Ermordet zwischen Sylt und Ostfriesland: 6 Küstenkrimis. Alfred Bekker

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Ermordet zwischen Sylt und Ostfriesland: 6 Küstenkrimis - Alfred Bekker


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freundliches Wort, machte immer mit, wenn es eine gemeinschaftliche Veranstaltung gab. Sie hörte ein bisschen schwer, aber sonst… jeder mochte sie.“

      Er unterbrach sich und dachte kurz nach. „Na, ja. Bis auf ihren Enkel vielleicht, aber der…“

      „Was ist mit ihm?“

      „Seiner Meinung nach hat Erna ihm nicht genügend Geld gegeben. Das war das Einzige, was ihn interessiert hat. Darüber war sie sehr traurig. Die Schwester des Jungen, also die Enkelin, war ganz anders. Sie war häufig mit ihrer Mutter hier.“

      „Das wäre dann die Tochter von Frau Bräker, richtig?“

      Stolte überlegte, ob sein Besucher die nicht sehr komplizierte verwandtschaftliche Beziehung richtig wiedergegeben hatte, ehe er antwortete.

      „Jo!“

      „Erzählen Sie mir doch etwas mehr darüber.“

      Helmut Stolte lehnte sich zurück. Seine Augen glänzten. Dieses Gespräch schien ganz nach seinem Geschmack zu sein. Vermutlich hatte er sonst kaum jemand, der ihm interessiert zuhörte.

      „Der Mann von Erna ist vor ein paar Jahren gestorben, und sie hat sich daraufhin entschlossen, lieber in ein Heim zu gehen, nachdem sie einige Zeit im Haus ihrer Tochter gelebt hat. Sie wissen ja, wie das ist.“

      Wusste Tjade nicht, aber er ließ den Mann reden.

      „Erna und die restliche Familie waren mit der Lösung zufrieden“, fuhr Stolte fort, „und alle waren glücklich. Bis dann der Enkel aufdringlicher wurde und immer häufiger um Geld bettelte.“

      „Wie alt ist der Enkel denn?“

      „So um die zwanzig, schätze ich.“

      „Ein bisschen alt, um die Oma anzubetteln“, kommentierte Tjade Winkels.

      Stolte winkte ab. „Sie glauben nicht, was man hier so alles erlebt. Erst neulich hat mein Nachbar, also der auf der rechten Seite…“

      „Steckt man ja auch nicht drin.“

      „So ist es.“

      „Jo.“

      „Um nochmal auf...“

      Tjade Winkels unterbrach ihn.

      „Lassen Sie uns doch auf Frau Bräker zurückkommen“, unterbrach Winkels. „Sie sagten, dass sie hier im Heim sehr beliebt war.“

      „Das ist richtig. Sie hatte natürlich auch engere Freunde. Da gab es eine kleine Clique, die immer zusammenhockte. Einige wohnten sogar außerhalb. Mit einem von ihnen war sie oft zusammen. Das war der Wilhelm.“

      Winkels schreckte hoch. „Etwa Wilhelm Papendieck?“

      Stolte sah ihn erstaunt an. „Sie kennen ihn?“

      „Nicht direkt, aber ich weiß, wer das ist. Haben Sie denn nicht gehört, was ihm zugestoßen ist?“

      Stolte schüttelte den Kopf. „Ist er krank geworden? Hatte er einen Unfall?“

      „Man hat ihn gestern tot auf seinem Grundstück gefunden. Er ist von der Leiter gefallen, als er wohl seine Dachrinne säubern wollte.“

      Dass es sich vermutlich um einen Mord handelte, verschwieg Winkels. Das musste die Polizei erst offiziell bestätigen.

      Stolte schien schockiert und brachte eine ganze Weile kein Wort heraus. Schließlich nickte er.

