Geheimbünde. 100 Seiten. Helmut Reinalter

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da aus dem »unsichtbaren Collegium« 1660 die erste moderne wissenschaftliche Gesellschaft, die heute noch existierende Royal Society, hervorging, deren Mitglieder damals in enger Beziehung zum Rosenkreuzertum und zur Freimaurerei standen.

      Zwischen der älteren Rosenkreuzerbewegung und der im 18. Jahrhundert entstandenen »Bruderschaft der Gold- und Rosenkreuzer« bestand personell kein direkter Zusammenhang, wohl aber in ideeller Hinsicht. Der erste Hinweis auf die Gold- und Rosenkreuzer ist eine Schrift von Sincerus Renatus (Samuel Richter) aus dem Jahre 1710: Die wahrhaffte und vollkommene Beschreibung des philosophischen Steins der Bruderschaft aus dem Orden des Gülden- und Rosenkreutzes denen Filiis Doctrinae zum Besten publiciret von S. R. [d. i. Sincerus Renatus]. Die Verbindung von Rose und Kreuz mit dem Gold stand für die Zweiteilung des rosenkreuzerischen Geheimwissens in Theologie und Philosophie. Im »Stein der Weisen« werden Theologie und Philosophie zu einer Einheit zusammengeführt. In einem französischen Ritual einer Rosenkreuzer-Bruderschaft heißt es u. a., dass der philosophische Weg zum Naturgeheimnis und zu zeitlichem Glück führen solle, der theosophische Weg aber in das höchste Geheimnis der Göttlichkeit. Dank der Schrift ist belegt, dass sich Anfang des 18. Jahrhunderts eine Bruderschaft der Gold- und Rosenkreuzer neu gegründet hat.

      Die älteste Quelle über die Gold- und Rosenkreuzerbruderschaft Aureum Vellus seu Iunioratus Fratum Roseae Crucis von einem Mitglied der »Prager Assemblée« stammt aus dem Jahre 1761. Sie enthält Statuten sowie ein Ritual und wurde zum Teil wörtlich aus der 1749 in Leipzig erschienenen Schrift von Johann Heinrich Schmidt (alias Hermann Fictuld) abgeschrieben. Zweimal wird darin eine »Societät der Goldenen Rosenkreutzer« erwähnt. Vor 1767 bestand die Bruderschaft aus einem Kaiser und einem Vizekaiser, die aber nach der Ordensreform nicht mehr erwähnt werden, und aus sieben Klassen, die sich aus 77 Magi, 700 Majoratsmitgliedern, 1000 Adepti exempti, 1000 Jüngern sowie aus den zuletzt aufgenommenen Personen zusammensetzten. Spätere Organisationsformen waren bereits in ihrer Grundstruktur angelegt. Laut den Statuten war die Aufnahme von Deisten und »Heiden« verboten, während Juden in Ausnahmefällen beitreten durften. Dies stieß aber später auf strikte Ablehnung.

      Der Orden wurde 1764 durch die Aufhebung des Prager Zirkels öffentlich bekannt. In diesem Kreis war bereits eine enge Verbindung zwischen den Rosenkreuzern und der Freimaurerei entstanden, was auch aus der Bezeichnung »Loge zur schwarzen Rose« und aus der Möglichkeit einer Doppelmitgliedschaft hervorgeht. Die Integration der Rosenkreuzer in die Freimaurerei wurde vor allem durch das Hochgradsystem begünstigt, das den aufgeklärten Zielen der Maurerei widersprach. Die Rosenkreuzer gaben sich innerhalb dieses Systems als die höchste Stufe der Freimaurerei aus. So wurde z. B. in dem 1777 erlassenen zweiten Hauptplan betont, zur besseren Verbergung der oberen Klassen seien drei unterste Klassen der Freimaurerei als Pflanzschule zu höheren Wissenschaften errichtet worden. Die Mitgliedschaft in der Freimaurerei wurde zur Voraussetzung für die Aufnahme in die Rosenkreuzer-Bruderschaft.

      Das Herrschaftssystem des Ordens wurde durch eine Hierarchie des Wissens ideell gefestigt. Dieses System gliederte sich in neun Grade, die dem jeweiligen Stand in der rosenkreuzerischen Ausbildung und der praktischen sowie theoretischen Kenntnis der Lehre der Rosenkreuzer entsprachen. 1777 zählte der Orden bereits 5856 Mitglieder, die sich nun auf neun Grade verteilten: 7 Magi, 77 Magistri, 777 Adepti exempti, 788 Majores, 799 Minores, 822 Philosophi, 833 Practici, 841 Theoretici, 909 Juniores. Die Mitglieder der Bruderschaft waren Naturforscher, Ärzte, höhere Offiziere, Theologen und Abenteurer, stammten also vorwiegend aus höheren bürgerlichen oder adeligen Schichten.

      Der Baum der Pansophie, Abbildung aus dem Speculum Sophicum Rhodostauroticum (1618) von Theophilus Schweighardt Constantiens

      Die Ziele des Ordens waren religiöser Natur. Im Zentrum stand eine pansophische Emanationslehre, wonach die Natur ein »Ausfluss der Schöpferkraft Gottes und somit selbst ein Stück Gottheit sei«. Im Zuge der Entstehung politischer Richtungen in der Aufklärungszeit politisierte sich auch der Orden stark. Dabei standen eine ausgeprägte Personalpolitik und die Bildung einer sozial integrierenden älteren Gruppe im Vordergrund. Das Beispiel Johann Christoph von Wöllners (1732–1800) zeigt allerdings, dass die Rosenkreuzer auch nach der Politisierung des Ordenszweckes religiös orientiert blieben. Die Auseinandersetzung mit der Aufklärung, die die rosenkreuzerische Politik prägte, war ein ausgeprägter Kampf gegen Irreligiosität, Deismus und Naturalismus. Politisches Gewicht gewann der Orden vor allem in Preußen und mit Abstrichen auch in Bayern.

      Nach 1767 breiteten sich die Rosenkreuzer rasch aus und gewannen zunehmend an Einfluss, insbesondere in Süddeutschland, Wien, Sachsen, Schlesien, Berlin und weiteren Gebieten in Norddeutschland, Russland und Polen. Mit der Herrschaft König Friedrich Wilhelms II. von Preußen (1744–1797) erreichte der Orden seinen Zenit, doch bald setzte aufgrund seiner verstärkten politischen Aktivität sein Niedergang ein. Intern kam zudem Kritik auf, da versprochene Wunder ausblieben und der Beschluss des Wilhelmsbader Freimaurer-Konvents von 1782 das Hochgradsystem der Strikten Observanz innerhalb der Freimaurerei und damit den Einfluss der Rosenkreuzer schwächte.

      Nach 1787 trat der Orden nicht mehr in Erscheinung. In diesem Jahr wurde ein sogenanntes »Silarium«, der einstweilige Stillstand der Arbeit, verfügt. Das genaue Ende der Rosenkreuzer-Bruderschaft ist ebenso wie ihr Anfang leider nicht exakt zu datieren. Die Rosenkreuzer gelten in der Forschung als geradezu idealer Geheimbund, der wohltätiges, geheimes Wissen bewahrte, im Arkanum wirkte und sich mit einer Mischung aus kirchlichen Reformideen und mystischer Alchemie befasste.

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