Stolz und Vorurteil & Emma. Jane Austen

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Stolz und Vorurteil & Emma - Jane Austen


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wohl denken, welche Freude es mir macht, bei allen Gelegenheiten solch feinsinnige kleine Komplimente zu äußern, die ihren Eindruck bei den Damen nie verfehlen. Mehr als einmal habe ich mir erlaubt, Lady Catherine zu versichern, dass ihre entzückende Tochter zur Herzogin geboren scheint und dass sie dem höchsten Titel nicht nur keine Unehre bereiten, sondern im Gegenteil erhöhten Glanz verleihen würde. — Solche kleinen Artigkeiten bereiten Lady Catherine ein großes Vergnügen, und ich fühle in mir die Begabung, sie auf das delikateste präsentieren zu können.«

      »Und Ihr Gefühl täuscht Sie wahrlich nicht«, sagte Mr. Bennet. »Sie können sich glücklich preisen, dieses Talent, Schmeicheleien nur zart anzudeuten, in so hohem Maße zu besitzen. Darf ich fragen, ob diese angenehmen kleinen Aufmerksamkeiten der Regung des Augenblicks entspringen, oder sind sie das Ergebnis eines eingehenden Studiums?«

      »Im allgemeinen lasse ich mich von meiner Eingebung leiten, aber es macht mir auch bisweilen Vergnügen, elegante Wendungen für mich auszudenken und zurechtzulegen, wenn ich auch immer bemüht bin, sie in einer möglichst natürlichen Weise, sozusagen aus dem Stegreif, vorzubringen.«

      Mr. Bennets Erwartungen wurden noch übertroffen: sein Vetter war weitaus komischer, als er ihn sich vorgestellt hatte, und er hatte seinen Spass an ihm, ohne seine Miene indes anderes als korrekteste Höflichkeit verraten zu lassen. Nur hin und wieder schweifte sein Blick für einen Augenblick zu Elisabeth hinüber, sonst brauchte er keinen Gefährten in seinem Vergnügen.

      Später jedoch, als der Tee serviert wurde, freute er sich fast ebenso über die willkommene Unterbrechung: für den ersten Tag, fand er, reichte es ihm. Daher beeilte er sich auch, nach dem Tee seinen Gast zu bitten, den Damen etwas vorzulesen. Mr. Collins erklärte sich gern dazu bereit, und Lydia holte ein Buch. Als er es aber in die Hand nahm, verwandelte sich sein Eifer in Bestürzung, und er bat, ihn entschuldigen zu wollen, aber Romane lese er grundsätzlich nicht. Kitty sah ihn entgeistert an, und Lydia konnte einen erstaunten Ausruf nicht unterdrücken. Man legte ihm dann andere Bücher vor, und nach sorgfältiger Prüfung entschied er sich für eine Sammlung ›Erbaulicher Gespräche‹. Lydia riss Augen und Mund vor Entsetzen auf, als er den Band öffnete, und unterbrach ihn schon, bevor er noch drei Seiten mit eintöniger Feierlichkeit hatte zu Ende lesen können.

      »Weisst du was, Mutter? Onkel Philips wird vielleicht Richard entlassen. Und wenn er es tut, möchte Oberst Forster ihn bei sich anstellen. Tante hat es mir selbst am Sonnabend erzählt. Ich will gleich morgen früh nach Meryton hinübergehen, um zu hören, was weiter geschehen ist; vielleicht kann ich auch in Erfahrung bringen, ob Mr. Denny bald aus London zurückkommt.«

      Lydia wurde von ihren beiden älteren Schwestern gebeten, den Mund zu halten; aber Mr. Collins legte schon das Buch schwer gekränkt beiseite und sagte:

      »Ich habe schon häufig die Gelegenheit gehabt, das geringe Interesse junger Damen für Bücher ernsthaften Inhalts zu bemerken, obgleich solche doch gerade für sie geschrieben sind. Es erstaunt mich, ich muss es offen gestehen; denn wahrlich, was könnte mehr in ihrem Interesse liegen, als ihre Bildung zu fördern? Aber ich möchte meinen jungen Cousinen nicht länger lästig fallen.«

      Und damit wandte er sich an Mr. Bennet und forderte ihn zu einer Partie Dame auf. Mr. Bennet nahm die Aufforderung an und bemerkte dabei, Mr. Collins tue gut daran, die Mädchen ihren eigenen kindischen Vergnügungen zu überlassen. Mrs. Bennet und ihre anderen Töchter baten sehr herzlich für die erlittene Störung um Entschuldigung und versprachen, es solle nicht wieder vorkommen, wenn er die Liebenswürdigkeit habe, mit dem Vorlesen fortzufahren. Aber Mr. Collins versicherte, dass er seiner jungen Cousine nichts nachtrage und nicht daran denke, ihr Betragen als persönliche Kränkung aufzufassen. Er setzte sich dann mit Mr. Bennet an einen anderen Tisch, an dem sie ungestört Dame spielen konnten.

