101 Diamanten. Gudrun Anders

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101 Diamanten - Gudrun Anders


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auf dem Schloss. Eine Kutsche näherte sich und einige Reiter waren auch dabei. Auf einer der Kutschen wehte eine königliche Fahne. Im Schlosshof angekommen, stiegen einige Menschen aus der Kutsche und unter ihnen eine wunderhübsche Frau in einem langen, fließenden Gewand.

      „Ach, das ist mein einstiges Zuhause“, sagte die Frau, die sich nach allen Seiten umsah. „Hier habe ich so viele Jahre meines Lebens verbracht. Kommt,“ sagte sie zu einigen der Dienerschaft, „wir wollen uns umsehen, was wir tun können, um dieses alte Gemäuer wieder in Schuss zu bringen.“

      Und sie gingen in das Schloss hinein. Mit einer Hand wischte sich die Frau die Spinnweben aus dem Gesicht. „So schlimm sieht es doch gar nicht aus“, sagte die Frau. „Holt mir die Handwerker. Hier soll es wieder werden wie früher. Wir renovieren das Schloss von Grund auf – und bald wird es wieder in einem neuen Glanz erstrahlen.“ Und schon eilten die Diener los. Kurze Zeit später fing es überall im Schloss an zu hämmern und zu sägen. Viele fleißige Hände brachten zunächst das Untergeschoß so weit in Ordnung, dass man sich beruhigt dem oberen Geschoß zuwenden konnte.

      Nachdem auch die brüchig gewordenen Treppen in Ordnung gebracht waren, machte die Frau sich auf, um in das obere Geschoß zu gelangen. Plötzlich krachte und polterte es aus dem oberen Stockwerk so sehr, dass alle erschrocken inne hielten. Nach Handwerkern klang das jedenfalls nicht. „Was das wohl sein mag“, sagte die Frau und ging mutig weiter, obwohl es schon wieder lärmte und krachte. Ihre Diener und die Handwerker folgten ihr zögernd und betraten nacheinander das obere Stockwerk.

      „Hallo, ist hier jemand?“ fragte die Frau in die Stille hinein und plötzlich lärmte und krachte es direkt vor ihr. Da war eine große weiße Vase, die andauernd auf ein großes, silbernes Tablett aufschlug. Mitten in der Luft, ohne, dass jemand die Dinge festhielt. Klapp, klappklapp, klapp machte es.

      „Wenn du einer der gefürchteten Poltergeister bist, so lass' dir gesagt sein, dass ich keine Angst vor dir habe", sprach die Frau. „Dem rechtmäßigen Eigentümer könnt ihr nämlich nichts antun, ihr Poltergeister – und das bin ich, die Prinzessin dieses Schlosses. Macht, dass ihr fortkommt, bevor meine Männer zu renovieren beginnen!“

      Tablett und Vase schwebten aber noch immer mitten im Raum und machten Lärm. „Gut, wie du willst, Poltergeist. Männer: Fangt an zu renovieren!“ Und mit diesen Worten wurde das Klappern zu einem ohrenbetäubenden Lärm. Die Männer rückten an mit ihrem Handwerkszeug und kümmerten sich nicht mehr darum, dass dort die Vase und das Tablett so schaurigen Lärm machten.

      „Verschwinde“, rief die Frau noch einmal und schwenkte einen Eimer in der Hand, in dem eine suppige Flüssigkeit war. Lärmend und dröhnend zog der Poltergeist noch einmal durch die Flure, aber mit zunehmender Renovierung des Schlosses wurde ihm immer mulmiger und es blieb ihm nicht mehr viel Zeit für eine Entscheidung. Als die Renovierung sich dem Ende neigte, schwebte er mit Tablett und Vase noch einmal polternd um die Frau herum und gab es dann endlich auf. Klirrend fielen die Vase und das silberne Tablett zu Boden und eine kleine Wolke schwebte zum geöffneten Fenster hinaus.

      „Hurra“, jubelten die Leute und ganz besonders die Frau, die aufgrund ihres Mutes die Poltergeister besiegt hatte.

      Bald war die Renovierung des Schlosses abgeschlossen und die Freude war bei allen riesengroß. Zur Einweihung wurde ein großes Fest gefeiert und die Frau war nicht mehr nur eine Frau, sondern jetzt die Königin und damit die Herrscherin dieses Schlosses, was sie sich selbst zurück erobert hatte. Die Vase und das Tablett, das der Poltergeist zurückgelassen hatte, aber standen ständig in der Eingangshalle des Schlosses und es waren immer frische Blumen darin. Und jeder, der daran vorbei ging, erinnerte es daran, dass mal die Geister auf dem Schloss regiert hatten – aber jeder wusste, dass diese Zeit ein für alle Mal bis in alle Ewigkeit vorbei war, denn jetzt herrschte Frieden auf dem Schloss.

