Giuseppe Verdi. Leben, Werke, Interpreten. Christian Springer

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Giuseppe Verdi. Leben, Werke, Interpreten - Christian Springer


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Pasquale, den Oroveso in Norma. 1839 schrieb Richard Wagner für ihn eine zusätzliche Arie für diese letztere Rolle, die zu singen Lablache aber ablehnte.

      Der dankbare Impresario Lumley beschrieb Lablache als „the greatest dramatic singer of his time“, der für seine kompetenten Kommentare über Sänger bekannte englische Kritiker und Komponist Richard Mount Edgcumbe hielt ihn für einen „bass of uncommon force and power. His voice was not only of deeper compass than almost any ever heard, but when he chose, absolutely stentorian, and he was also gigantic in his person; yet when he moderated its extraordinary strength, he sang pleasingly and well.“ – eine Einschätzung, angesichts derer eine heute nur von Baritonen gesungene Partie wie der Figaro im Barbiere erstaunt. Weshalb Muzio den in der gesamten Literatur in jeder Hinsicht als überlebensgroß beschriebenen Künstler als vecchietto, als altes Männlein – Lablache war 1847 noch keine dreiundfünfzig Jahre alt und setzte seine Karriere ohne Stimmprobleme bis 1856 fort – bezeichnete, bleibt unklar. Obwohl seine Stimme über mehr als zwei Oktaven reichte, eine ausgezeichnete Höhe hatte und für Verdi-Baßrollen prädestiniert gewesen wäre, blieb der alte Moor in den Masnadieri seine einzige Verdi-Rolle.

      D

      er Carlo Moor der Premiere ist der Tenor Italo Gardoni (Parma 1821 – Paris 1882), ein interessanter Sänger mit einem Repertoire etwas abseits der italienischen Tenorroutine. Er debutierte 1840 in Viadana (in der Nähe von Mantua) in der Titelrolle von Donizettis Roberto Devereux, sang im selben Jahr bereits in Turin und Berlin und wurde nach nur dreijähriger Karriere an die Mailänder Scala engagiert: Dort trat er 1843 in La sonnambula und Lucia di Lammermoor, 1844 in Linda di Chamounix auf. Ab 1844 hatte er Erfolge in Paris, zuerst an der Opéra, wo er u.a. an der Uraufführung von Pacinis La fidanzata corsa (1846) mitwirkte, ab 1847 am Théâtre Italien.

      Abb. 31 – Der Tenor Italo Gardoni (1821-1882). Photographie, 1874.

      Der Auftritt als Carlo Moor war sein London-Debut. Hier sang er den Pylades in Glucks Iphigénie en Tauride, den Don Ottavio, den Tamino, den Florestan und den Faust. 1855 trat er erstmals in Covent Garden auf: er sang Rossinis Comte Ory, den Nemorino, den Danilowitz in Meyerbeers L’Étoile du Nord und den Corentin in Dinorah (beides englische Erstaufführungen). Er trat bis zum Ende seiner Karriere (1874) regelmäßig in London und Paris auf. Weitere wichtige Partien seines Repertoires waren die Tenorrollen in Cimarosas Il matrimonio segreto, Rossinis La cenerentola, L’italiana in Algeri, Otello und La gazza ladra, Bellinis La sonnambula, I puritani, Aubers Fra Diavolo und Verdis La traviata. Gastspiele führten ihn nach St. Petersburg, Madrid und Amsterdam.

      Gardonis Stimme wird als tenore di grazia, als leichter, koloraturfähiger Tenor mit ausgezeichnetem Stimmsitz beschrieben; er war als Vokalist und Stilist ebenso vielseitig wie als Schauspieler. Verdi hatte die Partie des Carlo auf die vokalen Fähigkeiten seiner ursprünglichen Wunschbesetzung Gaetano Fraschini zugeschnitten, weshalb manche Passagen baritonal gefärbt sind und für Gardoni zu heroisch gewesen sein mochten. Wenn Verdi dennoch die leichtere Stimme Gardonis für die Rolle akzeptierte, muß seine Stimme über eine etwas kompaktere Komponente verfügt haben, worauf auch eine Partie wie der Florestan hinweist.

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      ie Masnadieri werden in Italien und im Ausland bis zu Beginn der 1860er Jahre aufgeführt, danach verschwindet auch diese Oper von den Spielplänen.

      Nach der zweiten Vorstellung übergibt Verdi den Taktstock an Michael William Balfe (den Dirigenten, Sänger und Komponisten von The Bohemian Girl) und reist nach Paris, um in den kommenden Wochen seine dortige Verpflichtung zu erfüllen. Um als italienischer Komponist im 18. und 19. Jahrhundert als arriviert gelten zu können, ist ein Erfolg in Paris erforderlich. Meister wie Cimarosa, Paisiello, Guglielmi, Bianchi, Zingarelli, Paër, Cherubini oder Spontini hatten die Strapazen der Alpenüberquerung in Kauf genommen, um für Paris zu schreiben. Wie erfolgreich ein italienischer Komponist in seinem Heimatland auch sein mochte, wenn er die Weihen eines Pariser Erfolges nicht vorweisen konnte, wurde er von seinen Landsleuten als unverbesserlicher Provinzler betrachtet (das nemo propheta in patria ist geographisch ungebunden und hat durchaus europäische Tradition). Rossini und Bellini, Donizetti und Verdi, aber auch Gluck und Wagner wußten dies und richteten sich, mit unterschiedlichem Erfolg, danach.