      Fünfzehntes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Mit Mr. Collins’ Verstand war es von Geburt an nicht weit her gewesen, und diese stiefmütterliche Behandlung seitens der Natur war durch seine Erziehung und seinen späteren Umgang nur unmerklich berichtigt worden. Den größten Teil seines Lebens hatte er unter der Aufsicht seines ungebildeten und geizigen Vaters verbracht. Und wenn er auch eine Universität besucht hatte, zu mehr als den notwendigsten Vorlesungen war er nie gegangen, noch hatte er die Gelegenheit benutzt, sich einem anregenden und gebildeten Kreise anzuschließen. Infolge der kleinen Verhältnisse, in denen er aufgewachsen war, zeichnete er sich zunächst durch eine große Bescheidenheit aus. Aber ein Schwachkopf, der fernab von der Welt lebt, bildet sich leicht etwas ein; und gesellt sich dazu noch eine frühzeitige und ungewohnte Wohlhabenheit, um das Gefühl der eigenen Bedeutung zu stärken, dann wird die Bescheidenheit einen sehr schweren Stand haben. Mr. Collins’ Bescheidenheit war es jedenfalls so ergangen. Ein glücklicher Zufall hatte ihn Lady de Bourgh empfohlen, als gerade die Pfarrstelle frei war; und die Hochachtung, die er ihrer Vornehmheit zollte, und die Ehrerbietung, die er ihr gegenüber empfand, zusammen mit seiner hohen Meinung von sich selbst und seiner geistlichen Würde zeitigten in ihm eine eigenartige Mischung von Unterwürfigkeit und Stolz, von Überheblichkeit und Bescheidenheit.

      Er besaß jetzt ein schönes Haus; sein Einkommen war reichlich — also beschloss er, zu heiraten. Als er der Familie in Longbourn den Ölzweig anbot, hatte er das im Sinne gehabt; denn er beabsichtigte, eine seiner Cousinen zur Frau zu nehmen, wenn er sie so liebenswert und hübsch finden sollte, wie sie ihm allgemein geschildert worden waren. Das war es auch, was er mit der Entschädigung für sein Erbe und einer Wiedergutmachung meinte, und seiner Ansicht nach war der Plan ganz vorzüglich, nicht nur passend und angemessen, sondern überdies höchst edelmütig und selbstlos.

      So gut sein Plan ihm schon von vornherein erschienen war, beim Anblick seiner schönen Cousinen fand er ihn geradezu unübertrefflich. Janes liebliches Gesicht bekräftigte ihn in seinem Edelmut und enthob ihn zudem noch der Schwierigkeit, seiner Überzeugung von den Vorrechten der Ältesten zuwiderhandeln zu müssen. Jane war die feste Wahl seines ersten Abends auf Longbourn, und daran sollte sich für alle Zeiten nichts mehr ändern. Wider Erwarten musste er sich indessen bereits am nächsten Morgen zu einer Änderung bequemen: ein viertelstündiges Gespräch unter vier Augen mit Mrs. Bennet, das seinen natürlichen Gang von den Vorzügen seines bescheidenen Heims bis zur mehr oder weniger offenen Erklärung seiner Hoffnungen auf eine aus Longbourn stammende Hausfrau nahm, gipfelte unter billigendem Kopfnicken und ermunterndem Lächeln in einer Warnung vor eben der Jane seiner Wahl. Was ihre jüngeren Töchter beträfe — so könne sie natürlich noch nicht ja oder nein sagen — doch beständen ihres Wissens da keine Bindungen; — ihre älteste Tochter aber — das wolle sie ihm lieber gleich anvertrauen — sie empfinde es als ihre Pflicht, es ihm wenigstens anzudeuten — werde sich voraussichtlich schon binnen kurzem verloben!

      Es blieb Mr. Collins daher nichts weiter übrig, als Jane zu vergessen und durch Elisabeth zu ersetzen. Das war denn auch schnell getan — Mr. Collins brauchte dazu weniger Zeit, als Mrs. Bennet gebrauchte, um ein neues Scheit in das Feuer zu legen. Elisabeth kam dem Alter und Äußeren nach an zweiter Stelle; Mr. Collins wurde also die nächstfolgende Wahl nicht schwer.

      Das Gespräch war so recht nach Mrs. Bennets Herzen gewesen; sie wiegte sich jetzt in der Hoffnung, in Bälde zwei verheiratete Töchter zu haben. Und der Mann, von dem sie tags zuvor nichts hatte hören wollen, war jetzt hoch in ihrer Achtung gestiegen.

      Lydias Spaziergang nach Meryton wurde zu einem Spaziergang aller Schwestern außer Mary. Auch Mr. Collins folgte der überaus liebenswürdigen Aufforderung Mr. Bennets, der seine Bibliothek endlich wieder für sich allein haben wollte, und schloss sich seinen Cousinen an. Seit dem Frühstück hatte Mr. Bennet es sich gefallen lassen müssen, von seinem Vetter, der zum Schein den umfangreichsten Band aus der ganzen Sammlung vor sich hatte, endlose Beschreibungen seines Hauses und Gartens anzuhören. Mr. Bennets Gleichmut war bedenklich ins Wanken geraten: er war es gewohnt, in seiner Bibliothek ungestört und in Ruhe zu arbeiten und zu lesen; er wolle es gern auf sich nehmen, wie er einmal zu Elisabeth sagte, in jedem anderen Zimmer seines Hauses ausschließlich Dummheit und Einbildung anzutreffen, aber seine Bibliothek wolle er davon


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