Raus aus der Krise. Geri Schnell

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Raus aus der Krise - Geri Schnell


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da es sich um eine total verlassene Gegend handelt. Wenn Max Wache schieben muss, mustert er die Umgebung. Für einen Europäer ist die Wüste etwas faszinierendes, diese scheinbare Leblosigkeit, entpuppt sich, bei näherem Hinsehen, als ein wahres Paradies für Lebewesen. welche sich dieser extremen Landschaft ideal angepasst haben.

      Gegen Abend ziehen sie schon früh los. In dieser verlassenen Gegend ist das Risiko, dass sie von jemandem entdeckt werden gering. Es wird ein strapaziöser Marsch und Max ist froh, dass sie einen Esel bei sich haben, welcher ihnen wenigstens die Lasten schleppt. Wenn es leicht bergab geht, kann einer reiten, doch das Hinterteil von Max schmerzt ihn so, dass er bald freiwillig darauf verzichtet.

      Im Morgengrauen haben sie erhebliche Probleme, ein geeignetes Versteck für den Tag zu finden. Die Gegend ist sehr flach und sie müssen noch weit in den Tag hinein marschieren, bis sie sich in einer Bodensenke wenigstens teilweise unsichtbar machen können.

      Das Rote Meer erreichen sie in der vierten Nacht. Weit und breit ist keine Siedlung auszumachen, sie wenden sich nach Süden. Nach weiteren zwei Stunden Marsch taucht hinter einem Felsen eine Stadt auf. Sie ruhen sich nochmals aus, dann will Mustafa sich in der Stadt umsehen und frische Lebensmittel kaufen. Max wartet gespannt auf seine Rückkehr. Ist der Spuk bereits vorbei? So ein Putsch dauert manchmal nur ein paar Stunden, und meistens, nach zwei bis drei Tagen, ist wieder alles ruhig.

      «Wir sind in der Nähe der Stadt Marsa Alam», berichtet Mustafa, als er nach mehreren Stunden von seiner Erkundungsreise zurückkehrt.

      «Am Besten verstecken wir uns in einem verlassenen Hotel», schlägt Mustafa vor, «die sind alle verwüstet. Einrichtungen die mit dem Tourismus zu tun haben, wurden alle zerstört.»

      Max findet die Idee gut, die Hotels sind nicht mehr interessant. Alles ist zerstört, aber es rechnet niemanden damit, dass sich jemand dort verstecken könnte. Alle Touristen sind vertrieben und zum Plündern gibt es auch nichts mehr, das ist bereits am ersten Tag der Revolution geschehen.

      Als es dunkel wird, lassen sie den Esel an seinem Pflock angebunden und machen sich auf den Weg zu den Hotels. Man hat sich auf ein zweistöckiges Hotel geeinigt und bezieht im ersten Stock Quartier. Das Hotel hat zwei Treppenhäuser und einen übersichtlichen Vorplatz, so dass man nicht so leicht überrascht werden kann.

      Mustafa schafft mit dem Esel die Lebensmittelvorräte zum Hotel. Max richtet sich in der Zwischenzeit ein. Als Mustafa zurückkehrt, hat Max schon die Boote inspiziert, mit welchen die Touristen das Korallenriff besichtigen. Eines scheint noch einen dichten Schiffsrumpf zu haben, allerdings ist die Glasplatte im Bootsboden eingeschlagen. Nach langer Suche findet er eine neue Glasplatte in einem kleinen Lager und er versucht, die Platte auszuwechseln. Noch bevor Mustafa zurückkommt, ist Max klar, dass er noch heute Nacht in See stechen will. Er ist mit der Vorbereitung der Bootsreise beschäftigt, als Mustafa mit den Lebensmittelvorräten auftaucht. Das Boot ist schon mit der neuen Glasplatte bestückt, ausserdem bastelt er aus einem Surfbrett ein Segel, ob der kleine Motor noch funktioniert, wagt er nicht auszuprobieren. Für den Fall, dass es ihm doch noch gelingt den Motor zu starten, sucht er in allen Booten nach Benzin. Die Ausbeute ist gering, er wird den Motor nur kurz einsetzten können. Als Antrieb kommt somit nur Segel und Ruder in Frage.

      Mustafa hält ihn für verrückt, als er ihm erklärt, er werde noch heute Nacht allein in See stechen. Mustafa will ihn unbedingt begleiten, nach langer Diskussion sieht er ein, dass er in Ägypten nicht gefährdet ist, dagegen hätte er Probleme, im Ausland als Flüchtling anerkannt zu werden.

      Als abgewiesener Flüchtling hätte er sicher mehr Probleme. Bei Diktaturen ist das immer dasselbe, solange man sich in der anonymen Masse versteckt, wird man in Ruhe gelassen, nur wenn man sich in irgendeiner Form verdächtig macht, ist es mit der Ruhe und oft auch mit dem Leben vorbei.

      Nach der kurzen, aber heftigen Diskussion gibt sich Mustafa geschlagen und hilft Max, sein Boot so gut wie möglich auszurüsten. Alle Lebensmittelvorräte, die sie haben, werden ins Boot gebracht, Mustafa wird sich mit dem Rest des Geldes morgen neue kaufen. Das Hotel wird nochmals durchsucht, alles was nützlich sein könnte, wird eingesammelt.

