Im Busch / Kriegsbilder aus dem dt.-franz. Krieg. Gerstäcker Friedrich

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Im Busch / Kriegsbilder aus dem dt.-franz. Krieg - Gerstäcker Friedrich


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Miners /83/in grauer Jacke und Hose, einen alten, arg mitgenommenen Filzhut halb in das Gesicht hineingezogen.

      Der Mann mochte vielleicht seine vierunddreißig bis sechsunddreißig Jahre zählen, aber der krause schwarze Bart mit den darüber noch dazu durch den Hut beschatteten blitzenden Augen gaben der ganzen Gestalt etwas Finsteres, ja Drohendes. Es sah fast aus, als ob er, wie ein Panther, da oben auf unten Vorbeigehende lauere und ihnen bei günstiger Gelegenheit auf den Nacken springen würde.

      Sein Blick musterte auch scharf die Vorüberziehenden und haftete dann einen Moment auf dem alten Schäfer. Dieser aber, der nur flüchtig zu ihm aufgesehen hatte, drehte den Kopf halb von ihm ab, hob dann den Finger und rieb sich den rechten Nasenflügel.

      Der Ochsentreiber, der gerade hier mit seinen Thieren zu thun hatte, mußte nach vorn springen, um sie in der richtigen Bahn zu halten. Jetzt war das geschehen, und er kam wieder zurück und sagte halblaut zu Smith:

      „Kanntest Du den?"

      „Wen?"

      „Den auf dem Stein."

      Der alte Schäfer schüttelte einfach mit dem Kopf. „Kennst Du ihn?" sagte er nach kleiner Pause.

      „Gott bewahre," erwidert der Treiber mit einem flüchtigen, fast wie forschenden Blick auf seinen Begleiter, und das Gespräch zwischen den Beiden schien damit vollkommen abgebrochen, denn Jeder hatte augenscheinlich zu viel mit seinen eigenen Gedanken zu thun. Es dauerte auch von jetzt nicht mehr lange, so erreichten sie den letzten Hügelrücken, von wo ab der Weg direct nach dem Turon-River hinunterführte. Schon konnten sie unten im Thal dem Lauf des gewundenen Flusses mit den Augen folgen, und die dunkeln Kasuarinen erkennen, die, ganz ungleich den übrigen Waldbäumen, an seinen Ufern standen.

      Das Geschirr wurde eingehemmt, Zachäus war wieder außer sich vor Angst, daß seiner Maschine etwas passiren könnte - der Treiber stieß die gotteslästerlichsten Flüche aus, um seine Thiere in Respect und Gehorsam zu halten, und /84/ zehn Minuten später etwa hielt der Wagen unfern der Mündung des Oak-Creek auf einer kleinen offenen Fläche, auf der man beschloß, für die Nacht Halt zu machen und von hier aus die weiteren Operationen zu bereden.

      Ein paar Stunden vergingen jetzt damit, die Zelte aufzuschlagen, ein Feuer anzuzünden und das Abendbrod zu bereiten, wobei Smith und der Ochsentreiber die einzige wirkliche Arbeit verrichteten. Die anderen drei Miner waren in Allem, was das Buschleben betraf, so vollständig unpraktisch, daß sie selbst mit ihren Dienstleistungen nur störten, und auch bald von den Beiden gründlich beseitigt wurden. Zachäus untersuchte dann seine Maschine, die mit den vielen feinen Schrauben und Rädern allerdings auf dem rauhen Wege so hergerichtet schien, daß sie einer gründlichen Reparatur bedurfte. Aber was half sein Klagen und Jammern; sie mußte eben wieder ausgebessert werden. Während nun der Ochsentreiber, wenn er selber etwas zu essen haben wollte, Kochdienste verrichten mußte, stieg Smith, die Hände in den Taschen, wieder langsam auf den Hang hinauf, von dem sie vor kurzer Zeit erst mit ihrem Geschirr heruntergekommen waren.

      Dort auf dem Stein saß noch jener wunderliche Gesell, den sie vorher passirt hatten - es war fast, als ob er auf Jemanden gewartet hätte. Erst als er den Schäfer auf sich zukommen und für den Augenblick kein weiteres menschliches Wesen in der Nähe sah, stieg er von seinem erhöhten Sitz herab und blieb dann unten an dem Felsenblock stehen, bis Jener herankam.

      „Hallo, Jack," sagte Smith, als er dem jedenfalls Gesuchten gegenüber stand - „auch in den Minen?"

      „Hm," meinte der Fremde mit einem eigenen forschenden Lächeln, „das könnte ich Dich weit eher fragen, Mate, denn wie ich zuletzt in der City war, hatten sie Dich hinter einer Verzierung von Eisenstäben und brachten Dir Dein Futter in einem irdenen Napf."

      „Hm," sagte Smith und schob die Hände noch viel tiefer in die Taschen, „das ist besseren Leuten schon ebenso gegangen."

