Die Suche nach den gestohlenen Ponys. Eva Gerth
Читать онлайн книгу.wieder auf seine abwechslungsreichen Reitstunden.
Martin ist 24 Jahre alt, hat braunes gewelltes Haar und ein sportliches Aussehen. Sein Mund wirkt, als würde er immer ein wenig lächeln. Ja, er ist eine wahre Frohnatur, was sich positiv auf Kind und Pony auswirkt. Antje, Julius und auch Nicole haben ihn gleich vom ersten Tag an ins Herz geschlossen.
Martin ist seit ungefähr drei Jahren bei den Schulze-Beckers und kennt jedes Pony. Wenn neue Reitschüler kommen, spricht er erst mal in aller Ruhe mit den Kindern, um ihren Charakter kennenzulernen. Dann entscheidet er, für wen welches Pony am besten geeignet ist. Und was soll man sagen, er hat immer die richtige Wahl getroffen. Das ist wohl auch ein Grund, weshalb die meisten Kinder jedes Jahr wiederkommen.
„Es sind ja gerade Ferien, da würde ich Ihnen gerne helfen“, bietet Helene an. „Die Arbeit im Stall und mit den Ponys macht mir Spaß. Und was kann einem Besseres passieren, als auf einem Reiterhof Ferien machen zu dürfen“, bekräftigt sie ihr Angebot.
„Ich könnte ebenfalls mithelfen“, sagt nun auch Gideon.
Antjes Blick fällt erst auf Helene und wandert dann zu Gideon. „Das würdet ihr wirklich machen?“ Antje schaut die beiden ganz gerührt an.
Wie aus einem Mund antworten die beiden: „Klaro!“ und müssen dann lauthals über ihre Zwillingsantwort lachen.
Julius Laune scheint sich wieder zu bessern: „Das wäre wirklich eine große Hilfe für uns. Als Gegenleistung können wir euch aber nur anbieten, dass ihr mit den Ponys ausreiten dürft.“
„Wir legen gleich los. Sagen sie uns, was wir machen sollen“, möchte Gideon nun voller Elan wissen.
„Ihr könnt gerne nach der Reitstunde helfen, die Ponys abzusatteln und den kleinen Kindern zeigen, wie die Ponys gestriegelt und wie die Boxen saubergemacht werden. Das hat sonst immer Ede gemacht.“
„Geht in Ordnung, Frau Schulze-Becker“, meint Helene.
Nachdem alles geklärt ist und alle vollkommen satt sind, fragt Antje ihre Tochter, ob sie ihr helfen könnte. Der Tierarzt würde bald kommen, um die trächtige Stute Cindy zu untersuchen. Jetzt so kurz vor der Geburt hatten sie Cindy in einer größeren Box am Ende des Stalls untergebracht, wo es nicht so hektisch zugeht. „Ich könnte deine Hilfe gut gebrauchen. Du weißt doch, wie nervös Cindy immer ist, wenn der Tierarzt kommt. Und gerade jetzt, wo sie doch bald ein Fohlen erwartet. In deiner Nähe ist sie immer ganz entspannt.“
„Ich bin dabei“, antwortet Nicole. „Allerdings muss ich erst noch Horsti versorgen.“
„Geh du ruhig mit, ich kümmere mich schon um Horsti“, erklärt Helene Nicole.
„Ist das auch wirklich okay für dich?“
„Na klar, ich habe doch Zeit und außerdem macht es mir echt Spaß.“
„Ich kann dir dabei helfen“, bietet sich Gideon an.
„Schön. Wenn du Zeit hast …“ ‚Jetzt bloß nicht rot werden‘, denkt sich Helene und freut sich über Gideons Angebot.
„Ich habe heute eigentlich nichts mehr vor. Aber wenn wir fertig sind und Nicole auch wieder da ist, was haltet ihr dann von einer Runde Schwimmen im See? Eine kleine Abkühlung wäre bei dem heißen Wetter bestimmt nicht schlecht.“
„Supi, finde ich toll. Was meinst du Helene, hast du Lust?“
„Ich bin dabei“, erklärt Helene und fragt: „Euer Pony bekommt ein Fohlen?“
„Ja, es kann jeden Tag so weit sein. Aber es geht ihr nicht so gut, es liegt wohl an der Hitze“, beantwortet Nicoles Vater die Frage.
„Ich bin auch schon völlig aufgeregt, denn es ist ihr erstes Fohlen und ich möchte unbedingt dabei sein. Vielleicht kann Doktor Berger heute endlich sagen, wann wir mit der Geburt rechnen können. Dann werde ich im Stall schlafen, um die Geburt mitzubekommen.“
„Wow, echt super. Das würde ich auch gerne mal sehen“, meint Helene.
