war nichts mehr zu machen. Er trat in Aktion, raste auf sie zu, sie wichen ihm noch aus, rannten laut schreiend auseinander, gaben sich gegenseitig Ratschläge, aber der Bock hatte Jakob dann doch eingeholt und nahm ihn auf die Hörner. Das war vielleicht etwas und ein Hallo von allen Seiten! Sie hatten ihren Spaß und irgendwie war sowieso jeder einmal dran. Denn nichts schreckte sie wirklich. Sie legten sich sogar mit dem Bullen an.

      Ganz so toll fanden das die hier lebenden Bauern nicht.

      Natürlich gab ihr Herumschweifen gelegentlich Anlass, dass sich hier und da ein alteingesessener Bauer mit der Mistgabel bewaffnete, die Bengels mit Schimpf und Schande übergoss und sie von seiner Kuhweide oder Schafswiese vertrieb.

      „Müsst ihr Stadtgören denn auf allem reiten, was vier Beine hat? Habt ihr nichts Gescheiteres zu tun? Schert euch runter hier!“, versuchte er ihnen mit seinen Gabelzacken den Garaus zu machen. Was kein Wunder war.

      Meist gelang ihm das, Respekt hatten sie schon.

      Aber nur kurz.

      Obgleich sie ihre Peitschen zwischen die Tiere schwangen, ohne auch nur eines zu treffen, denn sie waren außerordentlich gut in Übung. Es geschah nur, weil es so schön knallte und es machte Spaß, das Hörnervieh zu locken. Gab massenhaft blaue Flecke, manchmal waren die Jungs regelrecht übersät damit. So waren sie eben, bekannt wie bunte Hunde, die Sprösslinge von Barbara und Anton. Richtige Rabauken. Später als heranwachsende Jugendliche zogen sie mit durch die Dorfdiskos, da ging es etwas anders zu, aber auch weiter hinaus bis in die umliegenden Dörfer.

      Das eine um das andere Mal saßen sie unter dem Dach der sonnenüberfluteten Terrasse ihres Bungalows, der unterdessen – im Verhältnis zu den übrigen – viel zu groß geraten war. Während die Mutter Kartoffeln schälte, war sie ganz Ohr, was die Söhne ihr anvertrauten. Oft ergab sich unter vier Augen bereits eine Lösung. Als junge Männer dann erbaten sie sich absolute Verschwiegenheit gegenüber dem Vater aus. Er brauchte nicht von Missgeschicken zu erfahren, es wäre blamabel gewesen. Irgendwie aber ging es trotzdem nicht an ihm vorbei. Die Eltern waren sich einig und die Mutter die Einzige, die Vertraute, was Frauen anging.

      „Vieles will bei den Frauen beachtet sein. Mädchen


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