Stolz und Vorurteil & Emma. Jane Austen

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Stolz und Vorurteil & Emma - Jane Austen


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aber kalt. Er setzte sich für ein paar Augenblicke, sprang dann wieder auf und ging im Zimmer auf und ab. Elisabeth wusste sich sein sonderbares Benehmen nicht zu deuten, sagte aber kein Wort. Nach einigen Minuten kam er mit seltsam erregter Miene auf sie zu und sagte: »Vergeblich habe ich mit mir gerungen; es geht nicht mehr so weiter. Meine Gefühle lassen sich nicht länger unterdrücken. Ich muss Ihnen jetzt sagen, wie sehr ich Sie bewundere, wie sehr ich Sie liebe.«

      Elisabeth war viel zu überrascht, um auch nur ein Wort erwidern zu können; sie starrte ihn nur an, errötete und — schwieg. Das genügte, um ihn zu ermutigen, und was er für sie empfand und längst schon empfunden hatte, das brach jetzt in einem Strom von Beteuerungen und Schwüren ungehemmt über sie herein. Er sprach mit einem Ton aufrichtigster Wärme; aber da war noch ein anderes Gefühl, das nicht minder Ausdruck finden wollte, sein unmäßiger Standesdünkel. Die Tatsache ihrer Unebenbürtigkeit, sein Verlust an Ansehen, die Einwendungen und Einsprüche seiner Familie, alles, was seine Vernunft immer seiner Neigung entgegengehalten habe, nichts ließ er aus, so wenig geeignet gerade solche Hemmungslosigkeit auch war, um seinem Antrag Gehör zu verschaffen.

      Trotz ihrer tiefen Abneigung gegen ihn empfand Elisabeth eine gewisse Befriedigung darüber, dass ein Mann von solchem Rang und Stand sich ihr erklärt hatte, und obgleich ihre Antwort vom ersten Augenblick an feststand, tat er ihr deshalb doch zunächst leid; aber als der Dünkel wieder bei ihm durchbrach, rief das wieder ihren ganzen Zorn gegen ihn wach, und das Mitleid verschwand so schnell, wie es gekommen war. Sie bemühte sich jedoch, sich so weit zu fassen, dass sie ihm in Ruhe antworten konnte, sobald er fertig war. Er schloss dann auch endlich mit einer erneuten Beteuerung der Tiefe und Stärke seiner Liebe, die ihn trotz seines langen Widerstrebens nun völlig überwältigt habe und deren Lohn er jetzt mit ihrer Hand zu erhalten hoffe. Er sagte dies in einer Weise, als zweifle er keine Sekunde daran, dass ihre Antwort seine Hoffnung erfüllen werde. Er sprach wohl von Befürchtungen und Besorgnissen, aber seine Miene verriet nur völlig überzeugtes Selbstbewusstsein. Das brachte sie nur noch mehr auf, und als er geendet hatte, sagte sie mit blitzenden Augen: »In einem Fall wie diesem ist es, glaube ich, üblich, für die bezeugte Zuneigung zu danken, mag das Gefühl auch nicht im geringsten erwidert werden. Und wenn ich es fertig brächte, auch nur eine Spur von Dankbarkeit zu empfinden, dann würde ich es Ihnen jetzt sagen. Aber ich kann es nicht —, ich habe nie auf Ihre gute Meinung von mir Wert gelegt, und Sie haben sie auch nur höchst ungern zugestanden. Es betrübt mich immer, wenn ich irgend jemandem weh tun muss, aber es lag dieses Mal ganz bestimmt nicht in meiner Absicht, und ich denke, Ihr Schmerz wird nur von kurzer Dauer sein. Die Gefühle, die, wie Sie sagen, so lange das Geständnis Ihrer Neigung verhindert haben, werden Ihnen auch dabei behilflich sein.«

      Mr. Darcy, der gegen den Kaminsims gelehnt dastand und sie unentwegt ansah, schien ihre Worte ebenso verwundert wie ärgerlich zu vernehmen. Er wurde merklich blasser, und seine ganze Haltung drückte stärkste Erregung aus. Er kämpfte sichtlich mit sich selber, um seine Ruhe zu bewahren, und öffnete seinen Mund nicht eher zum Sprechen, bevor er sich nicht wieder ganz in der Gewalt hatte. Das lange Schweigen wurde Elisabeth zur Qual. Schließlich sagte er mit erzwungener Ruhe: »Das ist also die ganze Antwort, mit der Sie mich zu beehren gedenken! Ich darf aber, wenn das allerdings auch nicht mehr sehr ins Gewicht fällt, vielleicht doch noch erfahren, warum ich mit einem so geringen Aufwand von Höflichkeit abgewiesen werde.«

      »Vielleicht darf ich dagegen fragen, warum Sie es für richtig hielten, mir — doch in der ausgesprochenen Absicht, mich zu verletzen — mitzuteilen, dass Sie gegen jede Vernunft und gegen Ihre eigene Überzeugung eine Neigung zu mir gefasst haben? Hatte ich da nicht allen Grund, unhöflich zu sein, falls ich es wirklich gewesen bin? Aber ich hatte auch noch andere Gründe, und das müssen Sie gewusst haben. Hätte sich mein Gefühl nicht gegen Sie entschieden, wären Sie mir nur gleichgültig oder auch sogar sympathisch — ja, glauben Sie denn wirklich, dass mich irgend etwas dazu hätte bringen können, den Mann zu heiraten, der das Glück meiner Schwester, und das vielleicht für immer, zerstört hat?«

