TARZAN, DER UNBESIEGBARE. Edgar Rice Burroughs
Читать онлайн книгу.Instinkte der riesigen Bestie zu unterdrücken.
Ga-yat kam näher heran. Der kleine Nkima schimpfte und schnatterte von der Schulter seines Herrn herab, wo er sich in Sicherheit wusste. Der Löwe blinzelte träge und schaute schließlich in eine andere Richtung. Die Gefahr, wenn es überhaupt eine gegeben hatte, war vorüber. Nur in dem starren, aufmerksamen Blick eines Löwen liegt wirkliche Gefahr.
Tarzan ging dem Affenbullen entgegen und legte ihm freundlich die Hand auf die Schulter.
»Das ist Ga-yat«, sagte er zu Jad-bal-ja, einer von Tarzans Freunden. »Du darfst ihn nicht angreifen.«
Er bediente sich bei diesen Worten keiner menschlichen Sprache. Vielleicht konnte man diese Lautfolge überhaupt nicht als eine richtige Sprache bezeichnen. Aber der Löwe, der Riesenaffe und auch der kleine Manu verstanden ihn.
»Sage dem Mangani, dass Tarzan auch der Freund des kleinen Nkima ist«, schrillte die Stimme des Äffchens. »Sage ihm, dass er den kleinen Nkima nicht töten darf.«
»Es ist so, wie Nkima sagt«, versicherte der Affenmensch.
»Tarzans Freunde sind auch Ga-yats Freunde«, erwiderte der Riesenaffe.
»Das ist gut«, sagte Tarzan. »Nun wollen wir gehen. Richte To-yat und den anderen Stammesbrüdern aus, was wir gesagt haben. Erzähle ihnen auch, dass sich fremde Menschen in Tarzans Land aufhalten. Die Riesenaffen mögen die Fremden bewachen. Aber sorgt dafür, dass ihr nicht gesehen werdet. Denn vielleicht sind es böse Menschen, die Donnerstöcke bei sich tragen. Damit können sie den Tod über eine große Entfernung schicken. Er kommt mit Rauch und Feuer und einem lauten Knall. Tarzan geht jetzt fort, um nachzusehen, was diese Leute in seinem Land wollen.«
Zora Drinov war Jafar nach dem Abmarsch der Expedition geflissentlich ausgewichen. Sie hatte kaum ihr Zelt verlassen. Als Entschuldigung gab sie an, dass sie Kopfschmerzen habe. Der Hindu hatte keinen Versuch gemacht, bei ihr einzudringen. So verging der erste Tag. Am Morgen des zweiten Tages holte Jafar den Anführer seiner Askaris herbei, die im Lager als Wache zurückgeblieben waren und für das nötige Frischfleisch sorgen sollten.
»Heute ist ein günstiger Tag für die Jagd«, sagte Raghunath Jafar. »Die Vorzeichen sind günstig. Geh deshalb mit deinen Männern in den Wald. Nimm alle Askaris mit. Ihr braucht nicht vor Sonnenuntergang zurückzukehren. Wenn du meinen Befehl ausführst, werde ich dir ein Geschenk machen. Außerdem dürft ihr euch von eurer Beute so viel Fleisch nehmen, wie ihr essen wollt. Hast du verstanden?«
»Ja, Bwana«, erwiderte der Schwarze.
»Du nimmst auch den Diener der Frau mit. Er wird heute nicht benötigt. Mein Diener wird dableiben, und für uns kochen.«
»Vielleicht will er nicht mitgehen«, wendete der Neger ein.
»Ihr seid viele Askaris, und er ist allein. Aber sorge dafür, dass die Frau nichts davon erfährt.«
»Was für ein Geschenk erhalte ich?«, wollte der Anführer der Askari wissen.
»Du bekommst ein Stück Tuch und Patronen«, erwiderte Jafar.
»Und dann will ich noch das krumme Schwert haben, das du immer bei dir trägst, wenn wir uns auf dem Marsch befinden«, forderte der Schwarze.
»Nein«, sagte Jafar mit Bestimmtheit.
»Ich glaube, es ist heute kein günstiger Tag für eine Jagd«, sagte der Neger und wandte sich ab.
»Zwei Stücke Tuch und fünfzig Patronen«, schlug Jafar vor.
»Und den krummen Säbel«, beharrte der Neger.
Nach langem Hin und Her einigte man sich auf diesen Handel.
Der Anführer versammelte seine Askari und befahl ihnen, alles für die Jagd vorzubereiten. Der braune Bwana habe es angeordnet. Er erwähnte indessen nichts von den versprochenen Geschenken. Als die Kolonne fertig war schickte er einen Mann fort, um den Diener der weißen Frau herbeizuholen.
»Du gehst mit uns auf die Jagd«, sagte er zu dem Jungen.
»Wer hat das angeordnet?«, wollte Wamala wissen.
»Der braune Bwana will es so«, erwiderte Kahiya, der Askariführer.
