Alfi, der Chaot. Inken Weiand
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 9783865067128
© 2014 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers
Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers
Titelmotiv und Innenillustrationen: Inken Weiand
Satz: Brendow Web & Print, Moers
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014
Donnerstag, 26.2.
Hi ihr! Wenn ich mich mal kurz vorstellen darf: Ich bin Alfi, der Chaot. Um es gleich zu sagen: Ich bin ein ziemlicher Loser. Loser nicht wie Schraube lose, sondern wie “ Loser” – Verlierer, Katastrophenanzieher, ewiger Lächerlichmacher. Wie ich eben.
Meine Eltern haben mir diese Kladde gegeben. Darin soll ich für die Schule üben oder Tagebuch schreiben – typisch elterliche Beschäftigungstherapien, wie jeder zugeben wird. Ich habe nach reiflicher Überlegung beschlossen, dass Tagebuch schreiben das kleinere Übel ist.
Also erkläre ich die Kladde hiermit zum Tagebuch und schreibe hinein.
Freitag, 27.2.
Wozu mir einfällt: Ich müsste auch meine Sippe mal vorstellen.
Das gehört sich doch wohl so.
Also: Das rechts ist meine Ma. Sie ist ein absoluter Hammer.
Sie programmiert beruflich – als Frau. Und sie kann nicht nur den Kochlöffel, sondern noch viel besser Schlagbohrer und Dübel und Kreissägen bedienen. Und Hämmer natürlich.
Das links ist mein Pa. Der ist handwerklich genauso unbegabt wie ich. Nur, dass er ansonsten ein ziemlicher Freak ist. Er ist Prediger bei uns in der Gemeinde und nebenbei noch Relilehrer. Zum Glück nicht an meiner Schule.
Und dann haben wir noch meine Schwester Betti, hier künstlerisch wertvoll in der Mitte dargestellt. Sie hat schon diverse Reitwettbewerbe gewonnen und schreibt in der Schule eine Eins nach der anderen. Genie pur, würde ich mal sagen. Leider an meiner Schule.
Ich hingegen? Ich habe leider heute mal wieder eine Sechs im Vokabeltest zurückbekommen. Schade auch.
Samstag, 28.2.
Hab heut mal wieder eine meiner typischen Losernummern abgeliefert. Ich bin gerade dabei, zu spielen, ich sei ein Gitarrensuperstar – auf dem Schreibtisch, mit Gitarre ausgestöpselt, damit meine Eltern nichts mitbekommen -da fängt meine Ma an zu bohren.
Nichts Ungewöhnliches übrigens. Meine Ma liebt Heimwerkertätigkeiten aller Art.
Nach einer Weile ruft Ma nach mir.
Schon ungewöhnlicher.
Ich also noch schnell meinen Song zu Ende gerappt, unendlichen, ekstatischen Applaus meiner unsichtbaren Fans entgegengenommen, vom Tisch geklettert, Gitarre weggelegt.
Währenddessen ruft Ma geschätzte zwanzigmal weiter.
Ich schlurfe also zu ihr hin. Sie steht auf der Leiter, in der einen Hand eine Lampe, in der anderen den Bohrer. Sie fragt, warum ich so trödele.
Ich sage, ich trödele nicht.
Doch.
Nein.
Doch.
Na ja. Irgendwann sieht sie wohl ein, wie fruchtlos die Debatte ist. Sie bittet mich dann, die großen Hohlraumdübel vom Küchentisch zu holen.
Ich gehe also in die Küche. Auf dem Tisch liegt ein ganzes Sammelsurium von Zeug. Ich habe natürlich keine Ahnung, wie Hohlraumdübel aussehen. Erst recht nicht, wie große Hohlraumdübel aussehen.
Ich greife also irgend so ein Päckchen und bringe es Ma vorbei.
Ma: “ Das sind Wandhaken, Alfi! Bring mir die Hohlraumdübel!“
Ich schlurfe langsam zurück, lege die Wandhaken wieder hin und schnappe mir das nächste Päckchen. Eile in gesteigertem Tempo wieder zu Ma zurück.
Ma: “ DIE HOHLRAUMDÜBEL!“
Ich wieder zurück in die Küche. Ich habe echt keine Lust, noch lauter angeschrien zu werden, und versuche nun also, die Inschriften zu entziffern, die auf den Kästchen stehen. Nicht einfach übrigens. Winzig klein und zum Teil zerrissen.
Schließlich nehme ich alle Kästchen, auf denen keine Inschrift ist, mit.
Ma: “ WO BLEIBST DU DENN?“
Ich: “ Welches sind die Hohlraumdübel?“
Ma: “ Reich mir einen an. In dem blauen Kästchen!“
Ich versuche, gleichzeitig das blaue Kästchen zu öffnen, die anderen – ungefähr zwanzig – Kästchen festzuhalten, eines von den seltsamen ufoartigen Teilen herauszunehmen und Ma anzureichen, die, wie bereits gesagt oben auf der Leiter steht.
Die Sache geht schief.
Na ja, war ja nicht anders zu erwarten. Immerhin fällt Ma nicht von der Leiter. Hey, Gott, wofür hast du eigentlich so etwas wie Hohlraumdübel erfunden?
Sonntag, 1.3.
Einer jener Tage, an denen man sich fragt, wozu es eigentlich Sonntage gibt. Morgens bin ich viel zu früh aus dem Bett gejagt worden, dann hatte ich noch nicht einmal mehr Zeit, ordentlich zu frühstücken vor der Kirche.
Anschließend hatte ich eine Debatte mit den Eltern über den Sinn des Kirchgangs. Pa meinte, er diene als geistliche Nahrung für die Woche und ließ mein Argument nicht gelten, ich wolle mir stattdessen körperliche Nahrung für den Tag zuführen.
Ma meinte, der Gottesdienst sei zur Ermutigung gedacht. Na ja. Siehe unten.
Ich begab mich also mit meiner Sippe zur Kirche. Für den Kindergottesdienst bin ich eindeutig zu erwachsen, habe einfach keine Lust auf Liedchen und, Gott hat dich lieb, immer, immer, immer’ und Bildermalen. Obwohl mich die alte KiGo-Tante ja noch jeden Sonntag fragt, ob ich nicht zu den Kindern kommen will.
Heute wäre ich mal besser dorthin gegangen übrigens. Na, zu spät.
Der