Die Therapie entdeckt die Familie. Dr. med. Günther Montag
Читать онлайн книгу.so verhalten, dass Andere gern mit mir zusammenarbeiten.“
„Burnout“:
Ein echtes „Burnout“ ist Erschöpfung wegen übertriebenen Aufopferns für andere, zum Beispiel im Beruf. Nicht nur die helfenden Berufe sind davon betroffen. Die Akut- Hilfe ist natürlich, das zu erkennen, und für eine Zeitlang Abstand von der Arbeit zu bekommen und sich zu besinnen. Dabei kann eine Krankschreibung helfen, manchmal muss man auch die Arbeitszeit auf Dauer reduzieren oder die Stelle wechseln. Aber was ist, wenn sich solche Situationen immer wiederholen? Dann ist die tiefere Etage der Therapie gefragt: Welches vielleicht in früher Kinderzeit angewöhnte Verhaltensmuster wirkt da? Fragen Sie sich: „Wollte ich als Kind z. B. der kranken Mutter oder dem kranken Vater helfen oder sie retten.“ VT hilft, solche Muster zu erkennen, das liebevolle Loslassen zu üben und im Beruf gelassener werden. Manchmal kann die Therapie hier gut durch eine „Familienaufstellung“ ergänzt werden, wo in einem wortlosen ruhigen Rollenspiel diese alten Gefühle ans Licht kommen.
In den Einzelsitzungen bemühe ich mich, sobald ich einen kreisenden Redefluß des Klienten um vordergründige Anliegen bemerke, Fragen auf die Bereiche Ressourcen und Familiennetzwerk auszuweiten. Am Anfang scheiden sich bei mir die Geister. Manche begreifen nicht die Zusammenhänge ihrer Probleme mit tieferen Mustern, wechseln zu Therapeuten die mehr beim Symptom bleiben. Andere wechseln von anderen Therapien zu mir, sind erleichtert dass ich sie aus ihrer Endlosschleife hole, finden durch die erweiterten Fragen Einsicht in die Entstehung ihrer Verhaltensmuster. Wenn etwas ans Licht gekommen ist, kann es nicht mehr so bleiben wie bisher.
Die non-direktive Aufstellung mit Figuren
Manchmal wird bereits in der ersten Sitzung das Gespräch durch die kleinen Spielfiguren aufgelockert, die auf dem Tisch herumliegen, und wir kommen in eine tiefere, bildhafte Ebene. Allein schon zur Psychoedukation, d. h. Erklären von Mustern und ihren Folgen, helfen die Figuren. Bildhaft kann ich mit ihnen Grundordnungen der Liebe zeigen. Das Figurenaufstellen ist Teil der Verhaltens-Analyse, denn das Verhalten in Beziehungen beruht auf Haltungen, und unsere Grundhaltungen haben wir in der Familie gelernt. So verstehen die Klienten, warum ein Verhaltenstherapeut Aufstellungen macht. Manchmal lasse ich Klienten auch auf Papier ihre Familie als Strichmännchen in verschiedenen Farben und Größen malen.
Die meisten Klienten sind nicht abgeneigt, ihre Familien so „aufzustellen“. Je Problemlage fangen wir mit der Gegenwartsfamilie oder der Ursprungsfamilie an, und machen im Regelfall nur eine Aufstellung pro Sitzung, damit die Wirkung nicht durch zu viele Bilder abgeschwächt wird.
Klienten, bei denen ich eine schwere Störung oder Belastung vermute, stellen die Figuren oft eindimensional, in einer Zeile auf. Ist das ein Hinweis auf etwas wie figürliche Legasthenie, eine Unfähigkeit, das Beziehungsgeflecht räumlich oder flächenhaft wahrzunehmen? Oder ist es Ausdruck einer schweren Verstrickung der ganzen Familie, so dass alle Personen in einer Reihe auf etwas Fehlendes schauen vor dem sie alle gleich sind?
Überangepasste Klienten mit starker Tendenz zur Leugnung stellen gern Ideal-Aufstellungen auf, um eine „heile Familie“ zu demonstrieren. Was hier auffällt ist, dass diese Figuren übertrieben eng zusammenstehen. Das wirkt wie eine „Beteuerung“, es ist ein Hinweis auf das Gegenteil.
Selten machen die harmlosen Figuren jemandem Angst. Starke negative Emotionen und innere Bilder können sich sogar schon hier bemerkbar machen. Beispiele: Eine vermutlich traumatisierte und verbitterte Frau bewegte ihren Kopf mit Abscheu von den Figuren weg, die ich auf den Tisch legte, wollte sie nicht berühren. Eine andere Klientin, die unter einem Vergiftungswahn litt, fragte als Reaktion auf den Anblick der kindlich-lieblichen Spielfiguren: „Sind die bös?“
Oft bekommt der Klient eine Idee, wie er die Figuren im Sinn einer guten Lösung umstellt.
