Der beiden Quitzows letzte Fahrten. Karl May

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Der beiden Quitzows letzte Fahrten - Karl May


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Gott straf mich, wenn ich fluche!« meinte der Eine; »ist das eine pech-rapenschwarze Finsterniß! Wenn der liege Mond nicht pald kommt, so sehen wir von dem Schmuel und Itzig nicht einen einzigen Zipfel!«

      »Aber hören werden wir sie ganz gewiß. Die Straße ist hart und fest gefroren, und die Räder werden also genug Lärm machen, um bemerkt zu werden.«

      »Das ist wahr. Aper, Pruder Steckelpein, pei dieser Kälte ist es nicht gut, im Schnee liegen und auf Juden lauern. Das ist ein Geschäft, welches ich seit langer Zeit nicht mehr mitzumachen nöthig gehapt hape, und ich pin plos mit Dir gegangen, weil Du und Dein Gregolonaseflitsch es mir miteinander angethan hapt.«

      »Danke schön, Bruder Kaspar! Ich kann Dich auch gut leiden, und wollte, Du bliebest für immer bei uns. Was aber die Kälte betrifft, so ist für uns gesorgt. Dort im Dickicht, ganz nahe an der Straße haben wir uns eine Hütte gebaut, in der wir Wache halten, wenn wir einen Fang erwarten; dort werden wir nicht frieren! Und hier ist auch ein guter Schluck, der uns erwärmen soll!«

      »Schön! Ich glaupe, mit Euch läßt es sich nicht ganz üpel hanthiren, und es wäre gar wunderschön gewesen, wenn ich Herrn Dietrich auf Garlosen oder Stavenow gefunden hätte. Aper ich muß ihn finden, und wenn ich pis zu den Mongolen laufen soll. Ich gäpe siepen Jahre von meinem Lepen hin, wenn ich diesen Nürnperger Purggrafen einmal vor meine Klinge gekommen könnte! Elf Schlösser verloren, Herr Dietrich fort, und Schwalpe, Pruder Schwalpe, Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche, wo mag der gute Junge sein!«

      »Wer war denn dieser Schwalbe?«

      »Höre, Pruder Steckelpein, Respect vor dem Schwalpe! Er war der Leipknecht des Herrn Dietrich, ein treues, lustiges Plut, und klug und tapfer wie – wie – na, fast wie ich selper. Er wurde von der Seite unsers Ritters weggefangen, und ich weiß nun nicht, op er noch lept, oder op sie ihn vielleicht gar geschlachtet, gepraten und gefressen hapen. Ich glaupe, wenn ich ihn wiederfände, so könnte ich mir vor Freuden meinen Part wegpeißen!«

      Im Gedanken an dieses Manoeuvre fuhr er sich mit den beiden Händen an die Spitzen seines Schnauzbartes, und da er wegen der Finsterniß die ersteren bisher als Fühlhörner gebraucht hatte, so rannte er jetzt mit dem Kopfe an den Stamm eines Baumes, den er im freudigen Gedanken an das Wiederfinden seines Kameraden unbeachtet gelassen hatte.

      »Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche, aper da steht der Kerl auch grad’ da, wo ich hinlaufe! Konnte er denn nicht auch wo anders hingewachsen sein?«

      »Pst, Kaspar, jetzt nicht so laut; wir sind hart an der Straße und müssen nun vorsichtig sein!« mahnte Balthasar und drängte sich, den Wachtmeister nach sich ziehend, vorsichtig in ein dichtes Gestrüpp, welches hier den Rand der Waldung bildete.

      Nach einer Weile blieb er halten und deutete auf einen niedrigen, dunkeln Gegenstand, welcher vor ihnen lag.

      »Das ist die Hütte. Laß uns hineinkriechen, aber bücke Dich sehr!«

      Der Sprecher bog sich nieder auf die Erde und schob sich in das Innere des kleinen, dicht von Moos und Strauchwerk umschlossenen Raumes. Kaum aber befand er sich mit den Schultern darin, als er einen Ruf der Ueberraschung ausstieß und erschrocken wieder zurückfuhr.

      »Mordelement, Pruder Steckelpein, stickt der Deiwel in dem Loche?« fragte halblaut Kaspar Liebenow.

      »Ich habe ein Paar Beine gefühlt,« antwortete Balthasar, und zu gleicher Zeit ließ sich ein schnarchendes Stöhnen vernehmen, wie es ein Mensch ausstößt, welcher, ohne ganz zu erwachen, im Schlafe gestört worden ist.

      »Heda, wer stickt da drin?« rief der lange Kriegsknecht halblaut in die Hütte.

      Keine Antwort war zu hören, aber ein rasches, zuckendes Geräusch und darauf folgende tiefe Stille ließen vermuthen, daß der Schläfer jetzt erwacht sei und horche.

