Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43. Friedrich Gerstecker

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Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43 - Friedrich Gerstecker


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Holz, wie ich nur in der Nähe finden konnte, zusammen, räumte den Schnee vor einem trockenen, umgestürzten Stamme hinweg und zündete unter demselben ein Feuer an, das bald fröhlich in die Höhe flackerte.

      Als ich mich gehörig erwärmt hatte, machte ich mich daran, mein Häschen auszuweiden und zu braten, was mit gar wenigen Umständen verknüpft war. Ich reinigte es mit Schnee, so gut ich konnte, und steckte es auf einen Stock, gerade zum Feuer, indem ich ein Stück Baumrinde unterlegte, um das ausbratende Fett aufzufangen und wieder überzugießen. Zwar vermisste ich Salz und Brot sehr, aber der Hunger ist ein gar vorzüglicher Koch. Die beiden Hinterkeulen, die ich zum Frühstück bestimmt hatte, abgerechnet, verspeiste ich den ganzen Braten. Als dies überstanden war, vergrößerte ich mein Feuer, und den Jagdranzen unter dem Kopfe, die Pelzmütze über die Ohren gezogen und die Füße dem Feuer zugekehrt, bereitete ich mich, in Amerika zum ersten Mal eine Nacht im Freien zuzubringen.

      Ich schlief gar bald ein, und zwar so fest, dass mich erst die scharfe Morgenluft erweckte. Mein Feuer war niedergebrannt, und der Frost schüttelte mir die erstarrten Glieder. Kaum konnte ich das Feuer wieder anblasen, so zitterte ich; endlich gelang es, und nach und nach tauten meine starren Glieder wieder auf.

      Die Morgensonne fand mich schon in die Betrachtung meiner beiden Hasenkeulen vertieft, die ich so lange beschaute, bis ich die Knochen derselben sehen konnte.

      Als ich mich gehörig gepflegt hatte, setzte ich, neu gestärkt, meinen Marsch gen Süden fort, und ungefähr gegen zehn Uhr zeigte mir das Krähen eines Haushahnes an, dass ich mich nicht weit von einer menschlichen Wohnung befinden müsse. – Mit langen Schritten marschierte ich darauf zu, und bald begrüßte mich das Gebell einer Meute Hunde.

      Der Besitzer des Hauses war im Walde, um Holz zu hauen und „Fenzriegel zu reißen“.

      (Fenzriegel sind die langen Stangen, die aufeinander gelegt werden, um die Felder einzuzäunen. Die Einfriedigung selber wird Fenz genannt.)

       Die Frau, eine nette Amerikanerin, setzte mir freundlich Milch und Brot vor und versicherte mir, ich könne höchstens 20 Meilen von der Straße nach Buffalo entfernt sein und würde, käme ich etwas weiter südlich, ziemlich viele Farmhäuser antreffen. Geld wollte sie auf keinen Fall für die Erfrischung annehmen, und mit einem herzlichen Dank mich durch die Legion Hunde durcharbeitend, wanderte ich fröhlich weiter, dass der kanadische Wald von deutschen Liedern erschallte.

      Am anderen Morgen erreichte ich endlich die gebahnte, von einer Art Postkutsche befahrene Straße nach Buffalo, die sich fortwährend durch Farmen hinzog. Ich war wieder in den kultivierten Teil des Landes zurückgekehrt. Der Landmann baut hier sehr viel Weizen, der vorzüglich gerät, auch Hafer und Gerste, besonders aber Welschkorn, das jedoch im Norden nicht die Vollkommenheit erreichen soll als im Süden. Die Kolben waren klein, und das meiste, welches ich sah, hatte gelbe Körner.

      Ungefähr 30 Meilen vor der Stadt holte ich einen Viehhändler aus den Vereinigten Staaten ein, der wieder dahin zurückkehrte. Er war ein freundlicher Mann, und ich beschloss, der Geselligkeit wegen, die dreißig Meilen bis Buffalo mit ihm zurückzulegen. Wir wurden auch sehr bald bekannt mit einander. Er trieb zwei ungeheuer fette Ochsen aus Kanada heim nach den Vereinigten Staaten und ritt dabei ein schrecklich mageres Pferd. Nichtsdestoweniger lud er mich sehr gastlich ein, seine Rosinante abwechselnd mit ihm zu teilen, da er selber gern ein wenig gehen wolle.

      Das Reiten wäre nun schon nicht übel gewesen, denn es regnete fein und durchdringend und die Wege waren sehr schlüpfrig geworden, wenn nur der gute Mann nicht das Pferd, auf dem ich ritt, jedem ihm Begegnenden angeboten hätte und sogar willens gewesen wäre, es für zwei Kühe in Tausch zu geben. Es muss wirklich manchmal komisch genug ausgesehen haben, wenn das traurige Tier, auf dem ich ritt, solcher Art den Vorüberziehenden oder uns Begegnenden „spottbillig“ angeboten wurde.

