Der beiden Quitzows letzte Fahrten. Karl May

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Der beiden Quitzows letzte Fahrten - Karl May


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jetzt hape ich einen Gregowitsch und auch eine Plegiwitsch – und prauche mich vor dem Steckelpein nicht mehr zu schämen! Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche, aper der richtige Deiwelskerl, der allergrößte Deiwelskerl, das pin doch ich, der Wachtmeister Kaspar Liepenow!«

      Kapitel 3: Im Zauberhause

      Die vierundzwanzig Schlösser, welche sich in den Händen der Quitzow’s befunden hatten, waren gefallen; die kriegerischen Erfolge des Markgrafen Friedrich machten in der Mark ein ungeheures Aufsehen, und weithin durch Deutschlands Gauen verbreitete sich ihr Ruf.

      Die Urtheile darüber waren sehr verschieden. Groß war die Berühmtheit der Quitzows gewesen, groß die Vorstellung von ihrer Macht, ihrer Tapferkeit und Klugheit; sie waren theils hierdurch, theils durch ihren großen Anhang und ihre weitgehenden Verbindungen die Wichtigsten des Landes gewesen. In der Mark hatte man nicht gewagt, ein Schwert gegen sie zu ziehen; sie hatten in Gemeinschaft mit den Pommern selbst über Friedrichs Heer triumphirt, und als es bekannt geworden war, daß sie an der Spitze einer ausgebreiteten Adelsverbindung standen, deren Mitglieder zwar meist unbekannt waren, aber um so kräftiger im Geheimen wirken konnten, so zitterten Friedrichs Freunde für ihn, und sahen mit nicht ganz ungerechtfertigtem Mißtrauen auf das gefährliche Wagestück, sie zu bekriegen, welches im Falle des Mißlingens ihm nur zu wahrscheinlich das Land kosten konnte, denn es fehlte ihm nicht an heimlichen Feinden, welche die Art, wie er regierte, mit großen Besorgnissen ansahen, und die sich, wenn er Unglück gehabt hätte, ohne allen Zweifel gegen ihn erklärt hätten.

      Die mächtigste Familie des Landes, groß durch Güterbesitz, hohe Eigenschaften und allgemein anerkannten Ruf, hatte er wie durch Zauberei in wenig Wochen gestürzt; ihre Freunde wagten sich nicht zu regen, und seine Herrschaft schien auf die Dauer begründet zu sein. Ein allgemeines Erstaunen bemächtigte sich der Gemüther. Wo war die imposante, ihm weit überlegene Macht seiner Feinde so plötzlich geblieben? Ein furchtbares Geschick hatte sie betroffen, und die launenhafte Unbeständigkeit des Glückes, der schnelle Fall menschlicher Größe erregte in jeder Brust ein zaghaftes Bangen, wie es sich des Menschen bemächtigt, wenn er das von ihm Angestaunte, Bewunderte und vielleicht gar Beneidete sinken, zertrümmern und der Vernichtung anheimfallen sieht.

      Das tiefste Mitgefühl ihrer Freunde begleitete der Quitzows tragischen Fall. Die Hoheit adeligen Sinnes, die Kraft des lebendigsten Freiheitsgefühles, der Zauber höchst bedeutender Macht und Größe, das Gewicht ungewöhnlicher Klugheit und eines hellen Verstandes, die Festigkeit ihrer Mauern, die enge Verbindung mit mächtigen und kampfgerüsteten Fürsten – nichts hatte ihnen dies Alles geholfen; erbarmungslos schritt das furchtbare Schicksal über ihren Häuptern dahin und trat sie schonungslos unter die Füße. Weinend sahen es die Freunde und fragten:

      »Wie sollen wir widerstehen, wo auch die Stärksten fallen? Was haben die Marken von diesem Fremdlinge zu erwarten, wenn er das Größte und Beste in ihnen zertrümmert? Man hat ihn zu mächtig werden lassen; unsere Freunde hätten sich früher gegen ihn erheben sollen. Wer kann jetzt noch würdig und mit männlichem Muthe gegen ihn die Rechte des freien Mannes verfechten? Die Einzigen, die es vermocht, hat sein Arm ins Elend gestoßen, und hinfort ist der stärkste Mann nichts als sein untergebener Diener.«

      Nur die Wenigen, welche über die Quitzows gleichgültig dachten, blieben auch gleichgültig bei dem Schicksale derselben. Anders aber sahen ihre Feinde die Sache an, selbst in dem Falle, daß sie Friedrich nicht wohl wollten. Sie sahen in dem Falle der mächtigen Partei die rächende Vergeltung für das ihnen wirklich oder vermeintlich wiederfahrene Unrecht; und eine Menge kleiner Seelen, die vorher nicht gewagt hatten, gegen die Quitzows den Mund aufzuthun, triumphirten und ergingen sich in tapferen Worten und Redensarten. Friedrich aber arbeitete, unbeirrt um den verbissenen Grimm der Feinde und die kriechenden Lobhudeleien sogenannter Freunde, mit Kraft und unausgesetzter Rüstigkeit an dem so glorreich begonnenen Werke weiter. Es war ihm die hohe und allerdings schwere Aufgabe geworden, den Marken eine rühmliche Zukunft zu geben; er hatte erkannt, welche Wege er zu wandeln habe und welche Mittel er anwenden müsse, um die Lösung dieser Aufgabe anzubahnen, und so griff er denn mit fester und sicherer, starker Hand hinein tief in das Geschick des ihm anvertrauten Landes, weder rechts noch links hörend, sondern einzig und allein nur den Stimmen seiner hohen Verpflichtungen folgend. – —

