Beverly Malibu. Katherine V. Forrest
Читать онлайн книгу.Schnur. Ich habe nichts angerührt, nichts weiter gemacht – ich bin einfach hinausgegangen. Inzwischen hatte ich große Angst.«
»Das wäre wohl jedem so gegangen«, murmelte Kate. Sie fragte: »Was Sie gesehen haben – haben Sie einem der anderen Mieter gegenüber irgendwelche Einzelheiten erwähnt?«
»Nur dass er tot war, dass jemand ihm etwas Furchtbares angetan hat. Mehr nicht.«
»Paula«, meldete Taylor sich zu Wort, »haben Sie einen Blick in die anderen Räume geworfen, während Sie in der Wohnung waren?«
»Nein«, antwortete sie. Ihre Augen weiteten sich, ein fast unmerkliches Zittern durchlief ihren zierlichen Körper. »Meinen Sie damit, dass vielleicht noch jemand … dass jemand …«
»Nicht sehr wahrscheinlich«, beruhigte Kate. »Die Tür stand offen. Ein Verbrecher, der sich noch in der Wohnung aufgehalten hätte, hätte normalerweise die Tür geschlossen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.« Sie fragte: »Sind Sie früher schon mal in Mr. Sinclairs Wohnung gewesen?«
»Selten. Am Vierten Juli hat er für alle eine Party gegeben – ich fühlte mich verpflichtet, kurz vorbeizuschauen. Ich glaube, das war das letzte Mal.«
Kate machte sich eine Notiz über die Feindseligkeit, die in der Antwort angeklungen war, und probierte ihr Glück mit einer Frage, die alle Möglichkeiten offen ließ: »Was können Sie uns über Mr. Sinclair erzählen?«
»Was wollen Sie wissen?«
Kate unterdrückte ein Lächeln. So viel zu Paula Grants Bereitschaft, freiwillig mit Informationen herauszurücken. »Wie lange haben Sie ihn gekannt?«
Paula nippte an ihrem Drink und sah nachdenklich zu Aimee, die offenbar gerade entschieden hatte, dass sie genug zu dieser Befragung beigetragen hatte. Sie erhob sich vom Sofa und begann im Zimmer herumzuwandern, die Hände in den Taschen ihrer schwarzen Hose vergraben. Paula sagte: »Ich lebe hier seit Anfang 1963. Owen ist später eingezogen – ich weiß nicht mehr genau wann, vielleicht ein oder zwei Jahre später. Nach so vielen Jahren ist es schwer, sich genau zu erinnern.«
»Haben Sie immer Tür an Tür mit ihm gewohnt?«, fragte Taylor.
»Ich hatte für kurze Zeit eine Wohnung im ersten Stock. Dann habe ich die nächsten neunzehn Jahre gemeinsam mit Alice Goldstein in dieser größeren Wohnung gelebt. Bis zu Alices Tod vor fünf Jahren.« Sie hatte sich bei ihrer Antwort an Kate gewandt und mit flacher, ausdrucksloser Stimme gesprochen, die weitere Fragen verbot.
Kate war sicher, dass Taylor Paulas verschlossene Miene, ihren distanzierten Ton und die Vermeidung beschönigender Bezeichnungen wie Freundin oder Mitbewohnerin für Alice Goldstein bemerkt hatte. Sie lenkte das Gespräch in andere Bahnen. »Sie haben von dem Walla gesprochen, das Mr. Sinclair mit seiner Musik geschaffen hat. Hat der Lärm Sie nicht gestört? Haben Sie sich nie darüber beschwert?«
Paula richtete sich auf, deutlich provoziert durch die Frage. »Natürlich hat es mich gestört, und natürlich habe ich mich darüber beschwert. Glauben Sie, ich verbringe mein Leben im Koma? Beschwerden waren nutzlos – egal ob bei ihm oder bei Hazel. Hazel Turner«, erklärte sie mit eisiger Stimme, »die Hausbesitzerin.«
»Sie meinen, Sie haben die laute Musik vierundzwanzig Jahre lang ertragen?«, fragte Taylor ungläubig.
»Natürlich nicht. Erst seit Einführung der Mietpreisbindung. Zu jenem Zeitpunkt hat Owen Sinclair erkannt, dass er beruhigt jede Form von Rücksichtnahme aufgeben konnte.«
In beißendem Ton fuhr Paula fort: »Ich selbst, Maxine in der Wohnung gegenüber, Mildred unter uns – er wusste, dass es für uns alle eine enorme finanzielle Belastung bedeuten würde, hier auszuziehen. Und was Hazel angeht – sie weiß, dass sie wesentlich höhere Mieten für die Wohnungen verlangen kann, wenn wir ausziehen.«
Noch so ein Menschenschinder, dachte Kate. Offenbar war Sinclair einer von diesen despotischen Typen gewesen, die jedes bisschen Macht, das sie in die Finger bekamen, missbrauchten. »Haben Sie je daran gedacht, die Polizei zu rufen?«, fragte sie.
