Achtsamkeit, Meditation & Psychotherapie. Chogyam Trungpa

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Achtsamkeit, Meditation & Psychotherapie - Chogyam Trungpa


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von Tohuwabohu. Deswegen heißt sie Shamatha – friedliches Verweilen.

      Das ist also das erste Stadium beim Lernen: zu lernen, wie man lernt. Das ist der erste Schritt. Zuerst nimmt man die grundlegende Idee des Ego auseinander, dieses Festhaltens an der Neurose. Darüber hinaus gibt es dann die Praxis, die als vipashyana bekannt ist – was wörtlich „Einsicht“ bedeutet. Einsicht bedeutet hier, die Dinge zu sehen, wie sie sind – ihnen keine Gier9 oder Aggression überzustülpen. Nun fangen wir an, die Meditations-Anlage zu verlassen und zu untersuchen, wie wir mit unserer Welt umgehen.

      Wir sollten anfangen zu lernen, diese Welt zu bejahen, diesen Planeten, auf dem wir leben. Wir sollten erkennen, dass in dem, was wir sehen, keinerlei Gier, Aggression oder Ignorierenwollen existiert. Wir fangen an, indem wir achtsam werden auf unsere Schritte, während wir gehen. Dann fangen wir an zu erleben, dass es heilig ist, wenn wir uns die Haare kämmen und uns anziehen. Einkaufen, ans Telefon gehen, tippen, in der Fabrik arbeiten, zur Schule gehen, der Umgang mit unseren Eltern und Kindern, zu einer Beerdigung gehen, sich an der Rezeption der Geburtshilfe im Krankenhaus anmelden … was immer wir tun, ist heilig. Wir entwickeln diese Einstellung, indem wir die Dinge sehen, wie sie sind, indem wir auf die Energie der jeweiligen Situation achten und indem wir von unserer Welt keine besondere Unterhaltung erwarten. Es geht darum, einfach da zu sein, natürlich zu sein und immer achtsam auf alles, was sich in unserem Alltag abspielt.

      Das entwickelt sich aus der Shamatha-Meditation ganz natürlich. Meditation im Sitzen ist wie Duschen. Vipashyana oder Bewusstheitspraxis ist wie das anschließende Abtrocknen und Sichanziehen.

      Unsere Reise, unser Lernprozess hat also zwei Aspekte: Es gibt das Lernen durch die Meditation im Sitzen und das Lernen durch die Erfahrungen des Lebens. Und es ist überhaupt kein Problem, beides unter einen Hut zu bringen. Es ist, wie ein Paar Augen zu haben und dann eine Brille aufzusetzen. Es ist dasselbe.

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      Das grundlegend Gute entdecken

      Ein Großteil des Chaos in der Welt rührt daher, dass die Menschen sich nicht leiden können. Weil sie sich selber gegenüber nie Wohlwollen oder Freundlichkeit entwickelt haben, finden sie in ihrem Seelenleben keine Harmonie und keinen Frieden, und dieses Disharmonische und Konfuse übertragen sie dann auch auf andere. Statt uns am Leben zu freuen, nehmen wir unsere Existenz oft als selbstverständlich hin oder finden sie deprimierend und mühsam. Manche drohen mit Selbstmord, weil sie das Gefühl haben, das Leben gibt ihnen nicht, was ihnen zusteht. Sie erpressen andere mit Selbstmorddrohungen und sagen, sie bringen sich um, wenn sich dies oder das nicht ändert. Sicher sollten wir unser Leben ernst nehmen, aber das bedeutet nicht, sich an den Rand des Wahnsinns zu treiben, indem man über seine Probleme klagt oder Hass auf die Welt schürt. Wir müssen persönlich Verantwortung dafür übernehmen, aus unserem Leben etwas zu machen.

      Wenn man sich nicht bestraft oder verdammt, wenn man sich mehr entspannt und Körper und Geist zu schätzen beginnt, dann kommt man mit der elementaren Idee des grundlegend Guten in sich in Berührung. Es ist also enorm wichtig, dass man bereit ist, sich für sich selbst zu öffnen. Wer sich selbst gegenüber Sanftheit entwickelt, wird fähig, sowohl die eigenen Probleme als auch das eigene Potential genau wahrzunehmen. Man fühlt sich nicht gezwungen, Probleme zu ignorieren oder sein Potential aufzubauschen. Eine solche Sanftheit gegenüber sich selbst und ein solches Anerkennen seiner Selbst ist dringend notwendig. Sie liefern die Grundlage, auf der man sich und anderen helfen kann.

