DS-GVO/BDSG. David Klein
Читать онлайн книгу.stellen kann (etwa auf fremden Websites), ohne dass dies die Transparenz der Information beeinflusst.
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Der Verantwortliche kann durch das Bereitstellen entsprechend transparenter Informationen, die nicht nur die Informationspflichten nach Art. 13, insbesondere nach Art. 13 Abs. 1 lit. d enthalten, sondern darüber hinaus dem Betroffenen die konkrete Verarbeitungstätigkeit verständlich darstellen, den Abwägungsprozess zu seinen Gunsten beeinflussen. Denn je transparenter der Verarbeitungsprozess ausgestaltet ist, desto eher muss ein Betroffener mit der vorgenommenen Datenverarbeitung rechnen.[296] Die Pflichtinformationen nach Art. 13 sowie die zusätzlichen Informationen für die Herstellung der notwendigen Transparenz können gemeinsam bereitgestellt werden, ohne dass dies die Erwartung der betroffenen Person in die entsprechende Datenverarbeitung beeinträchtigt.[297]
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Im Rahmen der Abwägung muss ferner berücksichtigt werden, dass unter der DS-GVO das Widerspruchsrecht der betroffenen Personen gestärkt wurde.[298] Gerade im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit. f besteht daher das Risiko, dass eine Verarbeitung etwa zu Direktmarketingzwecken, die grundsätzlich im Einklang mit Art. 6 Abs. 1 lit. f steht,[299] durch den Widerspruch der betroffenen Person für die Zukunft unmöglich wird.[300]
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Diese Widerspruchsmöglichkeit ist unter dem Gesichtspunkt der Erwartungshaltung und Transparenz daher zu Gunsten des Verantwortlichen zu werten, wenn der betroffenen Person eine einfache Möglichkeit zum Widerspruch eingeräumt wird.[301] Eine ähnliche Systematik sieht auch die noch im Entwurf befindliche Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation[302] vor. Je leichter also eine betroffene Person einer Datenverarbeitung widersprechen kann, desto eher dürfte eine solche Datenverarbeitung bis zum Widerspruch im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit. f zulässig sein. Dies entspricht im Übrigen der Praxis der deutschen Aufsichtsbehörden, die in der Vergangenheit etwa bei Unternehmenstransaktionen ein Widerspruchsrecht haben ausreichen lassen um einen Datentransfer gestützt auf das berechtigte Interesse der an der Transaktion beteiligten Unternehmen für zulässig zu erachten.[303]
b) Kinder
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Ist ein Kind von der Datenverarbeitung betroffen, ist die Abwägung unter Berücksichtigung der besonderen Schutzbedürftigkeit des Kindes durchzuführen. Eine Begriffsbestimmung für das Kind fehlt, insbesondere auch die Beschränkung auf minderjährige Kinder (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 1 sowie ErwG 38), so dass das Risiko besteht kein einheitliches Verständnis für die Begriffsbestimmung in Europa zu Grunde legen zu können.[304] Auch die englische Textversion der DS-GVO gibt keinen Aufschluss über die Beschränkung auf Minderjährige (im englischen Verordnungstext wird durchgehend der Begriff „Child“ verwendet statt „minor“). Im Ergebnis dürfte im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit. f der Begriff des Kindes teleologisch auf Kinder und Heranwachsende bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 zu beschränken sein.[305] Kindern fehlt bis zu dieser Altersgrenze unter Umständen die notwendige Einsichtsfähigkeit in die Reichweite ihrer Handlung, insbesondere die Preisgabe ihrer personenbezogenen Daten. Entsprechend der Maßgabe des ErwG 38 ist daher eine Interessenabwägung unter Beachtung dieser Grundsätze durchzuführen.
