Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43. Friedrich Gerstecker

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Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43 - Friedrich Gerstecker


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umgestürzten Bäume querüber und durcheinander, und hoch stand die Sonne schon, als ich endlich den Kompass aus der Tasche nahm, mit seiner Hilfe eine gerade Richtung verfolgte und glücklicherweise an den See gelangte. Ich fand eine große Menge Enten, doch hielten sie sich, wahrscheinlich durch andere Jäger scheu gemacht, sehr in der Mitte auf, wenige nur schwammen um Rande herum.

      Das war wieder ein Strich durch die Rechnung, doch schien mir der See nicht groß; ich beschloss daher, ihn zu umgehen.

       Ich hatte nach und nach drei Enten geschossen und, ein wenig hitzig geworden, die Tageszeit ganz aus den Augen gelassen; jetzt bemerkte ich plötzlich, wie sich die Sonne schon sehr stark nach Westen neigte. Den See zu umgehen, war, wie ich wohl einsah, vor Sonnenuntergang nicht mehr möglich, denn wie ich an einigen lichten Stellen erkennen konnte, hatte ich noch nicht die Hälfte zurückgelegt, und in Nordosten waren dicke Wolkenmassen zusammengeballt, die die fliehende Sonne fast schon eingeholt hatten und den Wind brausend und pfeifend voranschickten.

      Ich sah keine andere Rettung, als hier zu biwakieren; auch konnten meinen Hunger einige Stücke hartes Brot, das ich in der Tasche hatte, wenig stillen, und eine der Enten zu braten, hatte ich mir die Zeit nicht genommen. Außerdem schien das Wetter höchst unbehaglich werden zu wollen. Schon in recht verdrießlicher Stimmung fand ich gerade noch zur rechten Zeit, als ich langsam am Ufer hinzog, ein aus einem Baumstamme ausgehauenes Kanu, das an eine Wurzel befestigt war. Ohne mich zu besinnen, stieg ich ein und ruderte auf das ungefähr 2½ englische Meilen entfernte andere Ufer zu, wobei ein ungeheuer hoher, abgestorbener Baum mir zur Richtschnur diente.

      Der Wind blies heftig, und die Wellen schaukelten das nur roh gefertigte und unbehilfliche Fahrzeug dermaßen, dass ich alle Kraft und Geschicklichkeit aufbieten musste, es im Gleichgewicht zu erhalten und durch die Wogen zu führen. Unterdessen fing der liebe Himmel an dermaßen mit Schneeflocken um sich zu werfen, dass ich in kurzer Zeit davon bedeckt war und nur mit Mühe noch den dürren Baum im Auge und dadurch meine Richtung beibehalten konnte. Endlich landete ich, befestigte den Nachen am Ufer und suchte nun einen Weg nach einer Ansiedelung zu finden.

       Während der Zeit war es ganz finster geworden, aber kurz vorher hatte ich glücklicherweise einen kleinen Fußpfad entdeckt, von dem der Schnee infolge der Nässe wegschmolz, und der als eine dunkle Linie mich durch den Wald führte. Dem folgte ich denn auch getrost, und nach ungefähr 1½ Stunden blinkte mir endlich der Schein eines fernen Lichtes entgegen, dem ich rasch und freudig zueilte. Bald hatte ich es erreicht und pochte nun an die niedere Haus- und zugleich Stubentür einer Farmerwohnung.

      Eine deutsche Stimme fragte: „Wer ist da?“ und wie Balsam träufelte das auf alle meine Organe, vorzüglich aber auf den Magen.

      Es war die Frau eines deutschen Wagenmachers, die mir öffnete, deren Mann in das kleine, wenige Meilen entfernte Städtchen geritten war, von ihr aber jeden Augenblick zurückerwartet wurde. Der warme Ofen rief meine schon fast erstarrten Lebensgeister zu neuer Tätigkeit zurück, und eine Tasse warmen Kaffees, den sie mir vorsetzte, brachte mich wieder ganz ins alte Gleis. Ungefähr nach Verlauf einer Stunde kam der Mann, ein freundlicher Deutscher. Er war drei Jahre im Lande und ohne einen roten Pfennig herübergekommen; doch jetzt hatte er schon ein recht hübsches Häuschen, ein Stück Land und genug Arbeit.

      Da es die Nacht hindurch sehr stark geschneit hatte, versprach ich mir eine gute Jagd und zog gar bald aus. Weil mein Wirt auf keinen Fall Geld für seine Gastfreundschaft nehmen wollte, überließ ich ihm meine gestrige Jagdbeute. Den linken Lauf meines Jagdgewehres lud ich für diesen Tag mit Rehposten, den rechten mit grobem Schrot, und frische Zündhütchen aufsetzend, trat ich aus dem backofenartig geheizten Zimmer in die frische, kühle Morgenluft hinaus, dieselbe in langen, durstigen Zügen einatmend.

      Ich mochte etwas über eine Stunde gewandert sein, ohne mehr als ein Kaninchen und einen Fasan geschossen zu haben, als mir plötzlich ein Mann entgegenkam, aus dem ich von weitem nicht klug werden konnte, den ich aber bald als einen etwas kultivierten Indianer erkannte.

