Justice justified. Kendran Brooks

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Justice justified - Kendran Brooks


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steht klipp und klar Eigelb.«

      Michael blätterte seine Akten durch.

      »Nein, Eischalen«, widersprach er dem Chinesen, »denn auf Seite drei steht ganz klar Egg blue

      Einen Moment lang blieb es ruhig auf der anderen Seite, dann meldete sich der Entwicklungschef von Meekong Industries mit einem meckernden Lachen.

      »Ja, Sie haben durchaus Recht, Mr. Langton. Auf Englisch steht da tatsächlich Egg blue. Doch weiter unten, in der chinesischen Übersetzung, was steht da?«

      Michael suchte sich die entsprechende Passage mit den Augen heraus und erstarrte. Denn hier standen klipp und klar die Schriftzeichen für Eigelb. Das war ein grober Schnitzer des Übersetzers von Meekong, der die englisch gestellten Anforderungen des Kunden falsch in die Landessprache und damit in ihren Vorvertrag für die Bemusterung übertragen hatte.

      Verdammt, dachte Langton, nicht schon wieder.

      »Gemäß unseren allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt bei Abweichungen in den sprachabhängigen Texten die chinesische Übersetzung, Mr. Langton, das wissen Sie doch?«

      »Ja, ich verstehe, Mr. Hian«, knirschte Langton nach einem stillen Fluch in den Hörer, »können Sie trotzdem so rasch als möglich zwei neue Muster für meinen Kunden produzieren und ihm zusenden?«

      »Zweihundertfünfzig Dollar«, war die trocken gestellte Forderung des Chinesen, »so viel kosten die neuen Muster.«

      »Ja, geht in Ordnung«, lenkte Michael ergeben ein, »wenn es nur schnell geht.«

      »Zwei Tage, Mr. Langton, zwei Tage«, hörte er noch, bevor die Verbindung unterbrochen wurde.

      *

      Sie verließen Santa Fe erst gegen Mittag und in Richtung Süden, planten ihre Ankunft in Truth or Consequences für den späteren Nachmittag. Wie von Alabima vermutet besuchten die Eltern mit Kind das Museum allein, denn Chufu und Mei verspürten keinerlei Lust auf Vergangenheitsbewältigung à la USA, wie die beiden abfällig meinten. Sie wollten stattdessen lieber ein wenig im Städtchen herum schlendern und herausfinden, warum die Stadt diesen seltsamen, beinahe martialischen Namen trug. Wahrheit oder Konsequenzen?

      Gleich beim Betreten des Gebäudes wurden Tochter und Eltern von einer älteren Frau warmherzig und mit einem freundlichen Lächeln begrüßt: »Welcome to the Geronimo-Springs-Museum. How are you today, folks?«

      »Thanks, we’re fine«, meinte Jules, »how are you?«

      Die Frau stellte sich als Nancy Woodbridge vor, beglückwünschte sie zum Besuch ihres überaus interessanten Museums, zählte ihnen dann die verschiedenen Räume auf, beschrieb sie kurz, während sie den geringen Eintrittspreis kassierte, wies die Besucher auch auf die vielen interessanten Bücher zum Wilden Westen und zur Geschichte Amerikas im kleinen Shop hin und dass sie auf jeden Fall auch nach hinten raus gehen sollten, wo sie weitere Exponate im Freien finden konnten, für die sich der Abstecher lohnen sollten.

      Zu dritt schlenderten sie gemütlich durch die Ausstellung, hatten sich dabei für den Uhrzeigersinn entschieden, betrachteten sich die ausgestellten Stücke aber mit mäßigem Interesse. Bereits im zweiten Raum fanden sie allerdings in einem Holzständer ein paar Kartontafeln mit den Fotos aller Schulabgänger der Stadt seit 1935. Alabima und Jules suchten spaßeshalber nach einem Sprössling mit dem Namen McKinn, wurden jedoch nicht fündig. So gingen sie weiter, schauten sich die Sammlungen mit Stücken aus der Gründerzeit an, hunderte von Pfeilspitzen und dutzende von indianischen Tonwaren, aber auch Gewehre und Gebrauchsgegenstände der Siedler und Rancher. Endlich gelangten sie zu einem recht kleinen Raum, der den Apachen gewidmet war, aber vor allem über das Leben von Geronimo berichtete. Sogar eine lebensgroße Wachsfigur war aufgestellt, zeigte einen lederhäutigen, gedrungenen Indianer mit verbitterten Gesichtszügen und einem überaus grausamen Mund. Alina stand lange Zeit still vor dieser Plastik und ihre Eltern konnten die Gedanken und Gefühle der Fünfjährigen in ihrem Gesicht ablesen. Da waren zuerst eine gewisse Scheu und auch ein Unbehagen zu erkennen. Sie wurden wenig später durch eine tiefe Nachdenklichkeit abgelöst, die stille Fragen stellte. Alabima und auch Jules wurde bewusst, dass ihre noch so junge Tochter viel zu wenig vom Leben wusste, um diesen furchtlosen und gleichzeitig so furchteinflößenden Krieger in ihre bisherige Welt einzuordnen. Und doch war da auch ein erwachendes Verständnis in der Mimik der Kleinen zu erkennen.