       Wenn er sich müde gelaufen hatte, stieg er auf, und ich ging. Er hatte dabei ein Buch mit irgendeinem ungemein rührenden Trauerspiel in der Tasche, und jedes Mal, wenn er sich in seinem Sattel festgesetzt hatte, nahm er es heraus und fing an zu deklamieren, indem er mit der linken Hand das Buch hielt und mit der rechten, in der er zugleich die lange Ochsenpeitsche führte, gewaltig gestikulierte. Bei jeder etwas starken Bewegung, welche die Kraftstellen des Trauerspiels mit sich brachten, die er mit dem rechten Arme und dadurch mit der für die Ochsen so unheilbringenden Peitsche machte, wichen diese, welche die Geißel immer im Auge behielten, scheu zurück, und nur ein den pathetischen Ton öfters sehr prosaisch unterbrechendes „Schü Bock – Oh! Oh!“ brachte die gehörnten „Zuhörer wider Willen“ zu ihrer Pflicht zurück.

      Den 11. November abends kam ich zum zweiten Mal zum Niagarafall und konnte seine Pracht und Größe nun auch von der kanadischen Seite bewundern.

      Von da wand sich der Weg am Niagaraflusse hinauf dem Eriesee zu. Herrlich ist dieser Weg zu reisen; die Straße schön und trocken, links der prächtige breite, durch den dunkeln Urwald beschattete Niagarafluss, rechts eine blühende Farm neben der anderen mit den schönsten Apfelgärten – es ist ein Anblick zum Bezaubern. Die Strecke, die wir auf diese Art zurücklegten, kam mir nur wie wenige Schritte vor. Einige Meilen von Buffalo entfernt, setzten wir auf einer von Pferden getriebenen Fähre über den Niagara und waren wieder in den United States.

      Was ich von Kanada gesehen habe, zeigte mir, dass es, wenigstens in diesen Teilen, ein schönes, fruchtbares Land von gesundem, wenngleich sehr kaltem Klima sei. Eben dieser strengen Kälte wegen möchte ich aber auch Kanada, nicht einmal das am südlichsten gelegene Oberkanada, nie zum Wohnsitze wählen.

       Das Land bringt herrliches Getreide hervor, doch ist mit der Schaf- und Schweinezucht in den nicht dicht bewohnten Gegenden wenig zu machen, da die zahlreichen Wölfe dem Vieh sehr nachstellen, wenn sich die Farmer eben nicht dazu bequemen, etwas mehr auf ihr Vieh acht zu haben, als es nur draußen im Freien herumlaufen zu lassen.

      Es war Sonntagnachmittag, als ich in die Gaststube des „William Tell“ in Buffalo eintrat und mich, um etwas auszuruhen, in einen Winkel setzte. Die Augen der achtbaren deutschen Handwerker, die gerade im hitzigsten Politisieren begriffen waren, richteten sich zwar im Anfange erstaunt auf den bewaffneten Fremdling, doch bald wieder eifrig ihr Thema verfolgend, vergaßen die Leute bald alle Zuhörer, und ich glaube, es wäre nach deutscher Sitte zu „Schemelbeinen“ gekommen, wenn nicht der Wirt, eine kleine runde Gestalt, sich zwischen sie gerollt und den Frieden mit den versöhnenden Worten: „Ihr seid alle miteinander so dumm wie die Stockfische“ wieder hergestellt hätte. In diesen Worten schien die Gleichheit der Personen anerkannt, und die Gemüter beruhigten sich.

      Es war aber auch keine Kleinigkeit, um die sie sich stritten, denn der eine Gast, ein ehrbarer Schuhmacher, wollte auf keinen Fall zugeben, dass „der Engländer“, wegen der damals schon gärenden Unruhen in Kanada, Militär über den Ozean schicken könne, da „der Russe“ ihm so hart auf dem Halse sitze. Ein Schreiner, der ihm gegenüber saß, behauptete dagegen, dass Russland viel zu weit von England entfernt sei, um mit ihm so schnell Krieg anfangen zu können. Da kam er aber schön an, denn der Schumacher bewies ihm haarklein, dass Russland dicht an England grenze – von oben, im Norden – und nur eine breite Strecke Sand zwischen beiden „Fürstentümern“ liege, so dass der Schreiner, vor lauter Verwunderung über seinen gelehrten Widersacher, still schwieg. Doch gab der Schuhmacher zu, dass der Marsch von Russland nach England sehr beschwerlich wäre, da die Soldaten oft bis unter die Arme im Sande waten müssten.

       Was der gute Mann für Begriffe von einem solchen Marsche im Sande hatte, oder von woher überhaupt seine geographischen Kenntnisse stammten, kann ich nicht sagen, doch amüsierte mich der Streit sehr. Als mich daher der Schuhmacher um meine Meinung fragte, gab ich ihm natürlich recht, erzählte ihm auch, dass der Russe beabsichtige, Bärenfelle über den Sand zu breiten, um seiner Armee den Übergang zu erleichtern, worüber er ganz erstaunt äußerte: „Es sind doch verzweifelte Kerls!“ – Darüber sind jetzt achtzehn Jahre verflossen.

      Den anderen Morgen war ich früh auf den Beinen und beschaute die Stadt ein wenig. Es ist schon ein recht hübscher Platz, wo sehr viele Deutsche wohnen, und muss einst, was es teilweise schon jetzt ist, der Mittelpunkt des nordischen Binnenhandels werden. Eisenbahnen, Kanäle, Dampfboote und Segelschiffe wetteifern miteinander, die Waren


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