Stolz und Vorurteil & Emma. Jane Austen

Читать онлайн книгу.

Stolz und Vorurteil & Emma - Jane Austen


Скачать книгу
zu der sie ihren Mann so viel wie möglich ermuntere. Mr. Collins führte seine Gäste über alle Wege und Seitenwege, machte sie auf alles und jedes so deutlich aufmerksam, dass die Schönheit der Blumen darüber zu kurz kam, und ließ ihnen kaum Zeit, in alle Lobpreisungen einzustimmen, zu denen er selbst immer den Einsatz gab. Er wusste genau, wie viele Felder in jeder Himmelsrichtung zu sehen waren, was dieses Jahr auf ihnen stehen sollte und wie viele und welche Bäume sich in den entfernsten Winkeln befanden. Aber keine Aussicht in seinem ganzen Garten, ja, im ganzen Königreich ließ sich mit der Aussicht vergleichen, die man durch einige Bäume unmittelbar vor seinem Hause auf Rosings hatte, ein modernes, inmitten eines sanft ansteigenden Parks schön gelegenes, riesiges Schloss.

      Nach dem Garten wollte Mr. Collins seinen Gästen auch noch seine beiden angrenzenden Felder zeigen, aber der Boden war für die leichten Damenschuhe zu aufgeweicht. Während die beiden Herren ihren Rundgang fortsetzten, zeigte Charlotte ihrer Schwester und ihrer Freundin die übrigen Räume des Hauses. Das Haus war nicht sehr groß, aber geschickt entworfen und gemütlich eingerichtet; alles verriet einen Geschmack und eine Ordnung, für die schwerlich Charlottes Mann verantwortlich gemacht werden konnte. Überhaupt, sobald man es fertigbrachte, Mr. Collins zu vergessen, nahm das ganze Haus ein neues Gesicht von Ruhe und Zufriedenheit an.

      Elisabeth war nicht lange in Unkenntnis davon gelassen worden, dass Lady Catherine sich zur Zeit auf Rosings aufhalte, und während des Essens kam das Gespräch wieder darauf zurück.

      »Ja, Miss Elisabeth«, meinte Mr. Collins, »Sie werden am nächstfolgenden Sonntag die große Ehre haben, Lady Catherine de Bourgh in der Kirche zu sehen, und ich brauche wohl nicht hinzuzufügen, dass Sie von ihr entzückt sein werden. Sie ist ganz Leutseligkeit und Wohlwollen, und ich hege nicht den geringsten Zweifel, dass auch Ihnen nach der Predigt die Ehre ihrer Aufmerksamkeit zuteil werden wird. Ich glaube, nicht zu viel zu versprechen, wenn ich meiner Meinung Ausdruck gebe, dass sowohl Sie wie meine Schwägerin Maria in jede Einladung mit eingeschlossen sein werden, die während Ihres Aufenthaltes in meinem bescheidenen Heim entgegenzunehmen wir die Ehre haben werden. Ihr Verhalten gegenüber meiner lieben Charlotte ist ganz reizend. Wir speisen zweimal wöchentlich auf Rosings, und nie will Lady Catherine auch nur etwas davon hören, dass wir zu Fuß nach Hause zurückkehren. Pünktlich erwartet uns jedesmal ihr Wagen vor dem Eingang. Oder ich sollte vielleicht besser sagen, einer ihrer Wagen, denn Lady Catherine besitzt selbstverständlich deren mehrere.«

      »Lady Catherine ist wirklich eine sehr vornehme und kluge Dame«, fügte Charlotte hinzu, »und eine höchst liebenswürdige Nachbarin.«

      »Ganz recht, meine Liebe, ganz recht; genau, was ich immer zu sagen pflege. Sie gehört zu den Menschen, denen man gar nicht genügend Ehrerbietung bezeugen kann.«

      Man verbrachte den Abend damit, alle Neuigkeiten aus Hertfordshire zu berichten, auch die schon brieflich erwähnten. Und als Elisabeth später in ihrem Zimmer allein war, stellte sie noch einmal Betrachtungen über Charlottes große Zufriedenheit an, bedachte den Takt, mit dem sie ihren Mann führte, den Gleichmut, mit dem sie ihn ertrug; und sie musste zugeben, dass ihre Freundin in all dem großes Geschick bewies. Sie stellte sich danach vor, wie ihr weiterer Aufenthalt sich hier abspielen würde die ruhige Musse allein und das heitere Zusammensein mit ihrer Freundin, die lästigen und langweiligen Unterbrechungen durch ihren Gastgeber und den Glanz der Feste auf Rosings. In Elisabeths lebhafter Phantasie verschmolz das alles zu einem farbenfrohen Bild.

      Als Elisabeth am folgenden Vormittag sich zu einem Spaziergang zurechtmachte, ertönte plötzlich von unten ein Lärm, als befinde sich das ganze Haus in höchster Aufregung. Gleich darauf hörte sie jemand den Flur entlanglaufen und laut ihren Namen rufen. Sie öffnete die Tür und fand Maria davor, die ihr atemlos vor Erregung zurief: »Ach Lizzy, mach schnell und komm ins Esszimmer herunter; du ahnst nicht, was du da zu sehen bekommen wirst! Ich will nichts verraten. Komm, so schnell du kannst!«

      Elisabeth fragte vergebens, Maria wollte nichts weiter sagen, und so eilten sie denn beide hinunter ins Esszimmer. Vom Fenster aus konnten sie das Wunder sehen. Es bestand in zwei Damen, die in einem niedrigen Zweispänner vor der Tür hielten.

