Französische Sprachwissenschaft. Elissa Pustka

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Französische Sprachwissenschaft - Elissa Pustka


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(un) für [ɛ̃] (z. B. in a2m1 für À demain !) und <C> für [se] (z. B. in C pa grav für Ce n’est pas grave !). Da die Aussprache des französischen Schwas [ə] (vgl. Kapitel 6.2.2) dem [ø] sehr ähnelt, wird <2> (deux) gerne für <de(-)> eingesetzt (z. B. in a2m1). Zur Sprachökonomie kommt hier aber auch ein spielerischer Effekt beim Lösen der Rebus-Rätsel. Auch dieses Prinzip existierte schon lange vor der computervermittelten Kommunikation.

       À vous !

      Entschlüsseln Sie den folgenden Rebus-Briefwechsel zwischen Friedrich dem Großen und Voltaire:

      Tab. 1.5 liefert einige klassische Beispiele für das Rebus-Prinzip im langage texto. Ein neuerer Ausdruck ist OKLM [o.kalm]/[o.ka.ɛl.ɛm] für au calme, der durch den Rapper Booba popularisiert wurde.

Langage texto Orthographie Phonetische Transkription
<koi29> Quoi de neuf ? [kwadənœf]
<a2m1> À demain ! [adəmɛ̃]
<a12c4> À un de ces quatre ! [aɛ̃dəsekatʁ]
<C> c’est [sɛ]/[se]1
<CT> c’était [setɛ]/[sete]
<G> j’ai [ʒɛ]/[ʒe]
<je t’M> je t’aime [ʒətɛm]
<NRV> énervé [enɛʁve]
<A+> À plus tard ! [aplytaʁ]

      Tab. 1.5:

      Das Rebus-Prinzip im langage texto (Beispiele aus SABATIER 2014).

      Auch hier lässt sich ein technikbedingter Wandel beobachten. Während Zahlen auf klassischen Handys am einfachsten einzutippen waren, ist es auf dem Smartphone umständlich, von der Buchstaben- auf die Zahlentastatur umzuschalten. Entsprechend nehmen diese Rebus-Typen ab.

      Bei den pseudo-phonetischen ‘Transkriptionen’ geht es ebenfalls sowohl um Sprachökonomie als auch um Expressivität. <mwa> für moi spart beispielsweise kein einziges Zeichen ein, sieht aber witzig aus, da es gerade nicht der üblichen französischen Rechtschreibung entspricht. Besonders verbreitet ist das Fehlen stummer Buchstaben (übrigens auch ein häufiger Rechtschreibfehler): z. B. das <s> in <mé> (mais) und das <e> am Ende von <malad> (malade; vgl. Tab. 1.6). Auch der Buchstabe <k> für [k] in <keske> (qu’est-ce que) ist zwar kürzer als <qu>, v. a. aber auffällig, da er ansonsten im Französischen (fast) nicht existiert (nur in Lehnwörtern wie ketchup). Schreibungen wie <chuis> und <chépa> (vgl. Kapitel 1.1.1) haben ebenfalls eine solche ‘Schockwirkung’, während die assimilierten Formen [ʃɥi] und [ʃepa] im phonischen Medium unbemerkt bleiben. Fehlende Abstände zwischen den Wörtern (z. B. <jveu> für je veux) entsprechen schließlich der typisch französischen Aussprache von Wortgruppen als sogenanntes mot phonétique ([ʒvø]) ohne Pausen oder andere Grenzsignale dazwischen. Auch die Liaison zwischen den Wörtern findet sich im langage texto wieder: z. B. <lé zétud> für les études [lezetyd] (vgl. Kapitel 6.2.2).

Langage texto Orthographie Phonetische Transkription
<keske> qu‘est-ce que [kɛskə]
<koi>/<koua>/<qwa> quoi [kwa]
<malad> malade [malad]
<mé> mais [mɛ]/[me]
<jsui>/<chui> je suis [ʃɥi]
<moi jveu bien kon srevoie> moi je veux bien qu’on se revoie [mwaʒvøbjɛ̃kɔ̃sʁəvwa]
<lé zétud> les études [lezetyd]

      Tab. 1.6:

      Pseudo-phonetische ‘Transkription’ im langage texto (Beispiele aus FAIRON/KLEIN/PAUMIER 2006).

      Auf medialer Ebene imitiert der langage texto also einerseits in der Graphie die Phonie, andererseits besitzt er mit den Abkürzungen und Buchstabenwiederholungen, dem Rebus-Prinzip und den Emoticons bzw. Emojis auch ganz eigene Schreibstrategien.

      Graphisch realisierte Nähesprache

      Im langage texto finden wir außerdem zahlreiche Merkmale der konzeptionellen Nähesprache wieder (vgl. Kapitel 1.1.1): auf universeller Ebene Aneinanderreihungen von Hauptsätzen sowie Kontakt- und Gliederungssignale wie alors, bon ben und hein, auf einzelsprachlicher Ebene der Wegfall des ne der Negation (z. B. <G c pa> für je ne sais pas), die Verdoppelung des Subjekts (z. B. <moi jveu bien> für moi je veux bien) und die Form <t’> statt tu vor Vokal (z. B. <dis qd t libre à midi> für dis quand tu es libre à midi; Beispiele aus FAIRON/KLEIN/PAUMIER 2006).

      Aufgrund der raum-zeitlichen Distanz finden sich hier dagegen keine Deiktika. Häsitationen entsprechen realen zeitlichen Pausen, Selbstkorrekturen lassen sich in WhatsApp auch über das Löschen bereits abgeschickter, aber noch nicht gelesener Nachrichten realisieren – wie beim Schreiben anderer Texte am Computer – und für den Ausdruck von Emotionen gibt es die mediumsspezifischen Emoticons bzw. Emojis sowie Buchstabenwiederholungen und Großschreibungen (s. o.). Eine medienspezifische Besonderheit sind Autokorrekturen bei der Eingabe von Wörtern durch das Gerät, die manchmal auch entgegen der Absichten der


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