Wahre Gerechtigkeit. Ino Weber
Читать онлайн книгу.Erfahrungen und Fakten leider nur ein sehr nebelhaftes Konstrukt, ja eine verfälschende Schablone, ein Muster ohne Wert. Seine Verlässlichkeit und Richtigkeit sollte hinterfragt werden.
Sobald das Denken freier wird und zum wahren Realismus findet, fällt es nicht mehr so schwer, sich mit einem neuen Gedanken anzufreunden: Karma ist ein Faktor oder eine Größe, mit der man stets rechnen muss. Beim Karma-Prinzip handelt es sich um ein besonderes Naturgesetz, das tatsächlich alle relevanten Faktoren mit einschließt, nicht nur die materiellen, sondern auch geistige und seelische.
Nach der altindischen Philosophie besteht die herausragende Gesetzmäßigkeit in Bezug auf unser Karma darin, dass unsere guten und schlechten Taten exakt aufgezeichnet werden, was möglichweise in der Aura bzw. unserem geistig-seelischen Kraftfeld geschieht. Auf diese Weise wird wahre Gerechtigkeit gewährleistet. Es fällt also nichts einfach unter den Tisch. Für den einen mag dies Trost bedeuten, andere erfüllt es mit Schrecken. Begeisterung oder innere Auflehnung ändern jedoch nichts an den fundamentalen Naturgesetzen und den Gesetzen des menschlichen Lebens. Unsere Naturwissenschaft hat noch längst nicht alles Wichtige entdeckt. Auch sie wird umdenken müssen.
4) Reinkarnation und Karma-Beispiele
Jetzt machen wir einen gedanklichen Sprung, der kritischen Zeitgenossen und bekennenden Christen vielleicht die größten Probleme bereitet. Wir behaupten: Jeder Mensch bringt schon bei der Geburt ein negatives Karma-Konto ins Leben mit. Es muss also zuvor mindestens eine Existenz, genauer gesagt eine Verkörperung (Inkarnation) gegeben haben. Mit dieser Annahme oder Erkenntnis erschließt sich eine neue Welt, denn der Verstand hat nun endlich echte Erklärungen zur Verfügung. Die Situation der Menschen ist gar nicht anders zu erklären, falls Gott nicht grausame Startbedingungen gutheißt oder absichtlich schafft und nachher völlig willkürlich über die Gestorbenen bzw. das Schicksal ihrer Seelen entscheidet. Wenn man von gläubigen Christen verlangt, unerträgliche Widersprüche zu überbrücken, die letztlich Gott in schlechtem Licht erscheinen lassen, ist das gewiss keine brauchbare Alternative.
Das ganze Drama unseres Daseins, ja der eigentliche Sinn hinter dem Prozess, den wir als Leben und Sterben bezeichnen, auch der Sinn des Leidens, wird nur unter einer Voraussetzung verstandesmäßig fassbar: Reinkarnation ist eine Realität, genau wie Karma. Einige Bibelstellen weisen sogar deutlich darauf hin!
Generationen von Philosophen haben sich den Kopf zermartert, aber keiner hat eine bessere Erklärung für die oft schlimme und tragische, scheinbar ungerechte Situation vieler Menschen auf dieser Erde gefunden. Der Mensch in seinem gegenwärtigen Zustand ist unvollkommen und bringt das Böse in die Welt. Er hat die Freiheit dazu, sich so oder so zu verhalten. Und er muss frei sein, denn das ist erste Voraussetzung dafür, eine wahrhafte Läuterung zu erlangen.
Wir alle haben auf dieser Erde die Möglichkeit, uns weiter zu entwickeln und dies muss der Ausgangspunkt für seriöse Überlegungen sein. Wenn es einen Gott gibt, dann möchte er den Fortschritt seiner Kinder, nicht das derzeitige Elend großer Massen. Letztlich kann der Weg nur in Richtung Vollkommenheit gehen.
Wie wir wissen, ist eine erschreckend große Mehrheit der Weltbevölkerung arg benachteiligt und das liegt selbstverständlich nicht nur an den Genen, es hat auch nicht ausschließlich materielle Ursachen. Der wahre Grund für die krassen Unterschiede und das weit verbreitete Elend besteht vor allem darin, dass unser persönliches Karma-Konto von Geburt an belastet ist. Den Menschen als wesenhaft böse aufzufassen, kann dagegen keine zufriedenstellende Erklärung sein. Dass Gott die Grausamkeiten wünsche oder gar erzeuge und obendrein eine so mangelhafte, bösartige Menschheit geschaffen habe, natürlich ebenfalls nicht.
Wäre die Ungleichheit der Menschen, zum Beispiel die gesamte Lebenssituation, in die sie hineingeboren werden, rein zufälliger Natur, so würde die blanke Ungerechtigkeit auf der Welt „regieren“. Wenn wir aber nicht gewillt sind, an den Zufall als weltregierende Macht, an völlig blinde Ungerechtigkeit oder gar an einen bösen Gott zu glauben, dann ist es logisch fast zwingend, eine Vorexistenz der Seele anzunehmen.
