Stolz und Vorurteil & Emma. Jane Austen

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Stolz und Vorurteil & Emma - Jane Austen


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sie nicht am Üben verhinderte.«

      Elisabeth betrachtete Darcy heimlich, ob ihm bei solchen Lobsprüchen eine Spur von Neigung für seine Cousine anzumerken sei. Nichts dergleichen war an ihm zu entdecken. Und so kam denn Elisabeth zu dem für Miss Bingley tröstlichen Schluss, dass er Caroline genau so gern geheiratet haben würde, wäre sie seine reiche Cousine gewesen.

      Lady Catherine fuhr derweil in ihren Bemerkungen über Elisabeths Spiel fort, würzte sie hier und da mit Ermahnungen und bedauerte, dass nicht jeder ihr eigenes Musikverständnis besaß. Elisabeth ertrug dies alles mit größter Gleichgültigkeit; sie begann wieder zu spielen, und die Herren ließen sie nicht eher von dem Instrument fort, als bis der Wagen vor der Tür stand, um die Gäste nach Hause zu bringen.

      Zweiunddreissigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Elisabeth saß am nächsten Morgen allein zu Haus und schrieb an Jane, während Charlotte und Maria ins Dorf gegangen waren, um Besorgungen zu machen, als ein plötzliches Läuten an der Tür sie hochfahren ließ. Da sie keinen Wagen hatte kommen hören, vermutete sie, dass es Lady Catherine sein könnte, und steckte gerade ihren halbfertigen Brief fort, um allen naseweisen Fragen darüber zu entgehen, da öffnete sich die Tür und zu ihrer nicht geringen Überraschung trat Darcy ein — Darcy ohne jede Begleitung.

      Er schien ebenfalls erstaunt zu sein, sie allein vorzufinden, und entschuldigte sein Eindringen damit, dass er angenommen habe, alle Damen zu Hause anzutreffen.

      Er setzte sich, und nachdem Elisabeth sich an niemanden mehr erinnern konnte, nach dessen Wohlbefinden sie sich noch hätte erkundigen können, drohte die Unterhaltung aufzuhören, eine Unterhaltung zu sein. Sie musste daher irgend etwas finden, und bei ihrem verzweifelten Nachdenken fiel ihr plötzlich ein, wann sie ihn zuletzt in Hertfordshire gesehen hatte, und da gleichzeitig mit der Erinnerung auch die Neugierde in ihr wach wurde, fragte sie: »Wie hastig Sie doch vergangenen November alle von Netherfield fortgingen, Mr. Darcy. Mr. Bingley war gewiss sehr freudig überrascht, dass Sie alle so bald nach ihm in London ankamen? Denn, wenn ich mich recht erinnere, fuhr er ja nur einen Tag vorher ab. Ihm und seinen Schwestern ging es hoffentlich gut, als Sie sie zuletzt in London sahen?«

      »Ja, sehr gut, danke.«

      Es enttäuschte sie etwas, keine ausführlichere Antwort zu erhalten; und nach einer Pause fügte sie deshalb hinzu: »Ich habe gehört, dass Mr. Bingley keine große Lust haben soll, jemals wieder nach Netherfield zurückzukehren?«

      »Ich weiß davon nichts. Aber es ist schon möglich, dass er nur wenig Zeit in Zukunft dort verbringen wird. Er hat viele Freunde, und in seinem Alter nimmt der Freundeskreis und nehmen die gesellschaftlichen Verpflichtungen ständig zu.«

      »Wenn er nur selten nach Netherfield zu kommen gedenkt, dann wäre es doch besser, wenn er das Haus wieder loszuwerden versuchte; vielleicht käme dann eine Familie dorthin, die sich für immer da niederlassen würde. Aber Mr. Bingley hat das Haus natürlich nicht der Nachbarn wegen genommen, sondern aus anderen Gründen, und dieselben Gründe werden ihn wohl weiterhin dazu veranlassen, Netherfield zu behalten oder aufzugeben.«

      »Es sollte mich nicht wundern«, meinte Darcy, »wenn er das Haus ganz aufgäbe, sobald er ein vernünftiges Angebot erhält.«

      Elisabeth antwortete nicht; sie scheute sich, weiter über seinen Freund zu sprechen. Und da sie nichts mehr zu sagen wusste, überließ sie jetzt ihm die Mühe, einen Gesprächsstoff ausfindig zu machen. Er verstand den unausgesprochenen Wink und begann nach kurzer Pause wieder: »Das Haus hier scheint recht gemütlich zu sein. Hat Lady Catherine nicht sehr viele Neuanschaffungen machen lassen, als Mr. Collins in Hunsford seinen Einzug hielt?«

      »Ich glaube wohl, und ich weiß, dass kein Gönner sich einen dankbareren Bewunderer hätte aussuchen können.«

      »Mr. Collins scheint mir sehr glücklich in der Wahl seiner Gattin gewesen zu sein.«