      Auf einmal löste sich ihre Starre und sie ging beinahe ehrfürchtig zum ersten Schaukasten, suchte darin wohl nach dem berühmten Foto von Jimmy Santiago McKinn, welches ihn in zerlumpter, westlicher Kleidung in einer Gruppe von Apachenkindern zeigte, ein unglücklich dreinschauender Fremdkörper in der ihm kaum verständlichen Welt der Indianer. Jules und Alabima blickten über ihren Kopf hinweg in dieselbe Vitrine. Doch sie fanden darin bloß alte Zeitungsausschnitte und längere, erklärende Texte zu Geronimo. Alabima las sie für Alina laut vor und so erfuhren die drei, dass der Apachen-Anführer acht oder neunmal verheiratet gewesen war, dass er seine erste Frau und seine Kinder bei einem Überfall mexikanischer Soldaten verloren hatte, dass auch weitere seiner Ehefrauen im Kampf gegen die fremden Eindringlinge starben, dass Geronimo selbst als über achtzig Jähriger noch einmal geheiratet hatte, seine letzte Partnerin jedoch nach kurzer Zeit fort schickte und die Frau zu ihrem Stamm ins Reservat zurückging.

      Alina hörte zu, nickte verständig. Jules beobachtete seine Tochter sehr genau, überwachte ihre Reaktionen auf das beschriebene harte, wilde und gewalttätige Leben eines Mannes, der sich nicht in eine neue Zeit einpassen konnte oder wollte. Als die Kleine hörte, wie man diesen berühmten, blutrünstigen Wilden im hohen Alter gar zur Weltausstellung nach St. Louis schleppte und ihn dort als gruseliges Schauobjekt einer vergangenen Epoche der lüsternen Menge sogenannter zivilisierter Menschen vorführte, da zog sie ihre Stirn in arge Runzeln und ihr Mund zeigte großen Unwillen und Abscheu.

      Leider fanden sie keinen einzigen Hinweis auf die Entführung des jungen McKinn, weder ein Foto noch einen Zeitungsbericht oder auch nur einen erklärenden Texthinweis. Sehr enttäuscht gingen sie weiter, gelangten wenig später in einen Raum zur Geschichte der Namensgebung der Stadt. Truth or Consequences war eine landesweit berühmte Radio- und spätere Fernseh-Show gewesen, deren Moderator Ralph Edwards 1950 versprach, aus derjenigen Stadt, die sich für einen einzigen Tag den Namen der Show gab, die nächste Sendung zu moderieren. Das damalige Hot Springs in New Mexico meldete sich als erste Gemeinde. Doch die Ortschaft benannte sich nicht bloß für einen einzigen Tag um, sondern blieb beim Namen der Spielshow. Selbst drei Abstimmungen unter den Einwohnern der Stadt konnten daran nichts ändern am früheren spontan gefällten Entscheid. Der Showmaster Ralph Edwards blieb dem Ort darum auch später treu, besuchte ihn jedes Jahr zur selben Zeit. Truth or Consequences veranstaltete viele Jahre lang eine Parade und der berühmte Moderator war stets ihr Ehrengast. Selbst der Sattel, auf dem Edwards den Umzug jeweils per Pferd anführte, war im Museum ausgestellt. Und an den Wänden hingen die Fotos früherer Hollywood Berühmtheiten, die im Gefolge von Ralph Edwards an den Festlichkeiten teilgenommen hatten.

      Weitere Räume zeigten dann für die Besucher aus der Schweiz wenig Interessantes und eher Lächerliches aus dem Leben alteingesessener Familien der Umgebung. Fotos, Kleidungsstücke und Gebrauchsgegenstände, manche fünfzig, manche hundert Jahre alt. Kaum etwas davon war museumswürdig. Doch die Sachen gehörten zur Geschichte dieser Stadt und waren darum am richtigen Ort.

      Die Ausstellung im Freien zeigte ein nicht funktionstüchtiges Windrad mit Wasserpumpe und ein paar verrostete Pflüge. Dahinter lag noch ein einzelnes Blockhaus, das vor allem Proben von Mineralien und Metallen aus der Umgebung zeigte. Einige der Stücke waren durchaus ein paar Dollar wert und Jules wunderte sich, dass man sie so offen und nicht etwa in abgeschlossenen Vitrinen ausstellte. Selbst eine Videokamera fehlte wohl, wie sein prüfender Rundblick bewies.

      Glücklicher Südwesten, dachte er bei sich, hier war die Welt wirklich noch in Ordnung.

      Sie gingen zurück zum Eingangsbereich und fragten Nancy direkt nach Jimmy Santiago McKinn. Die ältere Frau hörte ihnen geduldig zu und schüttelte dann verneinend den Kopf.

      »Selbstverständlich kennt fast jeder im Südwesten


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