Das Engel-Prinzip. Paul Eichendorff

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Das Engel-Prinzip - Paul Eichendorff


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und Dienstgeister, die dem Menschen Botschaften bringen, um ihm auf den richtigen Weg zu helfen. Die sogenannten Dakinis kommen dabei unseren »westlichen« Vorstellungen von Engeln am nächsten.

      Im jüdischen Glauben und im Christentum haben Engel natürlich ebenfalls einen festen Platz. Eine Bibelkonkordanz formuliert das Wesen und Wirken der biblischen Engel folgendermaßen: »Engel sind Wesen, die bei Gott leben und ihm dienen. Sie sind seine Boten und begleiten Menschen in Schwierigkeiten, sie kündigen Ereignisse an und richten Verheißungen Gottes aus. Der Ausdruck ›Engel des Herrn‹ kann entweder einen Boten Gottes bezeichnen oder an einigen Stellen sogar Gott selbst, der sich in menschlicher Art und Weise offenbart.«

      Auch in der Bibel sind also die Engel Diener und Boten Gottes. So steht etwa im Hebräerbrief: Alle Engel sind Wesen, die Gott dienen. Er sendet sie aus, damit sie allen helfen (…)

      Welchen hohen Stellenwert die Engel für Juden und Christen außerdem gemeinsam haben, wird in einem Abschnitt der Apostelgeschichte deutlich, in dem auf eine der bedeutendsten Passagen des Alten Testaments Bezug genommen wird, nämlich der Übermittlung der Zehn Gebote. Dort heißt es:

       »Mose wurde zum Vermittler zwischen unserem Volk und dem Engel, der ihm auf dem Berg Sinai das Gesetz Gottes gab. Mose sollte uns Gottes Gebote übermitteln, die allen das Leben bringen.«

      Das bedeutet, dass Gott selbst also einen Engel benutzt, um seine fürsorgliche Weisheit – Synonym für das Leben! – zu uns, den Menschen, zu tragen, die diese wiederum an andere weitergeben sollen. Das ist ein sehr interessanter Aspekt, der später in diesem Buch noch überaus wichtig werden soll. Halten wir aber zunächst fest, worin sich die Überlieferungen einig sind:

      Engel sind also Diener Gottes, sie sind offensichtlich dazu da, eine Verbindung zwischen der großen Schöpfungsordnung und uns Menschen zu schaffen. Sie sind Boten einer wundervollen und herrlichen Wahrheit und Weisheit, die sich uns aus eigener Kraft kaum erschließen würde, sie sind »Vermittler des Lebens«.

      Und dabei ist ihre spezielle Aufgabe offensichtlich, uns beizustehen, zu helfen und uns immer wieder Orientierung und Wegweisung zu schenken.

      Mal ehrlich, wenn wir das ernst nehmen, lässt das eigentlich nur den Schluss zu, dass wir ohne die Hilfe der Engel auf unserer Lebensreise wahrscheinlich ganz schön »verloren« und »verirrt« wären. Diese misslichen Umstände kennen ja nur allzu viele Menschen – zu denen ich mich auch selbst zähle – aus ihrem eigenen Leben ganz gut.

      Eine weitere Bibelstelle aus dem Alten Testament illustriert das Ausmaß engelhafter Wegweisung ebenfalls sehr schön. Gott selbst kommt hier zu Wort und verspricht seinen Leuten ganz offen:

      »Ich werde einen Engel vor euch her senden, der euch auf dem Weg bewahrt und in das versprochene Land bringt« (2. Mose, 23, 20).

      Die Engel umgeben uns. Sie gehen vor uns her. Sie bewahren uns und führen uns ans Ziel. Und sie tauchen immer wieder auf, wenn es wirklich ungemütlich wird. Unsichtbar, aber doch spürbar.

      Und sie wollen uns tatsächlich nur Gutes!

      Wie könnten wir diese himmlischen Wesen unter diesen Voraussetzungen wohl nicht als persönliche Hoffnungsträger ins Herz schließen? Wie könnten wir sie nicht akzeptieren? Wie könnten wir es ablehnen, ihnen den Platz einzuräumen, den sie verdienen? Und wo, um Himmels Willen, außer in der Person Jesus Christus, sollten wir wohl bessere »Helden« finden, als in ihren geflügelten Reihen?

      Wer könnte denn ein besseres Vorbild sein, als ein selbstloser, wohlmeinender, hilfsbereiter, von Gott persönlich eingesetzter und autorisierter Engel?

      Mir fällt niemand ein.

      Aber was hat das denn nun eigentlich mit der Frage zu tun, die dieses Buch stellt? Die lautet ja: Wie können wir eigentlich das Leben lieben?

      Wir nähern uns der Antwort mit sorgfältigen und kleinen Schritten. Und stoßen bei der Suche nach jemandem, der uns die Lebensliebe vorlebt, wieder und wieder auf die Spezies der Engel. Sie eine Weile zu studieren und ihr Lebensprinzip zu verstehen, wird uns auf den Weg bringen, an dessen Ende die Antwort auf uns wartet.

      Wir stellen also fest: Mal abgesehen von einigen abgefallenen und rebellischen Engeln, die ja interessanterweise ebenfalls in allen heiligen Schriften Erwähnung finden und sicher das genaue Gegenteil von geeigneten Vorbildern abgeben (weil sie laut Überlieferung unsere eigenen, zutiefst menschlichen Dummheiten ja eher noch auf die Spitze treiben), gibt es auf der ganzen Welt wohl keine besseren Vorbilder als jene guten Engel, um die es uns hier im Folgenden ausschließlich gehen soll: Sie tun und bewirken Gutes. Sie begegnen den Menschen in einer Haltung aus Demut und Liebe. Sie dienen, ohne etwas dafür zu erwarten. Sie ruhen in sich selbst, weil sie ihre Bestimmung kennen.

      Sind sie damit nicht das genaue Gegenteil von dem, was wir in Kapitel 1 als negatives »Leistungsprinzip der Welt« erkannt haben?

      Engel müssen scheinbar niemandem etwas beweisen und sie müssen nichts für sich haben, weil sie einfach »sind« und dabei schon »sie selbst sind«. Sie müssen auch keinem Schönheitsideal entsprechen, weil ihre Schönheit sich schon in ihrem Wesen findet. Engel wissen einfach, wer sie sind. Und sie lieben das Leben offensichtlich so sehr, dass sie ihr ganzes Streben darauf ausrichten, andere am Glanz ihrer himmlischen Erkenntnisse teilhaben zu lassen. Man könnte es auch so sagen: Engel gehen völlig in ihrem Job auf! Und der Job eines Engels ist ganz einfach, er selbst zu sein. Wie das geht? Erfahren wir etwas später. Akzeptieren wir diese wunderbaren Wesen für den Moment einfach als die besten Vorbilder, die wir uns vorstellen können.

      * * *

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