6. Einzelne Verarbeitungstätigkeiten
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Auch wenn in dem nun vorliegenden Verordnungstext keine Regelbeispiele (mehr) aufgeführt sind, so lassen sich doch bestimmte Verarbeitungstätigkeiten als mit Art. 6 Abs. 1 lit. f als grundsätzlich vereinbar einordnen, wobei der Verantwortliche dennoch im Einzelfall eine Abwägung treffen muss, wie dies auch in ErwG 47 klargestellt wird.
a) Direktmarketing (online/offline)
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Das Direktmarketing ist in ErwG 47 S. 7 ausdrücklich als Beispiel für eine grundsätzlich auch ohne Einwilligung des Betroffenen zulässige Verarbeitungstätigkeit erwähnt. Auch wenn im Einzelfall zu prüfen ist, ob die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person der Verarbeitung entgegenstehen, kann bei transparenter Information des Betroffenen und der Möglichkeit des Widerspruchs in die Verarbeitung auf gleiche transparente Weise davon ausgegangen werden, dass ein Direktmarketing ohne Einwilligung der betroffenen Person möglich ist.[306] Dies bezieht sich grundsätzlich auf alle Formen des Direktmarketings, d.h. der direkten werblichen Interaktion mit der betroffenen Person.[307]
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Unter diesem Gesichtspunkt dürfte etwa die Bewerbung von natürlichen Personen mit Briefpost entsprechend der bisherigen Regelung unter § 28 Abs. 3 BDSG weiterhin zulässig sein.[308] Dies schließt auch die Nutzung sogenannter in Listen zusammengefasster Daten entsprechend § 28 Abs. 3 BDSG wohl mit ein. Zumindest ist dies der Fall, wenn die besagten Listendaten unter Maßgabe der zuvor skizzierten Erfüllung von Informationspflichten und dem Hinweis auf das Widerspruchsrecht erhoben wurden. Gleichzeitig muss die Erwartungshaltung der betroffenen Person auch darauf gerichtet sein, dass eine eingeschränkte Übermittlung dieser Daten an Dritte zum Zweck der Direktwerbung beabsichtigt ist. Eine abschließende Nennung der Empfänger dürfte zwar grundsätzlich nicht erforderlich sein, führt aber im Rahmen der Abwägung zu einem höheren Maß an Sicherheit für den Verantwortlichen. Wenngleich die DS-GVO mit ErwG 47 S. 7 eine Regelung enthält, schließt dies eine Bezugnahme auf das BDSG als Auslegungsparameter nicht aus.[309] Denn wenngleich die DS-GVO Anwendungsvorrang genießt, beinhaltet dies kein Verbot, die gesetzgeberischen Wertungen auf mitgliedstaatlicher Ebene in die Betrachtung miteinzubeziehen. Gerade sofern der mitgliedstaatlichen Regelung sowie der DS-GVO die gleichen Erwägungen und Wertungen zugrunde liegen, bieten die Regelungen des BDSG eine wertvolle Auslegungshilfe.
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Zu beachten ist, dass die Grenzen aus anderen Richtlinien und Verordnungen, etwa der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken[310] oder der DSRL für elektronische Kommunikation[311] hiervon unberührt bleiben.[312] Sofern ein Verantwortlicher Direktmarketing bspw. online durchführt ist auch der Anwendungsbereich der DSRL für elektronische Kommunikation eröffnet. In Deutschland bestehen jedoch gegenwärtig Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, ob bzw. inwieweit die RL eine Umsetzung in das nationale Recht erfahren hat, und insofern in Deutschland Wirkung entfalten kann (s.u. Rn. 170 ff.).
b) Profilbildung
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Die Bildung personenbezogener Profile dürfte grundsätzlich aufgrund des Rechtsgedankens in Art. 22, der eine grundlegende Wertung zum Ausdruck bringt, wohl nicht über Art. 6 Abs. 1 lit. f zu rechtfertigen sein.[313] Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob eine pseudonyme Profilbildung ähnlich der bisherigen Regelung unter § 15 Abs. 3 TMG ohne Verletzung der Vorgaben des Art.