      Wir Menschen besitzen in uns eine Grundlage, die es uns erlaubt, aus unserem Dasein etwas Wertvolles zu machen und es vorbehaltlos zu bejahen. Diese Grundlage steht uns jederzeit zur Verfügung. Wir haben einen Geist und einen Körper, an denen uns sehr viel liegt. Weil wir einen Geist und einen Körper haben, können wir diese Welt begreifen. Das Dasein ist wundervoll und kostbar. Wir wissen nicht, wie lange wir leben, also, warum machen wir nichts daraus, jetzt, wo wir leben? Bevor wir etwas daraus machen, warum freuen wir uns nicht erst einmal?

      Aber wie entdecken wir diese Freude am Leben? Wunschdenken oder bloßes Darüber-Reden helfen uns nicht weiter. Die Disziplin, mit der man in der Shambhala-Tradition Freundlichkeit gegenüber sich selbst und Wertschätzung für die Welt entwickelt, ist die Meditation im Sitzen. Die Praxis der Meditation wurde von Buddha dem Erhabenen vor über zweieinhalbtausend Jahren gelehrt, und seitdem ist sie Bestandteil der Shambhala-Tradition. Sie beruht auf mündlicher Überlieferung: Seit der Zeit Buddhas ist diese Praxis von einem Menschen zum nächsten übermittelt worden. Dadurch ist sie lebendig geblieben, so dass sie, obwohl uralt, immer noch aktuell ist. In diesem Kapitel werden wir etwas ausführlicher über die Technik der Meditation sprechen, aber man sollte daran denken, dass man direkte, persönliche Anleitung braucht, wenn man diese Praxis voll verstehen will.

      Mit Meditation meinen wir hier etwas sehr Elementares und Simples, das an keine bestimmte Kultur gebunden ist. Es geht um einen ganz elementaren Akt: Sich auf den Boden setzen, eine gute Haltung einnehmen und ein Gefühl für den eigenen Platz entwickeln, unseren Ort auf dieser Erde. Das ist das Mittel, mit dem wir uns selbst und das grundlegend Gute in uns wiederentdecken, das Mittel, mit dem wir uns auf die echte Wirklichkeit einstimmen, ohne irgendwelche Erwartungen oder vorgefasste Meinungen.

      Unser Leben ist eine endlose Reise; es ist wie ein breiter Highway, der in die unendliche Ferne führt. Die Meditation liefert uns ein Fahrzeug, um auf dieser Straße zu fahren. Unsere Reise besteht aus permanenten Höhen und Tiefen, aus Hoffnungen und Ängsten, aber es ist eine gute Reise. Die Meditation ermöglicht es uns, die Beschaffenheit der Straße zu spüren, und nur darum geht es bei dieser Reise. Durch die Meditation beginnen wir zu entdecken, dass wir im Grunde niemandem und nichts Vorwürfe machen.

      Die Praxis der Meditation beginnt damit, dass man sich hinsetzt. Man nimmt im Schneidersitz auf dem Boden Platz. Man bekommt ein Gefühl, dass das Leben, einfach weil man an Ort und Stelle präsent ist, akzeptabel, sogar wunderbar werden kann. Man erkennt, dass man fähig ist, wie ein König oder eine Königin auf dem Thron zu sitzen. Das Majestätische dieser Situation zeigt einem, welche Würde darin liegt, einfach nur still dazusitzen.

      Eine aufrechte Haltung ist dabei enorm wichtig. Ein gerader Rücken ist nichts Künstliches, sondern für den menschlichen Körper ganz natürlich. Krumm dazusitzen ist nicht normal. Man kann nicht richtig atmen, wenn man krumm dasitzt, und es ist auch ein Zeichen dafür, dass man sich seinen Neurosen überlässt. Wenn man also aufrecht dasitzt, verkündet man vor sich und der Welt, dass man ein Krieger sein will, ein ganzer Mensch.

      Um mit geradem Rücken dazusitzen, muss man nicht krampfhaft die Schultern hochziehen; die aufrechte Haltung kommt von ganz allein, indem man ganz einfach, aber mit einem gewissen Stolz auf dem Boden oder dem Meditationskissen sitzt. Weil der Rücken aufrecht ist, verspürt man nicht mehr die geringste Verlegenheit oder Beschämung, und deshalb senkt man auch nicht den Kopf. Man beugt sich vor nichts und niemandem. Aus diesem Grund wiederum werden die Schultern automatisch gerade, und man entwickelt ein starkes Gefühl für Kopf und Schultern. Dann kann man die Beine ganz natürlich im Schneidersitz ruhen lassen; die Knie müssen den Boden nicht berühren. Vollständig wird diese Körperhaltung, indem


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