Ein Schaffhauser auf dem West Highland Way. Roman Alexander Bolli

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Ein Schaffhauser auf dem West Highland Way - Roman Alexander Bolli


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von seinem Armani fernzuhalten. Wirkt mit seinem Notebook zwischen den Zähnen wie Donald Duck, als er sich nickend der Stewardess zuwendet, welche ihn soeben fragte, ob er ein Getränk möchte.

      Ich bin kein Unmensch, stellte ihm mein Tischchen zur Verfügung. Aber er solle sein triefendes Sandwich auf seiner Seite lassen. Ein "Du-tust-jetzt-aber-auch-blöd"-Blick mit abschätzigem Betrachten meiner Wanderhose soll sowas wie ein Dankeschön sein.

      Es mag lobenswert sein, wenn man seine Arbeitszeit nutzt. Aber wie viel Arbeit lässt sich auf einem Economy-Sitz in 60 Minuten ohne Internetverbindung bewältigen? Bis die alten Firmen-Notebooks aufgestartet sind - man erkennt sie an den P-Touch-Klebern der IT mit irgendwelchen merkwürdigen Nummern und allgemein am versifften Zustand - vergeht schon eine Ewigkeit. Danach werden in einer Powerpoint drei oder vier Zeilen geschrieben. Links von mir, ein Unilever-Mitarbeiter, tippt offline eine Mail und in der vorderen Sitzreihe ist man mit dem Wegklicken von Fehlermeldungen beschäftigt. Kaum haben die Herren ihren Desktop soweit vorbereitet und gesäubert, kommt die Stewardess mit den Snacks. Danach nochmals auf die Toilette.

      Eigentlich beginnen sie erst zu "arbeiten", nachdem die Durchsage erklungen ist, dass man die Notebooks schliessen und verstauen soll, man würde nun zur Landung ansetzen. Dafür jetzt umso hektischer. Unter Augenrollen und entnervtem Grummeln verstauen sie ihre Arbeitsgeräte, nachdem die Stewardess sie höflich dreimal aufgefordert hat, der Anweisung Folge zu leisten. Wie bitte soll die Wirtschaft einen Aufschwung erfahren, wenn man noch nicht einmal seinen Satz zu Ende tippen darf?

      Kaum setzt der Flieger mit seinen hinteren Rädern auf, drängeln sie in den Gang, jetzt muss alles schnell gehen. Gewiss öffnen sich die Türen schneller, wenn man die Vierstunde Fahrt nach der Landung über den Amsterdamer Schiphol - ich bin kein Vielflieger, mich beeindrucken die Dimensionen der Flughafen immer noch - bereits steht und schubst.

      Ja ich bin einer, welcher aus dem Fenster guckt und ob der wippenden Klappen auf dem Flügel in Entzückung gerät, während der routinierte Vielflieger die Passagiere über seinen Status als Globetrotter in Kenntnis setzt, indem er alle Sicherheitsvorschriften ignoriert. Vor mir wird während des Starts online der Blick gelesen, das Smartphone hoch erhoben, man soll sehen, was für ein abgebrühter, ganzer Kerl er ist und rechts von mir schreit der Holländer in das Telefon, er verstehe nichts, weil der Flieger eben gerade Schub gäbe.

      Nicht, dass ich nun befürchte, die Boeing werde die Nase in die Piste bohren weil der Gast auf 21D ein dringendes Telefonat führen muss, aber irgendwie merkwürdig erscheint es einem schon. Vor allem aber respektlos.

      Als letztes Kriterium, anschnallen ist für Kleinkinder. Die Gurte werden lose in den Schoss gelegt. Wohl hat er dreimal so lange, die Gurtschnalle mit Hemdfalten so zu kaschieren, dass es aussieht als hätte er sich angeschnallt um den Kontrollblick des Personals zu täuschen, aber es ist eine Frage des Prinzips.

      Damn it feels good to be a gangsta.

      Ankunft in Glasgow

      Adressen:

      Glasgow Pond Hotel, Great Western Road, North West, Glasgow, etwa 20 Minuten mit dem Taxi vom Flughafen

      Ich liebe Hotels und ich liebe Camping.

      Doch wie ich über meinen Whopper keine heisse Schokoladensauce giesse, lassen sich auch diese zwei Domizile schlecht verbinden. Entweder fühle ich mich mit dem halbmannshohen Rucksack an den Schultern vor der Theke der Rezeption extrem underdressed, oder bleibe mit dem Samsonite Rollkoffer im Kies des Campingplatzes stecken.

      Dieses mal musste ich über meinen Schatten springen. Erst abends um zehn in Glasgow eingetroffen hatte ich nicht immens Lust mich am Flughafen in die Büsche zu schlagen, also checkte ich im Hotel ein.

      Arg underdressed brauchte ich mich nicht zu fühlen, da das Hotel mit seinem 37cm-Röhrenfernseher und dem durchgelaufenen Spannteppich auch nicht mit Hilton im Konkurrenzkampf lag. Vor dem Fenster lümmelten Halbwüchsige in fleckigen Unterhemden, zogen an Glimmstengeln und labten sich am Gerstensaft. Auf dem Parkplatz spielten einige Kinder Fussball, das Tor markierte ein deutscher Reisecar. Angetrunkene Erwachsene bestärkten sie durch Applaus. Eine ganz feine Gegend hatte ich mir ausgesucht.

      Selbstverständlich habe ich ohne Frühstück gebucht. Nicht bewusst, die Schnäppchenpreise bei ebookers scheinen stets ohne irgendwelche Mahlzeiten zu sein, auf dem Smartphone-Display sieht man dies auch nicht so genau.

      Morgens steht man also im Frühstücksaal und fühlt sich wie ein eingeschlichener Penner, während die korpulente Dame auf ihrer Liste verzweifelt die Zimmernummer sucht. Zehn Pfund halfen über die allgemeine Peinlichkeit hinweg. Ich liebe die Währung. Franken ist was starkes, seriöses. Euro ist einfach Spielgeld. Aber Pfund, dies hat etwas mondänes, elitäres. Die Abgehobenheit schwingt mit, im Gegenzug ist es auch eine Idee anrüchig, ein Hauch Glosse spielt ein. Pfund hat einfach Charakter, ich wechsle es auch ungern wieder zurück. Stets habe ich das Gefühl, ich erhalte minderwertige Ware dafür.

      Auf fettige Würstchen, Speck und Bohnen verzichtete ich, hiess es doch ordentlich zu marschieren heute. Schon so besorgt, ob mein eingepacktes Toilettenpapier reichte, war ich nicht bemüht irgendwelche rein natürliche Vorgänge in der Bauchregion einer unnötigen Beschleunigung auszusetzen.

      Zum letzten Mal erstellte ich die Packung. Kippte den gesamten Inhalt auf das Hotelbett und stellte sie wiederum komplett zusammen. Das Wasser aus der Leitung hatte diesen Chlorgeschmack, welcher zu sagen scheint 'Wir wissen, dass es nicht sauber ist, aber es wird sie nicht umbringen'. Vorsichtshalber entkeimte ich es. Nur weil ich das Set zum entkeimen bei mir hatte.

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