Das Vermächtnis des Konstanzer Kräuterbuchs. Marcel Rothmund
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Marcel Rothmund
Das Vermächtnis des Konstanzer Kräuterbuchs
Historischer Roman
Zum Buch
Verhängnisvolles Erbe Elisabeth Freistetter, genannt die Kräuterliesl, besitzt das letzte von fünf Heilbüchern ihrer Vorfahrinnen – das Konstanzer Kräuterbuch. Es enthält einen einzigartigen Wissensschatz an Heilrezepturen und stammt ursprünglich aus dem Kloster der Hildegard von Bingen. Zusammen mit ihrem Mann Adam lebt Elisabeth auf einem abgelegenen Hof im Linzgau am Bodensee. Von den Bewohnern der umliegenden Dörfer wird sie wegen ihrer Heilkunst geschätzt und häufig um Hilfe gebeten. Eines späten Abends findet sie den schwer verletzten Schuhmacher Kilian auf ihrem Hof und rettet ihm das Leben. Elisabeth erfährt, dass er Opfer eines Raubüberfalls geworden ist, und gewährt ihm weiterhin Schutz. Adam und sie gewöhnen sich an den jungen Gast, der ihnen aus Dankbarkeit bei der Arbeit zur Hand geht. Doch plötzlich unterstellt man Elisabeth mit ihren Heilfähigkeiten böse Absichten und sie wird zum Opfer einer fatalen Intrige. Fürchterliche Ereignisse nehmen ihren Lauf …
Marcel Rothmund, 1985 in Friedrichshafen geboren, ist in Salem am Bodensee aufgewachsen. In seiner Kindheit verbrachte er viel Zeit auf dem landwirtschaftlichen Hof seiner Großeltern. Schon während seiner Jugend interessierte er sich für das Leben in vergangenen Zeiten und lauschte fasziniert den Erzählungen von früher. Nach dem Abitur studierte er Geschichte in Konstanz und Heidelberg. Während des Studiums arbeitete er im Journalismus und entdeckte in den darauffolgenden Jahren seine Passion für das Schreiben. Heute lebt und arbeitet er in der Bodenseeregion.
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Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75 / 20 95 - 0
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Daniel Abt
Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Bildes von: © https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Illustration_from_Medical_Botany,_digitally_enhanced_from_rawpixel’s_own_original_plates_157.jpg
ISBN 978-3-8392-6894-0
Widmung
Für Desirée
Prolog
Mit einer unbeschreiblichen Geschwindigkeit durchstreifte er im Flug die Finsternis. Es schien ihm eine Reise ohne Zeit und Ziel und doch fühlte er sich in dieser fremden Weite hier oben geborgen. Über ihm leuchteten unzählige Sterne schwach in der Ferne wie kleine Wegweiser zu unbekannten Orten. Unter ihm war alles vollkommen schwarz. Er flog einem Vogel gleich und spürte dabei die kühle Zugluft auf seiner Haut. Ein wärmendes Gefühl des Friedens und von großem Glück erfüllte ihn von innen. Gerne wäre er bis in alle Ewigkeit geflogen. Doch in einem Augenblick erloschen die leuchtenden Punkte am Firmament. Es wurde dunkel um ihn herum und mit jedem Atemzug kehrte die gewohnte Schwere seines Körpers zurück.