      Beim Plündern mussten die Plünderer darauf achten, dass nur die Dinge mitgenommen werden, welche für einen Moslem nützlich sind. Die Touristendinge wurden nur zerstört. Es ist natürlich interessanter brauchbare Dinge zu finden, als zu zerstören. So konnten doch noch einige brauchbare Utensilien zusammengetragen werden. Ein Kompass, ein Teil eines Spiegels, Töpfe, mit denen er Wasser Schöpfen kann, einige leere Flaschen, welche sie mit frischem Wasser füllen und sogar eine Angelrute verschwindet im Boot.

      Der Esel wird vorgespannt und mit vereinten Kräften wird das Boot ins Wasser gezogen. Die Spannung ist gross, schwimmt es noch? Tatsächlich, es schwimmt.

      Jetzt muss alles sehr schnell gehen, Mustafa und Max umarmen sich, wünschen sich viel Glück und Max bedankt sich bei seinem Freund nochmals sehr herzlich für alles. Mustafa verspricht, dass er ihm seine Kamera zuschicken wird, oder mindestens will er ihm die Fotos schicken. Max verspricht, zu schreiben, wenn es die politische Entwicklung erlaubt. Auf einer Karte stellt Max noch fest, dass eine Seereise von fünf bis siebenhundert Kilometer auf ihn wartet.

      Es ist schon ein grosses Risiko, auf das er sich einlassen muss. Eine letzte Umarmung und Mustafa stösst in vom Ufer ab. Langsam gleitet das Boot durch den kleinen Hafen auf die Ausfahrt zu. Das Rudern ist nicht einfach, das Boot ist für zwei Ruderer eingerichtet. Max erinnert sich an seine Jugend, als er im Wasserfahrverein mitmachte, dort hatte er gelernt, mit einem Stehruder zu rudern. Er befestigte das Ruder mit Seilen so, dass er im Stehen rudern kann. Einem Gondoliere gleich verschwindet Max aus dem kleinen Hafen.

      Auf dem offenen Meer wird es im Boot unruhiger. Vom Berg her weht ein frischer Wind, welcher Max unterstützt. So gelangt er noch vor Anbruch der Morgendämmerung ausser Sichtweite des Ufers. Nun gibt Max das Rudern auf und versucht das Segel des Surfbretts zu setzen, was ihm nach einigen Schwierigkeiten auch gelingt. Mustafa hat ihm noch den Tipp gegeben, mehr auf der saudi-arabischen Seite zu segeln, da es dort eine günstigere Strömung gibt. Im Osten wird es langsam heller und kurz darauf erlebt Max den schönsten Sonnenaufgang, den er in seinem Leben je gesehen hat.

      Vom Wind getrieben geht es immer Richtung Osten. Max hat keine Ahnung, wie breit so ein Meer ist, auch wenn es hier verhältnismässig schmal ist. Im Augenblick wartet Max geduldig ab, der herrliche Sonnenaufgang, die unendliche Weite des Meeres und die sanfte Ruhe versetzen Max in eine Stimmung, in welcher er die Welt vergessen möchte.

      Die Sonne steht schon etwas höher, als er das Gefühl hat, einen Streifen Land am Horizont zu sehen. Da er keinerlei Risiko eingehen will wechselt er seinen Kurs auf Südost. Nun bläst aber der Wind von der Seite und er hat mit dem Boot ohne Kiel grosse Probleme, beinahe wäre er gekentert, als er vorsichtig die Richtung ändert. Vom Segeln hat er keine Ahnung, vom Physikunterricht sind einige Grundlagen vorhanden. Schliesslich setzt er das Segel quer zum Schiff, so dass es nur etwa ein Meter über den Bootsrumpf hinausragt. Es zeigt sich schnell, dass er so ein stabiles Boot in der Hand hat, welches sich gut steuern lässt. Jetzt baut er sich noch ein kleines Vordach, damit er vor der Sonne geschützt ist und macht es sich so gemütlich, wie nur möglich.

      Die Zeit verstreicht nur langsam, aber er glaubt, dass er gut vorankommt. Nur nicht ungeduldig werden, sagt er sich immer wieder. Essen will er nur, wenn er hungrig ist. Durch den Glasboden in seinem Bootes betrachtet er stundenlang, die Fische. Welche ein Unterschied zur Wüste, dieser Überfluss an Leben. Besonders über einem Riff, hatte er das Gefühl, direkt im Paradies zu sein. Die gemächliche Ruhe, in welcher die Lebewesen auf ihre tägliche Nahrungssuche gehen, ist beeindruckend. Man hätte glauben können, die Welt sei noch in Ordnung. Dabei sind nur wenige Kilometer entfernt, Menschen am kämpfen. Ist das nur ein Überlebenskampf, oder geht es einzig um die Macht?

      In Ägypten sind die Religionsführer nicht eingeschränkt und schon gar nicht in Gefahr. Jeder akzeptiert ihre Gesetze, ohne zu murren. Es gibt schon solche, welche dem westlichen Luxus frönen, Alkohol konsumieren, ab und zu, auch ein Gebet auslassen und ein Stück Schinken essen, doch die grosse Masse respektiert die Gesetze des Korans. Also, was wollen sie noch mehr? Max vermutet es geht darum, Wehret den Anfängen! Vielleicht stellten


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