      »Weiter ist es nichts?« rief Elisabeth. »Ich dachte mindestens, die Schweine wären in den Garten geraten, und hier zeigst du mir bloß Lady Catherine und ihre Tochter!«

      »Aber Lizzy«, sagte Maria, ganz entsetzt über Elisabeths Irrtum, »das ist doch nicht Lady Catherine; die alte Dame ist Mrs. Jenkinson, Miss de Bourghs Erzieherin, die noch auf Rosings lebt; und die andere ist allerdings Miss de Bourgh selbst. Sieh sie dir doch nur einmal an, wie klein sie ist. Ich hätte nicht gedacht, dass man so zierlich sein könnte!«

      »Ob klein oder nicht, es ist abscheulich unhöflich und rücksichtslos von ihr, Charlotte da draußen in der Kälte stehen zu lassen. Warum kommt sie nicht herein?«

      »Oh, Charlotte sagt, das tut sie fast niemals. Das ist eine ganz große Ehre, wenn Miss de Bourgh hier einen Besuch macht.«

      »Aber so gefällt sie mir«, verfolgte Elisabeth plötzlich einen neuen Gedanken, »sie sieht kränklich und mürrisch aus. Ja, das ist gerade das Richtige für ihn: sie wird eine höchst passende Frau für ihn abgeben!«

      Charlotte und Mr. Collins standen nebeneinander an der Gartenpforte und sprachen mit den beiden Damen. Und zu ihrer großen Erheiterung entdeckte Elisabeth auch Sir William am Hauseingang, wo er in würdevoller Haltung den erhebenden Anblick der beiden vornehmen Damen genoss und jedesmal eine tiefe Verbeugung machte, so oft Miss de Bourgh ihre Augen in seine Richtung wandte.

      Neunundzwanzigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Die Einladung vervollständigte Mr. Collins’ Triumph. Die Möglichkeit, seinen staunenden Gästen die ganze Vornehmheit seiner Patronin zeigen zu können und sie die Aufmerksamkeit erleben zu lassen, mit der man ihn und seine Frau auf Rosings behandelte, das war gerade das, was er sich noch gewünscht hatte. Und dass die Gelegenheit dazu so bald schon gegeben wurde, war in seinen Augen ein solcher Beweis für die besondere Güte Lady Catherines, dass er nicht Worte genug zu ihrem Lobe finden konnte.

      »Ich muss zugeben«, sagte er, »dass es mich nicht weiter überrascht haben würde, hätte Lady Catherine uns am Sonntagabend zu einer Tasse Tee gebeten. Soviel glaubte ich, so wie ich sie nunmehr kenne, erwarten zu dürfen. Aber wer hätte eine solche Liebenswürdigkeit erträumen können? Wer hätte gedacht, dass eine Einladung zum Essen, noch dazu für meinen ganzen Hausbesuch mit, so bald schon nach eurer Ankunft ergehen würde?«

      »Ich meinerseits vermag nicht das gleiche Erstaunen wie du zu empfinden«, sagte Sir William, »da meine Stellung mir manchen Einblick in die besten Kreise gewährt hat. Bei Hofe zum Beispiel habe ich das Gleiche erlebt!«

      Im Laufe des Tages und noch am nächsten Morgen konnte kein anderer Gesprächsstoff neben der Einladung bestehen. Mr. Collins bereitete alle sorgfältig darauf vor, was sie zu sehen bekommen würden: die Größe und Pracht der Räumlichkeiten, die Anzahl von Bedienten, das Essen mit all seinen Herrlichkeiten — nur, damit sie dort nicht gänzlich von allem erschlagen werden sollten.

      Als die Damen sich zurückzogen, um mit ihrer Toilette zu beginnen, sagte er zu Elisabeth: »Sie brauchen sich wegen Ihrer Erscheinung keine Sorgen zu machen, liebe Cousine. Lady Catherine erwartet keineswegs, dass wir so modern und elegant sein sollen, wie sie und ihre Tochter es natürlich sind. Ich möchte Ihnen raten, einfach das Beste anzuziehen, was Sie mithaben; mehr ist nicht nötig. Lady Catherine wird nicht schlechter von Ihnen denken, bloß weil Sie ohne Aufwand gekleidet sind. Sie liebt es im Gegenteil, wenn der Standesunterschied auch in der Kleidung gewahrt bleibt.«

      Während sie sich anzogen, machte er nochmals einen Rundgang vor die verschiedenen Türen und forderte alle auf, sich zu beeilen, da Lady Catherine es nicht schätze, mit dem Essen warten zu müssen.

      All das Drum und Dran hatte Maria eine heillose Angst eingejagt, und da sie sowieso noch nicht viel in Gesellschaften gekommen war, sah sie ihrer Einführung auf Rosings mit Gefühlen entgegen, die genau


Скачать книгу