Er bemerkte, wie er wieder mehr und mehr zu Bewusstsein kam. Die friedliche Sternenwelt war verschwunden und mit ihr das traumhafte Gefühl vom Fliegen. Er lag auf hartem Boden mit dem Gesicht nach unten und spürte, wie in seinem Schädel ein grauenhafter Schmerz unablässig pochte. Er öffnete die Augen, doch um ihn herum blieb alles schwarz. Begleitet von dem Pochen im Kopf atmete er tief ein, wobei ein wohlbekannter Geruch seine Nase durchströmte. Ein Geruch, der Erinnerungen in ihm wach werden ließ. Schöne Erinnerungen an einen Tag, an dem er als kleiner Bub mit seinen größeren Brüdern Paul und Jakob am Waldrand eine Fuchsfalle gebaut hatte. Aus einer alten Holzkiste für Weinflaschen hatten sie damals eine ganz brauchbare Falle zusammengezimmert. Die Kiste hatten sie mit der offenen Seite nach unten gedreht und auf einen passenden Bretterboden genagelt. Eine der Seitenwände sägten sie auf und montierten sie mit einem Scharnier an die Holzkiste, das sie von einer alten Truhe abgetrennt hatten. Die Kiste hatte nun eine Falltür, die nach oben geöffnet werden konnte. Daran befestigten sie eine Schnur, die im Inneren mit einem Haken verbunden war, an dem ein Fleischköder hing. Es waren die Reste eines Schweins, die beim Nachbarhof nach der Schlachtung auf dem Misthaufen gelandet waren. Wenn ein angelockter Fuchs sich den Köder schnappen sollte, würde die geöffnete Tür durch die Bewegung an der Schnur sofort zuklappen. Ein Stein, den die Jungen zusätzlich auf der Falltür festbanden, sollte verhindern, dass der gefangene Fuchs die Tür öffnen konnte.
Zur Herbstzeit stellten er und seine Brüder die Falle gemeinsam am Waldrand neben dem Feld ihres Vaters auf und als Tarnung verteilten sie Laub von Eichen und Buchen auf dem Boden der Kiste. Tagelang legten sie sich damals in der Abenddämmerung in einem Dickicht in nächster Nähe auf die Lauer und warteten gespannt auf einen Vierbeiner. Sie lagen dort mucksmäuschenstill unter den Sträuchern auf alten Rupfensäcken, das gelbbraune Laub direkt unter ihren Nasen, und warteten geduldig. Je weiter die Dämmerung voranschritt und die Feuchte der Luft zunahm, desto intensiver schien der Geruch des Laubs zu werden.
Von einem älteren Schulfreund hatte sein Bruder Paul erfahren, dass man bei einem Händler bis zu sechzig Reichsmark für ein Fuchsfell bekam. Die Hoffnung der Jungen war groß und tatsächlich war ihnen ein paar Tage später ein Fuchs in die Falle gegangen. Doch was dann passierte, hatten sie nicht erwartet. Zum Töten des Tieres stibitzten sie heimlich die Schrotflinte ihres Vaters. Durch einen Spalt in der Kiste wollten sie den Fuchs mit dem Gewehr möglichst am Kopf treffen, damit das Fell nicht durchlöchert wurde. Als sie nach langem Warten tatsächlich einen Fuchs in der Falle lärmen hörten, rannten sie siegessicher und voller Freude dorthin. Aber der Fuchs wehrte sich. In die Enge getrieben, entwickelte das Tier Kräfte, die ihm die Jungen im Leben nicht zugetraut hätten. Der Fuchs tobte wie wild in der Kiste und fauchte in schrillen Tönen. Im Rückblick ging alles in Sekundenschnelle. Jakob hielt die wackelnde Kiste fest, in welcher der Fuchs sich immer heftiger hin und her warf. Paul legte das Gewehr an und er selbst sollte den Fuchs mit Stöcken, die er durch die Ritzen der Kiste schob, in Position bringen. Allerdings war der Stein auf der Falltür nicht schwer genug. Der Fuchs konnte sie einen Spalt aufdrücken und war mit dem Kopf schon beinahe draußen. Paul schrie, Jakob solle die Falltür fester zudrücken. Doch der Fuchs hatte sich, flink, wie er war, bereits zur Hälfte mit seinem Körper durchgezwängt und biss Jakob in den Arm. Er schrie auf und ließ die Falltür los, sodass der Fuchs in den dunklen Wald entwischen konnte. Die Bisswunde an Jakobs Arm blutete stark. Schockiert ließ Paul das Gewehr fallen und kam seinem Bruder zur Hilfe. Mit zitternden Fingern band er sein Halstuch um den Arm des Bruders und knotete es fest zu. Nach kurzem Zögern waren sie zusammen wie geschlagene Krieger nach Hause gegangen. Ihre Mutter war entsetzt gewesen und ihr Vater hatte sie für ihre Torheit bestraft. Als Ältester hatte Paul wegen seiner Verantwortungslosigkeit die meisten