      Bei diesen Worten verfärbte sich Darcy wieder, aber er unterdrückte seine Bewegung sogleich und hörte sie ohne Unterbrechung an, als sie nun fortfuhr: »Ich habe allen Grund, Sie zu verabscheuen. Keine noch so gute Absicht kann Sie von dem Unrecht und dem Schimpf freisprechen, den Sie meiner Schwester angetan haben. Versuchen Sie es zu leugnen, wenn Sie es wagen, dass Sie der Hauptschuldige, wenn nicht der einzige, waren, dass die beiden auseinandergekommen sind, dass der eine nun vor der ganzen Welt als unbeständig und charakterlos dasteht, dass die andere sich wegen ihrer enttäuschten Hoffnungen verspotten lassen muss und dass alle beide jetzt tief unglücklich sind.«

      Sie hielt inne und sah zu ihrer nicht geringen Entrüstung, dass er ihr zuhörte, ohne irgendeine Spur von Beschämung erkennen zu lassen. Er wagte es sogar, sie mit einem Lächeln gespielter Verständnislosigkeit anzusehen.

      »Können Sie irgend etwas von dem, was ich sagte, abstreiten?« wiederholte sie.

      »Ich habe gar nicht die Absicht zu leugnen«, erwiderte er ruhig, »dass ich alles getan habe, was in meiner Macht stand, um meinen Freund und Ihre Schwester auseinanderzubringen, und auch nicht, dass ich mich über das Ergebnis freue. Gegen ihn habe ich eben freundschaftlicher gehandelt als gegen mich selbst.«

      Elisabeth hielt es für unter ihrer Würde, auf diese »höfliche« Bemerkung einzugehen, sie hatte sie jedoch wohl verstanden und wurde dadurch nicht versöhnlicher gestimmt.

      »Aber das«, fuhr sie fort, »ist nicht der einzige Grund für meine Abneigung. Schon lange vorher hatte ich mir meine Meinung von Ihnen gebildet, als ich mir durch die Erzählung von Mr. Wickham über Ihren Charakter klar wurde. Was können Sie wohl zu diesem Vorwurf zu sagen haben? Welchen Freundesdienst kann Ihre Einbildungskraft hier zu Ihrer Entschuldigung erfinden? Oder wie wollen Sie sonst diese Sache verdrehen?«

      »Die Angelegenheiten jenes Herrn beschäftigen Sie offenbar ungewöhnlich stark«, meinte Darcy in etwas weniger ruhigem Tonfall.

      »Wer würde nicht an ihm Anteil nehmen, wenn er von seinen Schicksalsschlägen erfährt?«

      »Schicksalsschläge!« sagte Darcy verächtlich, »ja, das Schicksal hat ihm wahrhaftig übel mitgespielt!«

      »Und durch Ihre Schuld«, rief Elisabeth aufgebracht aus, »ist er so arm geworden, verhältnismäßig arm wenigstens. Sie haben ihn während seiner besten Jahre der Unabhängigkeit beraubt und der Zukunftsmöglichkeiten, die ihm nicht nur zukamen, sondern die er auch verdient hatte. Alles das haben Sie getan! Und dann wagen Sie es noch, über sein Geschick mit Spott und Verachtung zu sprechen!«

      »Das ist also das Bild, das Sie von mir haben!« rief Darcy aus und schritt von neuem erregt im Zimmer auf und ab. »In diesem Ruf stehe ich bei Ihnen! Ich danke Ihnen für Ihre offene Erklärung! Nach Ihrer Rechnung sind meine Fehler allerdings nicht wieder gutzumachen. Aber glauben Sie nicht«, wandte er sich ihr wieder zu, »glauben Sie nicht, dass alle meine Verfehlungen milder beurteilt worden wären, hätte ich nicht Ihren Stolz durch das offene Geständnis meiner Bedenken gekränkt, die mich so lange abhielten, Ihnen meine Gefühle für Sie zu verraten? Sie hätten Ihre bitteren Anklagen vielleicht unterdrückt, wäre ich schlauer gewesen, hätte ich meine inneren Kämpfe verschwiegen und Ihnen statt dessen mit der Behauptung geschmeichelt, meine Neigung zu Ihnen sei niemals durch irgendwelche vernünftigen Erwägungen beeinträchtigt worden! Aber solche Schauspielerei liegt mir ganz und gar fern. Und der Gefühle, die ich Ihnen darlegte, schäme ich mich nicht im geringsten; sie waren durchaus natürlich und berechtigt. Oder erwarteten Sie etwa, ich sollte mich über Ihre kleinbürgerliche Verwandtschaft freuen? Mich dazu beglückwünschen, in eine Familie zu heiraten, die so weit unter meiner eigenen steht?«

      Elisabeth fühlte ihre Empörung und Erbitterung jeden Augenblick größer werden, aber sie bemühte sich doch, mit größter Gelassenheit zu antworten:

      »Sie irren sich sehr, Mr. Darcy, wenn Sie glauben, dass die Art Ihres Antrages irgendeinen anderen Einfluss hatte, als dass sie mich der Mühe enthob, das Mitleid mit ihnen zu haben, das ich sonst wahrscheinlich empfunden hätte, hätten Sie sich etwas feinfühliger und taktvoller aufgeführt.«

      Sie bemerkte, wie er bei diesen Worten zusammenfuhr; doch er sagte nichts und sie fuhr fort: »Aber


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