Performative Zugänge zu Deutsch als Zweitsprache (DaZ). Alexandra Lavinia Zepter

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Performative Zugänge zu Deutsch als Zweitsprache (DaZ) - Alexandra Lavinia Zepter


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eine Voraussetzung, um weiteren Verarbeitungsprozessen zugeführt zu werden, die schließlich im Erwerb münden (können). Die sich hieraus ableitende didaktische Frage lautet: Wie lässt sich in einem bedeutungsorientierten Unterricht die Aufmerksamkeit auf sprachliche Formen lenken, um deren Aneignungsprozess anzustoßen (s. Kap. 3.6)?

       Noticing-Hypothe seNoticing-Hypothese

      Schmidt (1990) beschäftigt sich mit der Frage, welche Rolle das BewusstseinBewusstsein (consciousness) bei der Sprachaneignung spielt. Consciousness as awareness kann nach Schmidt in drei Ebenen unterteilt werden: Perception (WahrnehmenWahrnehmen), Noticing (BemerkenBemerken), Understanding (VerstehenVerstehen) (Schmidt 1990: 132). Die drei Ebenen werden im Folgenden an einem Beispiel näher erklärt, das von Schmidt (1990) übernommen und leicht modifiziert wurde.

      Perception bedeutet, dass im Zuge von Wahrnehmung eine mentale Repräsentation eines externen Einflusses erzeugt wird. Wenn eine Person einen Text liest, dann nimmt er/sie die syntaktischen Strukturen, denen sich der Schreibende bedient hatte, wahr (im Sinne von Perception) und es entsteht eine mentale Repräsentation. Die Strukturen sind der Person jedoch nicht bewusst zugänglich, da die Aufmerksamkeit auf dem Inhalt des Textes liegt.

      Die Person könnte sich nun jedoch dazu entschließen, ihre Aufmerksamkeit willentlich auf die syntaktischen Strukturen des Textes zu lenken oder farbliche Hervorhebungen einiger syntaktischer Strukturen im Text könnten sie hierzu veranlassen. Die syntaktischen Strukturen würden somit von der Ebene der Perception auf die Ebene des Noticing gebracht werden und von der Person bemerkt werden.

      Die dritte Ebene Understanding ist eine noch höhere Stufe des Bewusstseins und beinhaltet z. B. das Wissen über die Grammatikregeln der bemerkten syntaktischen Strukturen im Text.

      Schmidt geht nun davon aus, dass für die Sprachaneignung vor allem Bewusstsein im Sinne des Noticing notwendig ist, damit Input weiterverarbeitet werden kann und zu Intake wird („intake is that part of the input that the learner notices”, Schmidt 1990: 139). Bewusstsein im Sinne von Understanding könne zwar eine unterstützende Funktion für die Sprachaneignung annehmen, stelle jedoch keine Voraussetzung dafür dar (Schmidt 2012: 32).

      Die InteraktionshypotheseInteraktionshypothese (u.a. Long 1996) betont die Relevanz interaktiver Aufgaben für die Sprachentwicklung. Eine erfolgreiche Interaktion setzt voraus, dass man sein Gegenüber versteht und dass man auch selbst verstanden wird. Die Lernenden erleben sich in der Interaktion einerseits als Rezipierende von Input, den es zu analysieren und zu verstehen gilt. Andererseits agieren sie selbst als Sprachproduzierende und müssen Output generieren, der für die Empfänger:innen verständlich ist. Bei Unverständlichkeit wird nonverbal und/oder verbal (durch Nachfragen) reagiert und es muss eine sprachliche Modifizierung bzw. Vereinfachung vorgenommen werden. Der Input wird somit verständlicher. Während des Aushandelns der Bedeutungsunklarheiten ist die Aufmerksamkeit auch auf die Formseite der Sprache gelenkt, ohne jedoch den Fokus auf die Bedeutungsseite zu verlieren.

      Zweifelsohne steckt in interaktiven Aufgaben und dem Aushandeln von Bedeutung sprachmotivierendes Potenzial (u.a. Pica et al. 1993; Pica 1994). Skehan & Foster (2001) geben allerdings zu bedenken: Der Ansatz der BedeutungsaushandlungBedeutungsaushandlung (“negotiation of meaning approach”, ebd.: 186) „leads to whatever use of form is necessary to get the job done, without automatic need to be correct, complete, or complex” (ebd.: 187). Es bedarf daher sprachanregender Aufgaben, die auch gezielt die Form mit in den Blick nehmen (s. Kap. 3.6 und Kap. 4.2).

      3.6 Didaktische Implikationen

      Die vorangegangenen Teilkapitel haben die Relevanz von Input, Output und Interaktion für den Spracherwerb herausgestellt. Input wird u.a. als Induktionsbasis zur Mustererkennung benötigt, Output u.a., um bei der Sprachproduktion Lücken oder zielsprachliche Abweichungen zu bemerken, und Interaktionen, um (motivierende) Gelegenheiten für Input und Output zu bieten.