      „In seinem Alter sollte man wohl besser auf dem Boden bleiben.“

      „Jo, kann man so sagen.“

      „Kann man.“

      Winkels gab einen zustimmenden Laut von sich. „Diese Clique, von der Sie sprachen – wissen Sie, wer alles dazugehörte?“

      Der alte Mann kniff die Augen zusammen. „Warten Sie, vielleicht kriege ich alle zusammen. Da waren, wie schon gesagt, Erna Bräker und Wilhelm.“

      Er unterbrach sich. „Er ist wirklich tot? Gut, dass die Erna das nicht mehr mitbekommen hat. Das hätte sie sehr erschüttert.“

      Er zog seine Stirn in Falten. „Oder hat sie? War das vielleicht der Grund, weshalb sie vom Balkon gesprungen ist? Ich weiß nicht, welche Beziehung die beiden wirklich hatten. Jedenfalls saßen sie immer zusammen, wenn sich die Gruppe traf. Meistens am Sonntagnachmittag. Ich konnte sie von hier oben immer gut sehen, wenn sie die Köpfe zusammensteckten und sich unterhielten.“

      „Worüber sie sprachen, wissen Sie aber nicht, oder?“

      „Sie haben Kaffee getrunken oder Karten gespielt, und sie schienen sich immer gut zu amüsieren. Nur manchmal, da sind sie eng zusammengerückt und haben sich leise unterhalten. Ich habe Erna mal gefragt, was es denn immer so Wichtiges zu besprechen gäbe, da wurde sie ganz verschlossen. So kannte ich sie überhaupt nicht.“

      Winkels lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Kommen wir noch mal zu der Gruppe. Wer war denn noch dabei?“

      „Da war Heinz. Er wohnt im Erdgeschoss, schräg unter mir. Heinz Bartels. Er kam etwa zur gleichen Zeit wie Erna ins Heim. Die beiden kannten sich schon seit ihrer Schulzeit, da war es kein Wunder, dass sie sich immer trafen. Wilhelm kam damals schon zu Besuch. Kurz darauf stieß Karl zu der Gruppe. Ich glaube, er heißt Ahlsen. Sein Zimmer ist gleich neben dem von Heinz.“

      Stoltes Gesicht bekam einen traurigen Ausdruck, und er wischte sich über die Augen.

      „Fallen Ihnen noch mehr Namen ein?“ bohrte Winkels weiter.

      „Ich muss kurz nachdenken. Auf jeden Fall gehörte Martha Weber zu der Gruppe. Sie wohnt auch nicht im Heim. Ich glaube, sie ist eine alte Freundin von Erna. Sie war Lehrerin und gibt noch Nachhilfeunterricht. Soweit ich weiß, ist sie verheiratet, aber ihren Mann habe ich noch nie gesehen. Ach, ja, und dann ist da noch Walter Köhler. Er hat sein Zimmer ebenfalls ganz unten. Doch derzeit ist er im Krankenhaus. Schon seit fast einer Woche. Ich weiß nicht genau, weshalb er dort ist, doch er soll in der nächsten Woche wieder hier sein, habe ich gehört.“

      „Ist er in der Ubbo-Emmius-Klinik?“

      Winkels kannte die Klinik von einem Besuch in der Notaufnahme, als eine Platzwunde genäht werden musste. Außerdem hatte er dort mehrere Vernehmungen am Krankenbett vornehmen müssen.

      „Ja, dort ist er, wahrscheinlich in der Kardiologie. Darauf sind die doch spezialisiert.“

      „Das sind sechs Personen in dieser Gruppe, wenn ich richtig gezählt habe.“

      Und zwei davon sind tot, fügte er in Gedanken hinzu.

      Stolte überlegte noch einen Moment.

      „Das sind alle“, sagte er schließlich.

      Winkels stand auf und blickte zur Decke. Gerne hätte er das Zimmer darüber gesehen. Erna Bräkers Zimmer. Doch der Wunsch würde zumindest heute nicht erfüllt werden. Die Polizei war auf dem Weg, und Dröver würde ganz gewiss nicht akzeptieren, dass er einen möglichen Tatort betrat.

      „Sie haben mir sehr geholfen, doch jetzt habe ich Ihre Zeit lange genug in Anspruch genommen. Ach, eine Frage noch. Kann jemand das Gebäude betreten, ohne gesehen zu werden?“

      Stolte hob die Schultern. „Man muss sich nicht anmelden. Die Rezeption ist meistens nicht besetzt. Sie kennen doch den Personalmangel in diesen Bereichen.“

      Winkels verabschiedete sich, ging den Gang hinunter und nahm die Treppe in das Foyer. Er war noch nicht ganz unten, als Uwe Dröver hereinstürmte, gefolgt von zwei Leuten in den weißen Overalls der Spurensicherung.

      Er blieb wie vom Blitz getroffen stehen, und sein Unterkiefer klappte herunter.

      „Moin, Tjade!“

      „Moin, moin.“

      „Was machst du denn hier?“

      Drövers


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