Seinesgleichen. Armin Thurnher

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Seinesgleichen - Armin Thurnher


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werden.

      Ein Schelm, der beim Wort „zerschlagen“ anderes denkt. Der letzte Satz ist eine Forderung für faire mediale Wettbewerbs-Rahmenbedingungen. Mehr als einmal hatte ich die Ehre, dies hier klarzustellen und das staatliche Gewaltmonopol in Erinnerung zu rufen. Denkt man die Sache zu Ende, hat mich Klima in Wirklichkeit durch die Zitierung nicht nur hervorgehoben, sondern sogar bestärkt. In der Folge sagte er zum Beispiel: „Wettbewerb ist etwas, das Österreich verstärkt braucht, auch im Bereich der Medien!“

      D’accord, darum geht’s. Realistisch betrachtet, geht es nur mehr darum, gleiche Bedingungen für den Wettbewerb deutscher Medien im Protektorat Österreich herzustellen. Österreichische Medien wird es im Printbereich kurzfristig, im elektronischen mittelfristig nicht mehr geben. In zweiter Linie wird es darum gehen, dem österreichischen Personal eine faire Mitsprachechance zu sichern (obwohl man sich um Medienösterreicher unter Deutschen angeblich wenig Sorgen machen muss). Drittens wird es Weltmarktbedingungen brauchen, damit internationales Medienkapital gegen deutsches antreten kann. Guten Morgen, Herr Gates5. Guten Morgen, Herr Murdoch6.

      Ganz kurz habe ich den Satz des Lateiners Klima noch weitergedacht. Zerstören wollte der alte Cato Karthago. Warum wollte er das? Weil sich Rom von aufstrebenden, annähernd gleich starken Stadtstaaten im Mittelmeerraum bedroht sah: In Italien von Capua und Tarent, in Afrika vom aggressiven Karthago. Mit der karthagischen Macht wurden die anderen beiden Städte in einem Aufwischen weggefegt, ihre Bürger versklavt, ihr Eigentum verteilt. Die Basis des römische Weltreichs entstand auf den Trümmern dreier Städte. Zerstören ist Aufbauen.

      Klima hielt also ein Plädoyer für Karthago, für den Mut, etwas Neues entstehen zu lassen, Elefanten über die Alpen zu schicken. Hannibal Klima? Das hieße doch: Cato ist Dichand7, die Mediaprint Rom. Der Kanzler hat gar nicht mich gemeint. Vielmehr rief er Cato zu, er solle seine aufstrebenden Konkurrenten nicht ruinieren! Er solle ablassen von seinem destruktiven Weltmachtstreben! In Wahrheit hat der Kanzler die Mediaprint kritisiert. Für diesen Mut ist ihm zu danken.

      Er kann ja ernsthaft weder den Falter noch mich gemeint haben. Wir bauen schließlich selber auf. In unserer beharrlichen kontinuierlichen Weise haben wir es mit null Anfangskapital zu einem Verlag gebracht, der fünfzig Arbeitsplätze schafft und heuer hundert Millionen Schilling umsetzt; mit Zerschlagen allein wäre das schwerlich gegangen. Es stärkt uns aber sicher und ermuntert uns in unserer weiteren Arbeit, dass sich das offizielle Österreich hinter uns stellt!

      In diesem Zusammenhang noch eine Anmerkung. Aus der Debatte um die Dummheit von Regierenden habe ich mich herausgehalten. Nun ist es Zeit für eine kleine Fußnote. Vor kurzem fand ich folgenden Satz von Goethe: „Es sind nur wenige, die den Sinn haben und zugleich zur Tat fähig sind. Der Sinn erweitert, aber lähmt, die Tat belebt, aber beschränkt.“ In der Tat! Je sensibler, kunstsinniger, empfindlicher einer ist, desto schwerer wird er sich tun, seinen Machersinn geradlinig zum Zug kommen zu lassen. Tatmenschen müssen zumindest in dem Sinn dumm sein, als sie bei ihren Taten den Feinsinn ausblenden, um den Barbaren in sich handeln lassen zu können. Melancholisches Grübeln, saturnisches Zögern gehen mit Zupacken, mit Machen schwer zusammen.

      Es wäre ein Missverständnis, Tatmenschen deswegen für dumm zu halten: Sie folgen nicht ihrem Kunst-, sondern ihrem Machtsinn und könnten von ihrem Standpunkt aus mit gutem Recht jeden Künstler dumm nennen, was sie sich aus purer Machtintelligenz aber nicht gestatten. Genau diese Machtintelligenz blitzte in Klimas karthagisch-kathartischem Statement auf. Im Übrigen bin ich der Meinung, die Mediaprint muss zerschlagen werden.

      Falter 41/98 vom 7.10.1998

       Dr. Haiders Pressestunde

       April 1999: Der Erfolg des FPÖ-Chefs Jörg Haider8 scheint unaufhaltsam. In einer ORF-„Pressestunde“ präsentierte er sich als kommender Machthaber.