»Mildred hat es getan. Einmal. Deren Kommentar war sinngemäß, wir seien einfach ein Haufen überdrehte alte Jungfern.«
Kate war so empört, dass es ihr die Sprache verschlug. Taylor meinte: »Sie sagten, Sie sind um fünf vor sechs aufgebrochen, um essen zu gehen.«
»Nicht direkt zum Essen. Wir wollten erst noch Verwandte besuchen.«
Kate, die sich wieder gefasst hatte, sagte: »Wenn Sie Ihre Wohnung verlassen, benutzen Sie dann normalerweise die Vorder- oder die Hintertreppe?«
»Die Vordertreppe natürlich. Ich benutze die Hintertreppe lediglich, um in die Waschküche hinunterzugehen.«
»Als Sie in Mr. Sinclairs Apartment kamen, haben Sie vielleicht irgendeinen besonderen Geruch wahrgenommen?«
Paula dachte nach. »Nichts Ungewöhnliches.«
»Nur seinen stinkigen Zigarrenrauch«, warf Aimee ein.
»Paula«, sagte Kate, »können Sie uns irgendetwas über Mr. Sinclair sagen, das dazu beitragen könnte, seinen Mörder zu finden?«
»Ich schätze, Sie meinen, ob ich Ihnen etwas über seine Feinde sagen kann.« Sie zuckte die Achseln. »Er hatte eine ganze Menge davon – einfach weil er der Mann war, der er war.« Wieder zuckte sie die Achseln. »Ich selbst habe ihm sehnlichst den Tod gewünscht. Aber ich kenne niemanden, der … oder die so etwas tun würde. Ich glaube, wir alle denken manchmal, dass wir jemanden umbringen könnten. Aber wir tun es nicht.«
»Einige tun es«, sagte Taylor trocken und machte sich Notizen.
»Ich kenne niemanden, dem ich es zutrauen würde«, sagte Paula. »Aber offensichtlich hat ihm das jemand angetan, den er gut kannte.«
»Wie kommen Sie darauf?«, fragte Taylor fast gelangweilt, aber Kate wusste es besser. Sie wusste genau, dass er bei dieser Befragung eine ganz bestimmte Fährte verfolgte.
»Irgendjemand muss ihm die Handschellen angelegt und das Telefonkabel durchgeschnitten haben. Aber es wurde nicht eingebrochen. Also muss Owen jemandem die Tür geöffnet haben, den er kannte.«
Weder Taylor noch Kate antworteten darauf. Es gab genügend Einbruchsmethoden, bei denen man nicht unbedingt mit roher Gewalt vorgehen musste, aber derlei Erwägungen mussten in diesem frühen Ermittlungsstadium zwischen ihr und Taylor bleiben.
»Haben Sie gehört, ob jemand an seine Tür geklopft hat?«, fragte Kate.
»Nein, aber er hat eine Klingel. Und mein Fernseher lief, Aimee hat sich heute Nachmittag ein ziemlich lautes Footballspiel angesehen.«
»Wann haben Sie Mr. Sinclair das letzte Mal lebend gesehen?«, fragte Taylor.
»Wie alle anderen – auf der Feier.«
»Feier?«, wiederholte Kate, die sich an die Hinweise auf eine Festivität im Gemeinschaftsraum erinnerte.
»Hazels Thanksgiving-Treffen. Die meisten Mieter, die heute zu Hause waren, haben zumindest kurz reingeschaut. Auch Owen.«
»Wie lange waren Sie auf der Feier?«, erkundigte sich Taylor.
»Ich bin mir nicht sicher. Ich habe mich eine Weile mit Dorothy Brennan unterhalten – sie wohnt erst seit knapp einem Jahr hier.« Paula sah zu Aimee hinüber. »Was schätzt du, wie lange wir unten waren, Liebes?«
Aimee lehnte an der gegenüberliegenden Wand, die Arme über der Brust verschränkt. »Ich habe fast die ganze erste Halbzeit des Spiels unten gesehen. Ich würde sagen, ungefähr eineinhalb Stunden.«
»War Mr. Sinclair während dieser Zeit auch anwesend?«, fragte Kate.
»Ich kann mich nicht mehr erinnern«, sagte Aimee. »Ich habe versucht, ihn zu ignorieren.«
Paula schloss die Augen und konzentrierte sich. »Er kam, als wir schon da waren. Und er verließ die Feier vor uns. Ich erinnere mich jetzt – er fühlte sich wieder nicht