      »Nun, ich frage, wer in der Hütte ist!«

      »Wer?« antwortete jetzt von innen eine gähnende Stimme. »Und ich werde fragen thun, wer da draußen is.«

      »Mache keene Faxen, Kerl, und komm heraus, daß man Dich sehen kann!«

      »Mach keine Faxen nick, und komme ‚rin, daß man Dir greifen thut!«

      Bei der ersten Antwort des unwillkommenen Hüttenbewohners hatte Liebenow gestutzt; jetzt aber schob er Balthasar rasch auf die Seite und fuhr mit dem Kopfe nieder zu dem engen Loche, welches den Eingang bildete.

      »Schwalpe, Pruder Schwalpe, pist Du es, oder ist es Dein Geist?!«

      »Liebenow, Kaspar Liebenow, thut es möglich sin, daß ich Dir hier getroffen haben thue?!« Und zu gleicher Zeit barst die Hütte auseinander, denn der hocherfreute Insasse derselben nahm sich gar nicht erst Zeit, langsam hervorzukriechen, sondern fuhr mit Kopf und Schultern gleich direct durch die verwitterte Moosdecke. »Daß Dich dat Wetter! Wo thust denn Du herkommen thun, alte Kriegsmaschine, in diese ungeheuerliche Nacht. Ich denke, sie haben Dir todt geschlagen oder uffgehangen, und da thust Du jetzt frisch und gesund lebendig vor mich stehen bleiben!«

      »Todtgeschlagen oder aufgehänkt? Mordelement? Gott straf mich, wenn ich fluche, aper Pruder Schwalpe, hat Dich die Kälte so um den Verstand gepracht, daß Du denkst, den Wachtmeister Kaspar Liepenow könnten sie zum Paumeln pringen oder gar mit dem Säpelauf den Hut klopfen, daß es ihm an’s Lepen ginge? Da sollte dem Gezüchte doch gleich der Deiwel in die Peine fahren! Aper komm an mein Herz, Pruder Schwalpe; ich muß Dir einen Kuß gepen, den man pis Friesack hören soll!«

      »Schön, hier hast Du mir! Wenn Dich dat Umärmeln Spaß machen thut, so kannst Du dat Vergnügen haben, so lange es Dich gefallen thut. Aber erweise mich die Liebe und schiebe Deinen Bart erst in die Höhe, damit ich Dich auch richtig auf den Schnabel kommen thue!«

      Sie umarmten sich mit brüderlicher Herzlichkeit, und wäre es nicht finstere Nacht, sondern Tag gewesen, so hätte man in den Mienen Beider die Rührung bemerken können, in welche sie durch das unverhoffte und freudige Wiederfinden versetzt worden waren.

      »So Pruderherz, da hat die Schnäpelei ein Ende, und nun mußt Du wissen, wer der Kamerad ist, der hier nepen Dir steht.«

      »Na nu, ich thue selbst ein wenig neugierig sin und habe gar keene Ahnung nick, wie Du in diese Gegend kommen thust mit Eenen, den ich noch niemals nick gesehen haben thue!«

      »Das ist dem Herrn Claus von Quitzow auf Stapenow sein Leipknappe, Palthasar geheißen, ein ganz verdeiwelt streitparer Degenknopf, den die Natur ein Pischen zu viel in die Länge gezogen hat, weil es in der Quere keinen Platz mehr gegepen hat. Er ist mit seinem Flegisahnolieperpitsch durch aller Herren Länder gezogen und kann von manchem schönen Strauß erzählen!«

      »So, also!« bekräftigte der Dürre. »Ja, der bin ich selber!«

      »Schön,« machte Schwalbe. »Aber wer thut denn eigentlich der tapfere Resiganotriebelisch sin, von dem Du Deine Rede gehalten haben thust?«

      »Das, Pruder Schwalpe, ist der Fuchs hier von dem Ritter Steckelpein, auch ein ganz verdeiweltes Vieh, das den lependigen Drachen im Leipe hat, wenn es zum Zuschlagen geht. Das Biest steht pei den andern Pferden da drüben hinter dem Pusche, wo unsere Leute auf das Zeichen warten.«

      »Wat thust Du für een Zeichen meenen?«

      »Wir liegen hier im Hinterhalte gegen zwei Juden, die von Schwerin mit Waaren kommen, und gepen – Halt, Pruder Schwalpe, hast Du nicht Etwas gehört?«

      Die drei Männer lauschten einige Sekunden mit angehaltenem Athem in die Nacht hinaus. Es ließ sich von fernher ein Geräusch, ähnlich demjenigen von rollenden Rädern, hören.

      »Es is mich ganz so, als ob een Wagen kommen wollen thäte; wat thust Du dazu meenen, Balthasar?«

      »So, also! Da kommen sie; ich habe es auch gehört!«

      »Ja, da kommen sie. Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche, aper das wird eine Freude für meinen Säpel sein!«

      »Wegen der paar Judens braucht Ihr keene große Freude nick zu haben thun!«

      »Höre Pruder Schwalpe, das versteht sich ja ganz von selpst, daß ich Die gleich mit den ploßen Händen zu Pulver zerreipe,


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