      Jetzt ist der Mann also Landeshauptmann von Kärnten und wird es bleiben. Sagt er. Niemand glaubt es ihm auch nur eine Sekunde lang. Denn es ist längst egal, was Haider sagt. Er hat schon so viel gesagt. So viel gesagt, was dem von ihm anderswo Gesagten widerspricht, dass es seine Gesprächspartner nicht einmal mehr der Mühe wert finden, es ihm vorzuhalten. Und wenn er einen Notariatsakt anlegte, dass er nichts mehr werden will: desto schlimmer für die Notare.

      Was man über ihn sagt, hat also nie den Charakter einer Bilanz, höchstens den eines Zwischenresümees. Zu oft wurde er verabschiedet, zu oft ist er wieder aufgetaucht. Eines wird bei seinem Aufstieg gern übersehen: Nicht Haider ist in die Mitte der Gesellschaft gerückt, die gesellschaftlichen Koordinaten haben sich nach rechts verschoben. Nicht dass er sich gemäßigt hätte und jetzt kein Faschist mehr wäre. Nein, er hat sich modernisiert, und die Politik ist so weit nach rechts gedriftet, dass ihr auch moderne Faschisten in höchsten Ämtern kein Skandal mehr sind. Desto schlimmer für die Politik.

      Die Politik, nicht die Gesellschaft ist nach rechts gerückt. „Die Gesellschaft“ gibt es sowieso nicht, höchstens Teilöffentlichkeiten. Wenn es so etwas wie gemeinschaftliche Einstellungen gibt, dann eher auf der Ebene von Reflex und Gespür und von Gefühlen. Das Feingefühl einer Gesellschaft beurteilt die Glaubwürdigkeit, die Intensität der politischen Leidenschaft eines Politikers ganz genau; was der dann will, ist sekundär. Haider will etwas. Das spüren die Leute und das billigen sie, denn sie sind der politischen Routineakte müde. Dass Haider die Macht will und die Demokratie gerade noch als Mittel gelten lässt, diesen Zweck zu erreichen, kümmert sie nicht. Desto schlimmer für die Demokratie.

      Wo sind sie, ihre leidenschaftlichen Verteidiger? Sie haben sich in Kaninchen verwandelt, die in der „Pressestunde“ sitzen oder „Pressestunde“ schauen. Dort drin sitzt der Doktorhaider und tut so, als wäre er ein Staatsmann, nur weil er ein Hauptmann geworden ist. Was er tut und was er sagt, waren aber immer schon zwei Paar Schuhe: „Wir werden“, sagt er, „ihnen zeigen, wie man Wohnbaupolitik macht! Die Roten haben fünfzig Jahre lang Wohnbaupolitik gemacht, dann haben sie das Wohnbauressort fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.“ Sie sitzen und sie sagen nicht: Aber in Niederösterreich, da hat die FPÖ doch schon gezeigt, wie man Wohnbaupolitik macht, unter Ihrem Bundesvorsitz, Herr Doktor Haider! Erinnern Sie sich noch an Herrn Rosenstingl?9 Haben nicht Sie diesen Herrn und andere Fürsten der Wohnbaupolitik fallen lassen wie eine heiße Kartoffel?

      Niemand sagt es. Desto schlimmer für die Journalisten.

      Der Doktor Haider kündigt noch vieles an. Er pfeift zwar auf die EU, wird aber alle EU-Mechanismen nützen, um den Bund zur Raison zu bringen. Überhaupt alle demokratischen Mechanismen. Es gebe nämlich, erklärt Doktor Haider, ein einfaches demokratisches Prinzip in der EU: „Ober sticht Unter.“ Und das gefällt ihm, denn er ist jetzt Ober. Und wenn er wo mal Unter ist, dann erklärt er sich einfach zum Trumpf. Dann sticht halt Unter Ober. So sind sie, das Leben, das Kartenspiel und die Politik.

      Und, wie gesagt, die Demokratie. Medien, heißt es, gehören auch dazu. Manche bekommen Presseförderung, damit sie ihr demokratisches Geschäft, die Bürgerschaft unabhängig zu informieren, besser erfüllen können. Daran kann man vieles kritisieren, dass hier die Falschen und auch die Reichen gefördert werden, dass nur Tageszeitungen viel Geld kriegen und so weiter. Doktor Haider sieht das pragmatischer. „Wenn Medien den Kinderscheck“ - sein teures Wahlzuckerl - „nicht unterstützen, werden wir uns bei der Presseförderung etwas einfallen lassen! Sie können ruhig gegen mich schreiben, aber sie brauchen nicht Mittel meines Landes dafür zu verwenden.“ Wer zahlt, schafft an. Dagegen immerhin meldete ein Diskutant, Profil-Chef Christian Rainer, Widerspruch an. Da wurde Haider deutlich. Er halte es für falsch, dass Bundeskanzler und Landeshauptmann „in die Redaktionsstuben hineinfördern“. Vor allem, wenn sie nichts herausbekommen. Lieber rede er, Haider, über Arbeitsplatzförderung. Und er halte es für „obszön, wenn Journalisten 250.000 Schilling verdienen und Kindern 5000 Schilling vorenthalten werden sollen“.

      Abgesehen davon, dass Haider selbst obszön viel verdient und obszön viel davon der Steuer und damit den Kindern vorenthält, abgesehen davon, dass die Idee, statt Presseförderung Arbeitsplatzförderung zu setzen, nur den Konzernen nützen würde, abgesehen von der demagogischen


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