      Eine gebrauchsbasierte Didaktik schafft (sich am natürlichen Erwerb orientierend) bedeutungsvolle Kontexte, in denen die Lernenden einerseits einen Input erhalten, der als Fundus taugt, um entweder Chunks in typischer Verwendung zu erleben und/oder Form-/ Funktionszusammenhänge zu erkennen bzw. Regelhaftigkeiten zu extrahieren. Andererseits müssen die Lernenden dazu gebracht werden, selbst Output zu generieren. Dies kann in einem engen, gerade Spracherwerbsanfänger:innen Sicherheit gebenden Fragekorsett geschehen (vgl. Tab. 3.1), vor allem aber im Rahmen verschiedener Aufgabentypen (siehe Kap. 4.2) – Aufgaben, die einen mehr oder weniger großen Freiraum zur sprachlichen Ausgestaltung lassen und unterschiedliche Formen der Unterstützung bieten (siehe Aufgabe 6 zum Scaffolding am Ende des Kapitels).

      Tab. 3.1:

      Fragen zur gezielten Output-GenerierungOutput-Generierung im HOSSHOSS1 (Bischoff & Bryant 2020: 297)

      Ergänzend zu Tab. 3.1: „Mit den ElizitierungElizitierungsfragen erhalten die Lernenden die Möglichkeit, memorierte Chunks abzurufen. Lernenden, für die die (a)-Fragen noch zu schwierig sind, benötigen, obgleich sie in konzeptueller Hinsicht die Antwort kennen, für deren Versprach­lichung noch ein strukturelles Muster. Ein solches wird ihnen durch AlternativfragenAlternativfragen gegeben (siehe die (b)-Fragen). Einerseits entlastet dieser Fragetyp mit seinen zwei Vorgaben in seman­tischer Hinsicht, andererseits macht er in struktureller Hinsicht eine fehlerfreie Repro­duktion wahrscheinlicher. Der korrekte Output wirkt sich wiederum begünstigend auf das Verinner­lichen der neuen Struktur aus. Zudem erhalten durch diese FragetechnikFragetechnik alle Lernenden noch einmal den gram­matisch und phonologisch korrekten Input“ (ebd.: 297).

      Die Interaktion wie auch die für den Lernerfolg mitentscheidende Motivation, sich überhaupt auf die Interaktion einzulassen, wird maßgeblich durch die Aufgabengestaltung bestimmt. Ein passender gebrauchsorientierter, methodischer Ansatz wird mit dem Task-based language teaching (TBLT) in Kap. 4.2 vorgestellt.

      Wir konzentrieren uns abschließend auf die Gestaltung des InputsInputGestaltung, und zwar auf Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit der Lernenden auf bestimmte Zielstrukturen zu lenken.

      Allein die mündliche Interaktion zwischen Lehrkraft und Lernenden bietet diesbezüglich vielfältige Optionen.2

      Tab. 3.2:

      Proaktive Modellierungstechnikenproaktive Modellierungstechniken3 im HOSSHOSS (Bischoff & Bryant 2020: 326)

      Eine Inspirationsquelle (für die Sprachtherapie wie auch für die Fremd-/ Zweitsprachendidaktik) zur Gestaltung der an die Lernenden gerichteten Sprache stellt die lehrende Sprache des Erstspracherwerbs dar (s. Kap. 3.1; im Erklär-Kasten zu ‚Anpassungen des Inputs im L1-Erwerb‘). Tab. 3.2 enthält eine Reihe proaktiver formfokussierender ModellierungstechnikenModellierungstechniken, die sich insbesondere am Anfang des Zweit-/Fremdsprachenerwerbs zur handlungsbegleitenden Sprache eignen und die den Äußerungen der Lernenden vorausgehen bzw. den Lernenden Äußerungen entlocken sollen.

      Für die an die Lernenden gerichtete Sprache sollten sich Lehrkräfte sowohl proaktiver formfokussierender Techniken (Tab. 3.2) wie auch reaktiver, auf die Lernendenäußerungen unmittelbar reagierender Techniken (s. Feedbackstrategien in Tab. 3.3) bedienen.

      Korrektives FeedbackFeedbackkorrektives

      Wenn L2-Lernende in die Interaktion mit anderen treten, kann sich dies positiv auf den Erwerb der Zielsprache auswirken. Denn in Kommunikationssituationen erhalten sie nicht nur positive Evidenz in Form von Input und somit ein Modell, was in der Zielsprache als grammatikalisch/lexikalisch richtig und/oder akzeptabel gelten kann, sondern gegebenenfalls auch negative Evidenz. Mit negativer Evidenz ist gemeint, dass Lernende durch die Reaktionen der Interaktionspartner:innen Informationen


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