Energie geht nicht verloren, wie ein physikalisches Grundgesetz besagt. Die Seele ist eine besondere Energie, die sich ihrer Existenz und Wirkungsweise bewusst werden kann. Wer bereits die Existenz der Seele abstreitet, braucht sich ohnehin keine Gedanken mehr zu machen. Er wird sich in seiner privaten Weltanschauung stets im Kreis drehen und muss sein Leben lang gegen ein wahrhaft furchterregendes Gefühl von Sinnlosigkeit ankämpfen. Wir dagegen bleiben dabei: An die Existenz der Seele zu glauben, ist vernünftig, schließlich gibt es auch einige Belege dafür. Aber auf dieser Stufe der persönlichen Erkenntnis darf man nicht stehen bleiben.
Karma steht nach altindischem Glauben in enger Beziehung mit der Reinkarnationslehre, wonach die individuelle Seele eine lange Kette von Wiederverkörperungen durchschreiten muss. Bei karmischen Vorgängen, beim direkten Erleben guten und schlechten Karmas, handelt es sich um sehr komplexe Wirkungsweisen, die sich auf längere Zeiträume beziehen und über mehrere irdische Existenzen erstrecken. Die Rückwirkungen des eigenverantwortlichen Handelns finden meist zu einem viel späteren Zeitpunkt statt. Wiedergeburt ist eine große Chance. Aber erneut im fleischlichen Körper zu leben, auf dieser Erde, ist kein besonders erfreuliches Ereignis und soll es wohl nicht sein. Buddhisten, fortgeschrittene Denker und Esoteriker sehnen sich danach, es zu vermeiden!
Mord als Beispiel einer schweren karmischen Schuld
Wir betrachten folgenden Fall, der ja leider gar nicht so selten vorkommt: Jemand wird heimtückisch ermordet. Wenn das Karma-Prinzip nur nach dem alten biblischen Grundsatz von „Auge um Auge und Zahn um Zahn“ arbeiten würde, wäre das der Ausgangspunkt, um vermeintlich zwingend auf die Ursache zu schließen. Und die Folgerung würde lauten: Dieses Mordopfer, vielleicht ein Bankangestellter, der von einem Räuber brutal erschossen wird, war früher selbst einmal ein Mörder. Damals mordete der Mann und machte sich damit in eklatanter Weise moralisch und juristisch schuldig. Der erste Mord war die konkrete Ursache dafür, dass es nun ihn selbst getroffen hat. Da er ein Mörder ist, hat er als Rückwirkung auf sich gezogen, ebenfalls ermordet zu werden.
Man hüte sich vor derart falschen Schlussfolgerungen. Wer im Karma nur die unerbittliche Eigenschaft eines harten Naturgesetzes sieht, das unnachgiebig für den notwendigen Ausgleich sorgt, und dabei in erster Linie an den strafenden Aspekt denkt, irrt gewaltig.
Der tiefere Sinn des Karma-Prinzips besteht doch darin, den Seelen mannigfache Gelegenheiten zu schaffen, um zu lernen und schlechtes Karma auf individuelle Weise abzubauen. Da geht es gar nicht um ein „Büßen“ in unseren gewöhnlichen Maßstäben von Gerechtigkeit. Das christliche Konzept von Schuld und Sühne ist sicher nicht die angemessenste Vorstellung, was humane und göttliche Gerechtigkeit anbelangt, und sie hilft absolut nicht dabei, das Karma-Prinzip korrekt zu erfassen.
Wenn wir das Problem vernünftig anpacken wollen, muss folgendes berücksichtigt werden: Der jetzt zu beklagende Mord könnte tatsächlich einen Unschuldigen getroffen haben. Der Mörder würde mit seiner Tat also eine Erstursache in die Welt setzen. Aus naheliegenden Gründen kann aber der Ermordete (in diesem Leben) keinen Ausgleich für sein erlittenes vorzeitiges Ende mehr erfahren.
Und überhaupt: Wer in einer früheren Existenz einmal ermordet wurde, hat persönlich keinerlei Recht auf Rache. Kommt es dazu, dass ein Verbrecher vor dem Gesetz sühnt, dem irdischen wie dem karmischen, dann geschieht dies nicht, um das jeweilige Opfer zufriedenzustellen. Das begangene Unrecht am getöteten Menschen wird nicht direkt gesühnt und eigentlich kann die Tat selbst überhaupt nicht wieder gutgemacht werden. Die Weisheit der Rechtsprechung hat dies längst erkannt. In jedem zivilisierten Rechtssystem geht es in erster Linie darum, die Gesellschaft zu schützen und die Ordnung aufrecht zu erhalten. Das Karma-Prinzip hat allerdings nicht nur ordnenden Charakter. Es geht weit darüber hinaus, beinhaltet aber dieselbe Erkenntnis: Ein Ausgleich „Zahn um Zahn“ darf nicht geschehen, er wäre auch kaum sinnvoll.
Stellungnahme zu sogenannten Rückführungen
Ob es richtig ist, sich