Wamala lachte. »Ich nehme nur von meiner Herrin Befehle entgegen – nicht von dem braunen Bwana.« Kahiya sprang vorwärts und schlug dem Jungen die flache Hand über den Mund. Zwei seiner Männer packten Wamala und hielten ihn fest.
»Du gehorchst dem Befehl Kahiyas«, sagte der Anführer. Die Spitzen scharfer Jagdspeere wurden dem zitternden Jungen in die Haut gedrückt.
»Wirst du nun mit uns auf die Jagd gehen?«, fuhr Kahiya fort.
»Ich gehe mit«, erwiderte Wamala. Es war nur ein Scherz.
Während Zveri seine Expedition nach Opar führte, drängte Wayne Colt seine Männer und trieb sie zu größerer Eile an. Er war ungeduldig und wollte so schnell wie möglich das Lager erreichen.
Die Teilnehmer an dieser Verschwörung hatten Afrika an verschiedenen Stellen betreten, um nicht durch ihre große Anzahl Aufmerksamkeit zu erregen. Diesem Plan entsprechend war Colt an der Westküste an Land gegangen. Von hier aus war er landeinwärts gefahren, soweit die Bahnstrecke reichte. Von dort aus musste er sich auf einen langen und mühseligen Fußmarsch machen. Nun, da er sein Ziel fast in Sicht wusste, hatte er es eilig, diesen Teil seines Abenteuers schnell hinter sich zu bekommen. Außerdem war er recht neugierig auf die anderen Teilnehmer an diesem gefährlichen Unternehmen. Er kannte nur Peter Zveri, aber keinen von den anderen. Der junge Amerikaner war sich durchaus darüber im Klaren, welches Risiko er auf sich nahm, als er seine Beteiligung an diesem gefährlichen Unternehmen zusagte. Er wusste, dass der Frieden der Welt auf dem Spiel stand und dass es darum ging, einen großen Teil des nordöstlichen Afrikas der Kontrolle fremder, tyrannischer Mächte zu entziehen. Es ging darum, die großen und besonders kriegerischen Stämme gegen ihre Beherrscher aufzuwiegeln. Das Unternehmen wurde umso gefährlicher, als man sich auf besetztem Territorium bewegte. Die Besatzungsmacht war hier durchaus spürbar und stand keineswegs nur auf dem Papier.
Colt war jung und begeisterungsfähig, aber nur durch bestimmte Einflüsse zu diesem Unternehmen gebracht. Wegen der Gefährlichkeit des Unternehmens machte er sich keine großen Gedanken. Er freute sich auf das Abenteuer und erwartete gierig spannende Erlebnisse. Auf der langen Reise von der Küste ins Innere des Landes hatte er keinen ebenbürtigen oder auch nur unterhaltsamen Begleiter gehabt. Der kindliche Geist des jungen Tony vermochte sich nicht über verworrene Reden zu erheben, die sich alle um die Unabhängigkeit seiner Heimat drehten. Allenfalls malte er sich hin und wieder aus, welche schönen Sachen er sich kaufen wollte, sobald er seinen Anteil an den Reichtümern der Unterdrücker erhielt. Auf welchem Wege die Verteilung der für seine Begriffe unermesslichen Reichtümer jener Blutsauger, wie er sagte, vor sich gehen sollte, war ihm gänzlich unklar.
Trotz Tonys Beschränktheit mochte Colt den jungen Mann recht gern leiden. Vor die Wahl gestellt, den Philippino oder Zveri ständig um sich zu haben, hätte er sich bedenkenlos für Tony entschieden. Seine kurze Bekanntschaft mit Zveri in New York und in San Francisco hatte ihn davon überzeugt, dass dieser keine der Eigenschaften besaß, die man bei einem annehmbaren Mitspieler voraussetzt. Es war auch nicht anzunehmen, dass man im Hauptlager der Verschwörer auf Menschen stoßen würde, die seiner eigenen Geisteshaltung besser entsprachen.
Müde und abgespannt dahinschreitend nahm Colt die ihm inzwischen vertraut gewordenen Bilder und Geräusche des Dschungels kaum wahr. Die Urwaldlandschaft hatte längst ihren Reiz für ihn eingebüßt. Selbst wenn er aufmerksamer gewesen wäre, hätte er mit seinen ungeübten Ohren kaum auf das Geschnatter eines kleinen Affen geachtet, der anscheinend in einiger Entfernung hinter ihm durch die Bäume hüpfte. Die Gegenwart eines Äffchens machte keinerlei Eindruck auf den Amerikaner. Das wäre allerdings anders gewesen, wenn er gewusst hätte, dass dieser kleine Affe auf der Schulter eines bronzenen Apollo ritt, der geräuschlos von Baum zu Baum schwingend der Safari folgte. Tarzan, der unerwartet die Spur dieses weißen Mannes gekreuzt hatte, erriet sogleich, dass der Fremde wahrscheinlich auf dem Wege zum