      »Ja, sehr! Seine Freunde haben allen Grund, ihn dazu zu beglückwünschen, dass er eins von den bestimmt nicht zahlreichen vernünftigen Mädchen getroffen hat, die ihn genommen und ihn außerdem noch glücklich gemacht hat. Charlotte versteht sich bestimmt sehr gut darauf, sich auf Menschen einzustellen, doch ich kann trotzdem nicht behaupten, dass ich ihre Heirat mit Mr. Collins für eine ihrer klügeren Handlungen ansehe. Sie macht aber einen durchaus zufriedenen Eindruck, und vom Standpunkt der Vernunft aus gesehen, hat sie ja auch keine schlechte Partie gemacht.«

      »Es muss ein sehr angenehmer Gedanke für sie sein, ihren eigenen Hausstand in einer solch bequemen Entfernung von ihrer Familie und ihren Freunden zu haben.«

      »Das nennen Sie eine bequeme Entfernung? Fünfzig Meilen sind es!«

      »Und was sind schon fünfzig Meilen auf diesen guten Straßen? Wenig mehr als eine halbe Tagereise. Ich nenne das eine bequeme Entfernung!«

      »Nun, ich würde diese Entfernung nicht gerade als einen der Vorteile ihrer Ehe bezeichnet haben!« rief Elisabeth aus. »Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass Charlotte in unserer Nähe wohnt!«

      »Das beweist nur, wie sehr Sie an Hertfordshire hängen; alles, was nicht unmittelbare Nachbarschaft von Longbourn ist, erscheint Ihnen gewiss als ferne Fremde!« Er sagte dies mit einem Lächeln, von dem Elisabeth glaubte, es deuten zu können — er vermutete wahrscheinlich, sie habe mit einem Gedanken an Jane und Netherfield so gesprochen —, und sie errötete, als sie antwortete: »Ich wollte damit nicht sagen, dass man nicht auch zu nahe bei seinen Angehörigen leben kann. Aber nah und fern sind unbestimmte Begriffe und können unter verschiedenen Umständen Verschiedenes bedeuten. Wenn man so reich ist, dass die Kosten einer Reise keine Rolle spielen, dann ist Entfernung durchaus kein Nachteil. Aber das ist bei unseren Freunden nicht der Fall: Mr. Collins hat zwar ein recht schönes Einkommen, aber zu häufigen Reisen langt es denn doch nicht. Charlotte würde sich selbst bestimmt nicht als ihrer Familie nahe bezeichnen, auch wenn sie nur halb so weit entfernt lebte wie jetzt.«

      Mr. Darcy zog seinen Stuhl etwas näher an den ihren heran und sagte: »Sie können doch aber keinen Grund haben, so sehr an Longbourn zu hängen. Sie machen so gar nicht den Eindruck, als ob Sie ständig dort gewohnt hätten.«

      Elisabeth sah ihn ganz erstaunt an. Darcy fasste sich wieder, rückte etwas ab und fragte, indem er eine Zeitung vom Tisch nahm und in ihr zu blättern begann, in beherrschterem Tone: »Wie gefällt Ihnen Kent?«

      Ein auf beiden Seiten ruhig und sachlich geführtes Gespräch über die Schönheiten der Landschaft folgte, bis es durch den Eintritt von Charlotte und ihrer Schwester unterbrochen wurde, die gerade von ihrem Gang zurückgekehrt waren. Auf ihren Gesichtern stand die Verwunderung über den unerwarteten Besuch deutlich zu lesen. Darcy beeilte sich, die Geschichte von seinem Irrtum zu wiederholen, durch den er Miss Bennet gestört habe; und nachdem er noch einige Augenblicke schweigend dagesessen hatte, erhob er sich und ging.

      »Was soll denn das bedeuten?« sagte Charlotte, als er fort war. »Meine liebe Lizzy, er muss sich in dich verliebt haben, sonst hätte er uns niemals einen so zwanglosen Besuch gemacht!«

      Aber als Elisabeth berichtete, wie er sich die ganze Zeit ausgeschwiegen habe, glaubte selbst Charlotte nicht mehr recht daran, dass etwas Wahres an ihrer Vermutung sein könne. Schließlich einigten sie sich dahingehend, dass sein Besuch erfolgt sei, weil er sich langweilte. Das war auch bei der gegenwärtigen Jahreszeit das wahrscheinlichere. Für Sport war das Wetter zu unsicher, und auf Rosings gab es zwar Bücher, einen Billardtisch und Lady Catherine, um ihm und seinem Vetter die Zeit zu verkürzen, aber ein junger Mensch kann ja nicht den ganzen Tag in ein und denselben vier Wänden hocken.

      So kamen denn in der Folge die beiden Vettern fast jeden Tag zum Pfarrhaus, sei es, dass der Weg dorthin oder die Schönheit seines Gartens oder die Liebenswürdigkeit seiner Bewohner sie zu diesen Besuchen veranlasste. Manchmal kam nur einer, manchmal waren sie beide dort, und bisweilen wurden sie sogar von ihrer Tante begleitet. Es wurde bald allen klar, dass Oberst Fitzwilliam ihre Gesellschaft besonders


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