„Wir könnten ja zusammen aufpassen“, erwidert Nicole. „Das macht eh mehr Spaß, als allein im Stroh zu schlafen. Dürfen Helene und ich gemeinsam bei Cindy schlafen, Mami, biiiiiitte.“
„Wenn Nette nichts dagegen hat, es sind ja Ferien.“
„Bestimmt nicht, meine Mutter weiß doch, wie sehr ich Pferde liebe.“
„Dann kannst du sie ja heute Abend fragen.“
„So, ich muss dann wieder los“, sagt Julius und steht vom Tisch auf. Er hat noch einige Erledigungen in der Stadt zu machen und muss die zehn Kilometer bis nach Greven mit dem Auto fahren. An der Tür setzt er sein Käppi auf und verabschiedet sich von den anderen. Julius hat eigentlich dunkle Harre, aber so allmählich werden die ersten Haare grau. Deshalb setzt er auch immer ein Käppi auf, wenn er raus geht. Am wohlsten fühlt er sich auch in seiner alten verwaschenen Jeans. Dazu trägt er am liebsten ein Cowboyhemd. Mit seinen 55 Jahren hat er noch eine sehr durchtrainierte Figur, was wohl von der vielen Landarbeit kommt.
Als von draußen der Wagen zu hören ist, sieht Antje aus dem Fenster und wendet sich an ihre Tochter: „Und da kommt auch schon Doktor Berger.“
„Ich bin so weit“, meint Nicole und verabschiedet sich von Gideon und Helene. „Dann bis später.“
„Bis später“, meinen Gideon und Helene und sehen den beiden nach.
„Okay, dann lass uns zu den Pferden gehen.“
„Weißt du denn, wo wir alles zum Saubermachen finden, Gideon?“
„Klar, ich bin ja schon öfters hier gewesen und habe im Stall geholfen.“ Und so machen sich die beiden auf zum Stall.
GEFÜHLSCHAOS
Während Nicole mit ihrer Mutter den Tierarzt begrüßt und zum Stall von Cindy führt, schaut sie Gideon und Helene nach.
Als Gideon und Helene den Stall betreten stehen sie einen kurzen Moment still da.
Gideon bricht das Schweigen und macht Helene den Vorschlag, dass sie die Aufgaben aufteilen: „Ich kümmere mich um Horsti und die linken Boxen von ihm und du dich um Blacky und die rechten Boxen von ihm. Ist das in Ordnung für dich?“
„Sicher, geht klar.“
Dann machen sich beide an die Arbeit. Gideon zeigt Helene, wo sie alles findet. Ein bisschen kennt sie sich ja schon vom Vormittag aus, sodass die Arbeit zügig vorangeht. Sie misten die Boxen aus, reinigen die Futtertröge, bringen das schmutzige Stroh mit dem großen Karren nach draußen, füllen Futter und Wasser nach. Anschließend legen sie frisches Stroh in den Boxen aus. Während der Arbeit sprechen beide wenig miteinander und hängen ihren Gedanken nach.
Hin und wieder wirft Gideon beim Vorbeigehen einen verstohlenen Blick auf Helene, die das gar nicht zu bemerken scheint. Er ertappt sich dabei, dass er ihr Gesicht bewundert, ihre schönen blauen Augen und ihre Haare. Wenn Helene ihn anlächelt, bekommt er ein flaues Gefühl im Bauch. Auch Helenes Gedanken kehren immer wieder zu Gideon zurück. Als er an der Box, die sie gerade ausmistet, vorbeikommt und ihr einen verstohlenen Blick zuwirft, kann sie nicht anders und muss lächeln.
Und so arbeiten sich beide von Box zu Box. Als Gideon seine letzte karre Mist fortgeschafft hat, geht er zu Helene: „Kann ich dir helfen? Ich bin schon fertig.“
Helene kreischt vor Schreck kurz auf. Sie hat Gideon gar nicht kommen gehört, weil sie mit ihren Gedanken wieder völlig woanders war, ausgerechnet bei Gideon. Sie will sich zu ihm umdrehen und stolpert über den Strohballen, den Gideon ihr schon dort hingelegt hat. Bei dem Versuch, sich noch irgendwie zu retten, verliert Helene den Halt. Um ein Haar wäre sie auch noch in den Misteimer gefallen, wenn nicht Gideon in letzter Sekunde sie am Arm gepackt und zu sich gezogen hätte, um sie aufzufangen.
Allerdings stürzen bei dieser Aktion beide in den Strohballen. Helene liegt in Gideons Armen und schaut ihn verdutzt an. Dann fangen beide gleichzeitig herzhaft