Manchmal ist es, als würden die Figuren lebendig. Mancher ist so beeindruckt von der Sprache der Figuren, dass meine Andeutung auf fruchtbaren Boden fällt: „Wenn schon die kleinen Figuren uns so viel sagen können - wie viel mehr zeigt dann eine Aufstellung mit echten Menschen. Die können uns sagen wie es ihnen geht, und die können sich bewegen.“
Wahrnehmungsübungen mit Bodenankern
Manchmal übertrage ich ein Aufstellungsbild von einer Figurenaufstellung auf dem Tisch auf Plätze die im Raum verteilt sind. Manchmal beginne ich direkt mit einer gedanklichen Übung, wo wir uns Personen als im Raum verteilt stehend oder auf verschiedenen Stühlen sitzend vorstellen. Dann gehen Klient und manchmal auch ich abwechselnd in die verschiedenen Positionen und schauen wie sich derjenige fühlt. Diese Rollenspiele können in verschiedenen Tiefen ablaufen – in einer Dialogebene wenn es zum Beispiel um eine einfache Konfliktsituation im Beruf geht, oder tiefer. Solche erste Erfahrungen mit dem räumlichen und körperlichen Wahrnehmen des Familienfeldes könnten manche Klienten zum erstmaligen Teilnehmen an Aufstellungen in Gruppen anregen.
System-Reorganisation in Einzelhypnose
„Machen Sie mal die Augen zu.... ich mache mit Ihnen eine Übung...“ Nach ausreichendem Fragen nach Informationen induziere ich mit einer neutralen Einleitung wie etwa Naturbildern eine leichte Trance. Da ich zu den meisten Patienten im normalen Gespräch „Sie“ sage, bitte ich sie um Erlaubnis, während einer Übung ins „Du“ wechseln zu dürfen. Ich „komponiere“ dann in der Trance die hypnotische Intervention für jeden Klienten je nach Anliegen und seinen Informationen über die Familienstruktur immer wieder neu.
Stoff für diese Interventionen ist oft auch das zuvor erfragte Lieblingsmärchen im Sinn der Skriptanalyse.
Mit der „Sandwichmethode“, also zwischen ressourcenorientierten aufbauenden mutmachenden Anfangs- und Schlußteilen baue ich dann diese maßgeschneiderte Intervention ein, zum Beispiel eine Anregung, ausgeschlossene Personen wahrzunehmen oder eine unterbrochene Hinbewegung zu einer wichtigen Person fortzusetzen. Ich beobachte den Klienten. Im Sinn von „pacing“ (abholen und mitgehen) gehe mit ihm zum Beispiel in ein Museum, an Bildern, die er kennt vorbei zu anderen, vergessenen Bildern. Tiefer finden wir angenehme, heilsame Bilder: Von der ersten Liebe der Eltern, von dem als Kind erlebten Schönen, vielleicht sogar bis hin zu vorgeburtlichen Bildern, zum Empfinden der Geborgenheit. Die Interventionen werden im Einzelfall in Sprache, Inhalt und Direktheitsgrad an die Fähigkeiten des Klienten angepasst.
Manche geraten in sehr tiefe Trance. Ich spüre dass ich innerlich „zurücktreten“ und länger still sein muss – als ob in der Stille höhere Mächte im Klienten arbeiten.
Manchmal bekomme ich in den Therapiesitzungen intuitiv Wahrnehmungen von Personen aus der Familie des Klienten, die ich nicht kenne. Feedbacks bestätigen das später.
In diesen Meditationen finden Klienten zu einer tieferen Wahrnehmung der Familie und der stärkenden Erlebnisse aus früher Kindheit vor den Traumen. So erhalten sie Impulse, das Leben von den Eltern anzunehmen, dem Schicksal zuzustimmen, und Trauma- Energie in seelische Stärke umzuwandeln. Vielen Klienten gelingt so eine Versöhnung mit den Eltern, den früheren Partnern, die Trauerarbeit um Tote, auch um ungeborene Kinder. Und erst dann wird die Hinwendung zur derzeitigen Familie und der Lebensaufgabe möglich.
Achtsamkeits-Meditationen in Gruppen
„Meditieren heißt, die eigene Mitte wieder finden. Da kommen wir zur inneren Ruhe..“ Sätze wie dieser stehen als Einleitung in emails mit denen ich Interessierte zu Meditationsgruppen etwa 1 mal pro Woche einlade. Meine Frau, die diese Gruppen leitet, „bekommt“ jede Meditation ohne Vorlage neu spontan inspiriert.
Wir schließen die Augen, setzen uns aufrecht, mit den Füßen auf dem Boden, sind mit Himmel und Erde verbunden, atmen Licht und Liebe hinein und alles was uns belastet und wir nicht mehr brauchen hinaus. Wir stellen uns wohltuende Bilder aus der Natur vor, erlauben die Begegnung mit einem Helfer oder inneren Führer, machen eine Wanderung an einen Ort wo besondere Kraft wirkt, und dann, je nach Thema, findet etwas wie eine virtuelle Familienaufstellung statt,