      Wünschenswert, nicht aber unabdingbar, war für diesen Zweck die Komposition einer neuen Oper. Manchmal tat es auch die Umarbeitung eines früheren Werkes zu einem dem Pariser Geschmack angepaßten Bühnenstück: Gluck arbeitete Orfeo ed Euridice in Orphée et Euridice um, seine italienische in eine französische Alceste, Rossini seinen Maometto II in Le Siège de Corinthe und Mosé in Egitto in Moïse et Pharaon, ou Le passage de la Mer Rouge, Donizetti hatte dem Musikgeschmack der Franzosen mit Les Martyrs, einer Umarbeitung des Poliuto, Tribut gezollt. Die erste Einladung nach Paris erhält Verdi 1845: Bald nach der Premiere von Giovanna d’Arco überbringt Léon Escudier die frohe Nachricht. Aber Verdi steht unter enormem Arbeitsdruck und muß Verträge in Italien und England erfüllen.

      Jérusalem

      E

      rst 1847, nach der Uraufführung von I masnadieri in London, kann Verdi dem Gedanken, für Paris zu schreiben, nähertreten. In diesem Jahr hat Paris drei Opern Verdis kennengelernt: Nabucco und die in der Zwischenzeit komponierten Ernani und I due Foscari wurden aufgeführt, allerdings am Théâtre Italien, was international nicht dieselbe Reputation wie ein Erfolg an der Opéra (eigentlich: Académie Royale de Musique) verhieß. Nun bieten die neuen, unter Erfolgsdruck stehenden Direktoren der Opéra, Roqueplan und Duponchel, Verdi die Komposition einer neuen Oper für die Herbstsaison an, was Verdi aber unter Hinweis auf die kurze zur Verfügung stehende Zeit ablehnt. Er schlägt die Umarbeitung der in Frankreich noch unbekannten Lombardi zu einer grand-opéra nach französischem Geschmack vor. Wo es sich als notwendig erweisen sollte, würde er neue Nummern komponieren und in die Partitur einfügen. Der wegen des Librettos um Rat gefragte Eugène Scribe, der Chef der berühmten Pariser Operntextwerkstatt, schlägt Alphonse Royer und Gustave Vaëz (die Textdichter von Donizettis La Favorite) vor, deren Arbeit zu einer deutlichen Verbesserung des Lombardi-Textes führt.

      Die Arbeit beginnt: Aus den lombardischen werden französische Kreuzritter, die handelnden Personen bekommen neue Namen, aus Mailand wird Toulouse (wodurch die Umstände, die das Mailänder Publikum in Raserei versetzt haben, verwässert werden), die Handlung wird den neuen Gegebenheiten angepaßt und spielt jetzt zwischen 1095 und 1099 in Toulouse und Palästina. Die Musik der Lombardi wird dem neuen französischen Libretto angepaßt, teilweise neu – und subtiler – instrumentiert, transponiert und neu angeordnet. Einige Nummern streicht Verdi aus der Originalpartitur und ersetzt sie durch neue, darunter die Introduction, die das kurze Allerwelts-Vorspiel der Lombardi ersetzt, die Cabaletta „Ah! viens, démon esprit du mal“, die Hymne „Le Seigneur nous promet“ und einen Marsch. Ebenso schreibt er zahlreiche neue Rezitative und Überleitungen. In Gastons Arie „Je veux encore“ (die französische Version von „La mia letizia infondere“ aus den Lombardi) fügt Verdi eigens für Gilbert-Louis Duprez, den Wundertenor, dessen Name auf den Plakaten allein schon eine Erfolgsgarantie darstellt, eine Phrase mit einem hohen C ein. Das „Salve Maria“ wird, diesmal ohne Beanstandung aus Kirchenkreisen, wieder zum „Ave Maria“, der dritte Akt beginnt mit der für Paris obligaten Ballettmusik, die farbige Schlachtmusik im vierten Akt ist neu, das Finale der Oper ist eine Umarbeitung des Terzettino aus dem Finale der Lombardi.

      Nach einer zweimonatigen Probenzeit, die Verdi als geradezu luxuriös empfindet, wird Jérusalem am 22. November 1847 in einer prächtigen Ausstattung an der Académie Royale de Musique uraufgeführt. „Die mise en scène wird absolut wunderbar, da man hier nicht ans Sparen denkt“, schreibt Verdi begeistert am Tag des Probenbeginns, dem 22. September 1847, an Giuseppina Appiani.

      Trotz


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