      Die Schatztruhe der Wichtelmänner

      Es war einmal ein kleiner Zwerg, der im dunklen Wald wohnte. Da war sein Zuhause und dort fühlte er sich wohl. Er hatte sich in einem uralten, riesigen Baum seine Höhle gebaut und ganz nach seinen Vorstellungen zurechtgemacht. Die anderen Zwerge, die rundherum wohnten, mochten den kleinen Zwerg sehr gern und er sie. Mal ging er die anderen Zwerge besuchen und mal bekam er Besuch. So waren sie alle glücklich und zufrieden.

      Trotzdem fehlte unserem kleinen Zwerg ganz tief drin in seinem Inneren noch etwas. Das konnte doch nicht alles sein! Da musste doch noch mehr Inhalt in seinem Leben sein! Jeden Tag hielt er danach Ausschau, wenn er sich nach den Früchten des Feldes umsah, aber gefunden hatte er es noch nicht. Unser kleiner Zwerg wusste von einem Nachbarzwerg, dass dieser einen Zauberspiegel besaß, vor den man sich setzen konnte – und wenn man offen war für die Geheimnisse, die dieser Spiegel preisgeben konnte, so vermochte man eine ganze Menge über sich und den Lauf der Welt zu erfahren.

      Eines Tages hielt der kleine Zwerg es nicht mehr aus und machte sich, da er ohnehin nichts Besseres zu tun hatte, auf den Weg zu dem Nachbarn mit dem Zauberspiegel. Er klopfte zaghaft an und ihm wurde aufgetan.

      „Komm' herein, kleiner Zwerg. Ich habe dich bereits erwartet. Du bist herzlich willkommen!“ sprach der alte Zwerg, von dem man sich erzählte, das er ein weiser Zwerg war, der in das Geheimnis des Spiegels und in das Geheimnis des Lebens eingeweiht war und deshalb allwissend war. Und man erzählte sich weiter, dass er anderen gern die Möglichkeit gab, sich auch dieses Zauberspiegels zu bedienen. Unser kleiner Zwerg war noch etwas überrascht über diese Begrüßung, fühlte sich aber von der tiefen Wärme, die der alte Zwerg ausstrahlte, sofort in seinen Bann gezogen.

      „Trete näher und erzähle mir deine Sorgen“, sagte der alte Zwerg und drückte ihn sanft aber nachdrücklich in eine Ecke des Raumes, die ganz dicht mit weichem Moos bewachsen war. Kaum saß unser Zwerg, fühlte er sich von einer angenehmen Wärme durchströmt und ein klein wenig schläfrig, denn dieses weiche Bett aus Moos lud zu einem Nickerchen ein.

      „Ja, ähem, das ist so“, fing der kleine Zwerg zu sprechen an, „ich glaube, ich suche etwas, was ich noch nicht habe. Ich denke mir, dass das noch nicht alles gewesen sein kann in diesem Leben. Jeden Tag gehe ich auf Nahrungssuche, einfach nur, um satt zu werden. Ich habe viele Bekannte, die ich besuche und die mich besuchen, aber dennoch fehlt mir etwas. Ja, und ich würde gern deinen Zauberspiegel benutzen, um zu erfahren, wo ich das, was ich suche, finden kann. Deshalb bin ich zu dir gekommen.“

      „Ja, deshalb kommen alle Zwerge zu mir. Gut, dein Wunsch soll in Erfüllung gehen. Warte hier auf mich!“ sprach der weise, alte Zwerg und verschwand. Einige Augenblicke später kehrte er zurück und schob einen riesengroßen Spiegel auf Rollen vor sich her. Sein Rand war reichhaltig verziert und glitzerte in allen möglichen Farben. Hier und da lugten einige wertvolle Diamanten und andere Edelsteine aus der Verzierung.

      Der weise Zwerg stellte den Zauberspiegel direkt vor den kleinen Zwerg und bedeutete ihm, dass er geradewegs hineinsehen sollte. „Ich verlasse jetzt diesen Raum. Stelle dem Spiegel deine Frage und wenn du es wünschst, wird dir der Spiegel seine Antwort preisgeben. Wenn du genug erfahren hast, rufst du mich", drehte sich um und schloss die Tür hinter sich. Jetzt war der kleine Zwerg mit dem Zauberspiegel allein. So schmiegte er sich wohlig in das weiche Moos und blickte einen Augenblick stumm in den Spiegel hinein. Ganz langsam veränderte sich die Farbe in dem Spiegel von durchsichtig über rosa und hellblau, wurde dann grau und grün, bis auf einmal alle Farben ineinander verschwammen und ein Bild entstand.

      Da stand plötzlich der kleine Zwerg im Wald! Noch konnte er es nicht ganz begreifen, denn er saß ja auch noch in der Hütte des alten, weisen Zwergen und vorsichtshalber tastete er seinen Körper ab, ob er überhaupt noch da war. Er war noch da.

      „Keine Angst!“ stand da plötzlich in goldenen Buchstaben oberhalb des Bildes, welches den kleinen Zwerg im Wald zeigte.

      „Es ist aber merkwürdig für mich“, sagte der kleine Zwerg. Die Buchstaben verschwanden und die Worte „Das macht nichts!“ erschienen auf dem Spiegel.

      Einen Augenblick besah sich der kleine Zwerg das


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