       Er war in einen kurzen wollenen Rock gekleidet, in dunkelblaue Tuchhosen, deren breite Nähte nach außen gingen; die Füße hatte er mit Mokassins bedeckt und den Kopf mit einer rotwollenen Schärpe turbanartig umwunden. Die schwarzen, feurigen Augen blitzten darunter hervor, und das schlichte schwarze Haar hing an den Schläfen nieder. In den Ohren hatte er ein paar kristallene Ohrgehänge, der indianische, mit Perlen gezierte Gürtel hielt einen Tomahawk, an der rechten Seite hing ein schlichtes Pulverhorn und eine Kugeltasche, und der lange amerikanische Reifel (die Büchse) gab der ganzen Gestalt ein kühn romantisches Aussehen.

      Nach einer kurzen, freundlichen Begrüßung und einem Handdruck versuchten wir uns einander zu verständigen, was gerade keine so leichte Aufgabe war, da er nur gebrochen Englisch sprach und ich von dieser Sprache ebenfalls nur geringe Kenntnis besaß. Auf meine Frage, ob er viel Wild gesehen habe, zeigte er vor sich hin auf den Boden, wo sich eine noch ganz frische Bärenfährte durch den Schnee zog. Er winkte mir mitzugehen, und ich brauche wohl nicht erst zu sagen, dass ich ihm mit vor Freude und Ungeduld klopfendem Herzen folgte.

      Die Jagd zeichnete sich durch nichts Besonderes als das Erlegen eines ganz jungen, etwa acht oder neun Monate alten Bären aus, dem kurz vorher wahrscheinlich die Alten weggeschossen waren. Ich selber tat dabei in allem Jagdeifer dem kleinen schwarzen Burschen mit meiner Schrotflinte wenig zuleide. Der Indianer verkaufte das kleine Ding später in Preston für 4 Dollars und vertrank dort wahrscheinlich das Geld; ich verließ ihn wenigstens in solcher Beschäftigung, als ich Abschied von ihm nahm.

      Nach dieser Jagd durchstreifte ich wieder eine Zeitlang allein die Waldung, jedoch mit nur sehr geringem Erfolge, denn nicht bekannt mit dem Walde selber und nicht imstande, mich ordentlich zurecht zu finden, durfte ich es nicht wagen, mich sehr weit aus besiedelten Gegenden zu entfernen. Außerdem war ich auch als sehr junger Jäger noch wirklich kaum in der Lage, mir jeden Tag, was ich selber brauchte, sicher und gewiss zu erlegen.

       Das Wetter diente auch gerade nicht dazu, den Aufenthalt im Freien angenehm zu machen; ich war noch zu kurze Zeit daran gewöhnt. Dann und wann traf ich allerdings mit Landsleuten zusammen, bei denen ich übernachtete. Die Beschreibung, die mir aber diese von einem kanadischen Winter gaben, war ebenfalls nicht verlockend, und ich beschloss, ehe ich am Ende hier oben festschneite, diesem auszuweichen.

      Diesen Entschluss auszuführen, schlug ich eine südliche Richtung ein, dem Ontariosee wieder zu, wo ich, wie mir gesagt wurde, die Straße nach Buffalo erreichen würde.

      Hier im Walde sollte ich auch ein für mich mit keinem Erfolg gekröntes Abenteuer haben. Ich sah nämlich, meiner Richtung in einem kleinen Fuß- oder Kuhpfad folgend, plötzlich sieben Wölfe in einer Entfernung von ungefähr 70 Schritten vor mir stehen. Ohne mich zu besinnen, drückte ich mich leise in den Schnee, um eine Kugel in den einen Lauf meines Gewehres zu laden, da ich fürchtete, mit bloßem Schrot nichts auszurichten; doch als ich aufstand, hatten die Wölfe sich empfohlen und ließen mir das leere Nachsehen. Ich war außer mir.

      Da sie südöstlich entflohen waren, hatte ich Lust, ihnen nachzugehen, um den Skalp eines solchen Raubtieres – die Regierung hatte 5 Dollars Prämie auf einen Wolfsskalp gesetzt – zu erlangen; wie sich die Sonne aber dem Untergange zuneigte, gab ich die Verfolgung auf.

      Die Kanadier behaupten, dass die dortigen Wölfe, als zuerst von den Ansiedlern Schafe eingeführt wurden, sich vor diesen so gefürchtet hätten, dass sie ihnen gar nicht in die Nähe gekommen wären. Nur erst mit der Zeit gewöhnten sie sich an die neuen, wunderlichen Tiere, aber freilich sehr zu deren Schaden, denn kaum hatten sie das erste von ihnen gekostet, als ihnen das Fleisch ausgezeichnet schmeckte und sie nun nicht unbedeutende Verwüstungen in den Herden anrichteten.

      Außerdem wird noch dem kanadischen Wolf – ich weiß nicht ob mit Recht oder Unrecht – nacherzählt, dass sein Biss schon tödlich sei, und angerissene Schafe oder Hunde, selbst wenn die Verwundung sonst keineswegs tödlich wäre, derselben erliegen müssten.

      Den Tag über hatte ich wohl mehrere Hirsche gesehen, war aber nicht imstande gewesen, an einen in Schussnähe anzuschleichen, und musste mich zuletzt mit einem mir über den Weg laufenden Kaninchen begnügen.

       An das Auffinden eines Hauses war übrigens diesen


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