      „Bitt' um Entschuldigung, Mate, wenn Dir die Er/85/innerung fatal war," lächelte der Fremde - „aber wen bringst Du da mit in die Minen?"

      „Eine Ladung Grüner," sagte Smith trocken.

      „Festes Engagement?"

      Der alte Schäfer warf dem Andern wieder einen jener drolligen und verschmitzten Seitenblicke zu und sagte dann:

      „Ganz fest, auf dreißig Tage gebunden als Goldsucher."

      „Hm," sagte Jack, „schade - hätte Dich wahrscheinlich in diesen Tagen einmal zu einem kleinen Spaziergang einladen mögen."

      „Da müßtest Du aber bald kommen," meinte Smith trocken, „sonst könntest Du mich am Ende nicht mehr zu Hause treffen."

      „Ah so! - na gut denn. Bleibt Ihr jetzt hier?"

      „Vor der Hand; kommt wenigstens ganz auf Euch an, und wo seid Ihr zu finden?"

      „An der Fork."

      „Schön — good bye Jack," sagte der Schäfer, drehte sich um und stieg wieder zu Thal hinab.

      *

      Von Hafften war indessen mit seiner neuen Bekanntschaft bis Bathurst marschirt, wo sie zusammen in Mrs. Black's Gasthaus einkehrten, hier aber von dem Begleiter getrennt worden, denn ein solcher Menschenschwarm durchwogte die Räume, ja die ganze Stadt, und jedes Einzelnen Interesse war so sehr und fortwährend durch die neuen, immer fabelhafter klingenden Goldberichte in Anspruch genommen, daß ein festeres Band dazu gehört hätte, zwei Personen mit einander in Verbindung zu halten, als eine flüchtige Bekanntschaft auf der Straße.

      Hafften selber hörte hier zuerst von den soeben entdeckten und reich befundenen Minen am Turon, und da er noch an dem nämlichen Abend eine Gelegenheit fand, sein Gepäck dorthin zu senden, benutzte er dieselbe und wanderte wieder zu Fuß mit seinen neuen Begleitern neben dem Wagen her. War es ja doch überhaupt nur reine Glückssache, welchen Ort /86/ man gerade zu seinen nächsten Arbeiten wählte, und von Hafften lag viel mehr daran, das Leben und Treiben in diesen Minen kennen zu lernen, als wirklich selber ausdauernd nach Gold zu graben.

      Und eine bunter gemischte Gesellschaft hätte er wahrlich selbst in Californien kaum finden können, als sie ihm hier auf diesem kurzen Marsch geboten wurde, denn Engländer, Deutsche und Franzosen schwatzten und lachten wild durcheinander, und der beste Geist schien die kleine Schaar zu beleben - und doch wie verschieden war es auch wieder von Californien, wo das spanische Element, das hier gänzlich fehlte, überall vortrat, und der Amerikaner allein regierte.

      Spanische Abkömmlinge hatten sich hierher noch wenig oder gar nicht verloren, aber wenn so, würde man ihnen nicht das Geringste in den Weg gelegt haben, eben so wenig wie einem Deutschen oder Franzosen. Die erbittertste Stimmung aber herrschte, wenn das Gespräch diesen Gegenstand berührte, gegen die Amerikaner, da gerade das vigilance committee in Californien seine Thätigkeit begonnen und einer Anzahl von Australien herübergekommener Engländer arg mitgespielt hatte. Wo sich deshalb wirklich Amerikaner unter dem Englisch redenden Theil der Bevölkerung fanden, machten sie mit ihrer Nationalität keinen Staat, und vermieden Alles, was eine Entdeckung derselben hätte herbeiführen können.

      Am Turon nahm aber, wie bei allen Wanderern, die Sorge für ein Nachtlager ihre erste Arbeit gleich in Anspruch. Vor allen Dingen mußten die verschiedenen Zelte aufgeschlagen und ein Kochherd, oder wenigstens Feuerplatz hergerichtet werden. Holz gab es damals, und bei der ersten Besiedelung des Platzes, noch genug, Provisionen waren reichlich vorhanden, und wie sich die Sonne hinter die ziemlich hohen Hügelrücken senkte, lagen die Männer schon um ihre Feuer ausgestreckt lachend und plaudernd zusammen, und träumten und phantasierten von goldenen Schätzen, die vielleicht selbst unter ihrer Lagerstätte die reichen Adern ausstreckten und nur auf Spitzhacke und Schaufel warteten, um sich geduldig der Pfanne zu überliefern.

      Und was das jetzt für ein reges Leben an dem sonst so /87/ stillen, ja öden Bergstrom war, und wie die dunkeln Kasuarinen staunen mochten, als Schwarm nach Schwarm des gierigen Menschenvolkes in das Thal strömte und die klare Fluth in flüssigen Lehm verwandelte. - Die Schätze des Turon waren verrathen, und immer neue Schaaren drängten herbei, noch irgend wo am Ufer einen kleinen und freien Platz zu finden, wo sie sich einhacken konnten.


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