      Wenn man von dem Dorfe Fischbeck aus gen Tangermünde über die Elbe setzte und von dem unten an dem Flusse gelegenen Theile der Stadt emporstieg nach der Straße, welche nach Stendal führt, so gewahrte man zur rechten Hand ein Mauerviereck, über welches zwischen einigen Baumwipfeln das Dach eines Hauses emporragte. Ein breiter Thorweg in der Mitte der Frontseite und neben demselben eine kleine, schmale Pforte führten durch die Mauer nach dem Hause, welches von den Bewohnern Tangermünde’s mit heiliger Scheu betrachtet und – womöglich gemieden wurde.

      Hier wohnte und lebte Suteminn, der Ritter ohne Furcht und Tadel, in der Mitte der dienstbaren Geister,

      welche er sich vermöge seiner Kunst und Wissenschaft unterthänig gemacht hatte. Der Wandersmann, der hier vorüberging, sah mit scheuem Blicke nach der Strohfirste des geheimnißvollen Hauses; die Frauen der Stadt machten lieber einen weiten Umweg, als daß sie sich in die Nähe desselben begeben hätten, und wenn gar der Abend nahte mit seinem gefahrvollen Dunkel, so war der Ort gemieden von Jedermann, und kein lebendes Wesen, welches nicht durch wichtige Gründe herbeigeführt wurde, klopfte an das alte, dunkle Thor. – Aber wenn irgend Jemand schwerkrank mit dem Tode rang, wenn irgend einer der umwohnenden Burgherren das Hab und Gut eines Bürgers mit dem seinigen verwechselt hatte oder auf sonst irgend eine Weise in der Noth eine Hilfe erforderlich war, die kein Anderer gewähren konnte, da schritt man nach dem »Zauberhause« und ward für die ausgestandene Angst vor dem überirdischen Insassen desselben gewöhnlich durch den gewünschten Erfolg belohnt.

      Es war an einem späten Februarnachmittage, als die Schelle des Rathsdieners durch die Straßen erklang, um die ehrbaren Bürgersleute auf eine Kunde aufmerksam zu machen, welche die hohen Väter der Stadt ihren getreuen und lieben Kindern durch seinen Mund zugehen lassen wollten. Die Thüren und Fenster öffneten sich trotz der herrschenden grimmigen Kälte und ließen die Köpfe oder die vollständigen Gestalten der Hausbewohner hervor, denen die rathsherrliche Mittheilung galt. Und angenehm mußte dieselbe sein, wie aus der freudigen Wirkung zu erkennen war, welche sie auf die Hörer hervorbrachte, die eilig über die frostigen Gassen sprangen und sich zusammenrotteten, um das Ereigniß angelegentlichst zu besprechen.

      Froh lächelnd über den Erfolg seiner Verkündigung, schritt der Diener empor zur Stendaler Straße, ließ auch hier seine Schelle ertönen und begann mit lauter, weithin schallender Stimme:

      Se. Liebden, der hochehrwürdige Herr Bürgermeister sammt dem weisen Rathe unserer guten Stadt und Gemeinde Tangermünde, thun hiermit den ehr— und tugendsamen Bürgern, Hausfrauen, Söhnen und Töchtern nebst Ingesinde folgendes hochlöbliche, landesherrliche Mandat zur strengen Nachbeachtung kund und zu wissen:

      Wir, Friedrich von Zollern, Markgraf von Brandenburg, Burggraf von Nürnberg, Bayreuth und Karlsberg, Herr von Hof, Wunsiedel, Ansbach u. s. w. haben den mannigfaltigen Schaden angesehen, der den Landen der Marken in vergangenen Zeiten zugefügt ist. Um ihm zu wehren, haben wir mit Rath und Wissen aller Herren, Mannen und Städte der beiden Marken, auch des Grafen von Ruppin und seiner Lande, sowie auch der Priegnitz, eine solche Einigung geboten und Satzung gemacht, als hiermit allen Bewohnern der gedachten Lande beigefügt wird. Es sollen Alle den Frieden in und außer Landes stets fest und unverbrüchlich halten. Wer jener Lande oder eines ihrer Bewohner Feind ist, dem sollen alle andere Herren, Mannen, Städte und Einwohner dieser Lande Feind sein, ihm feindlich nachstellen, ihn weder hausen, hegen, speisen und tränken, mit ihm keine Gemeinschaft, noch Verrichtung haben, weder heimlich noch offenbar. Alle Herren, Mannen und Städte sollen ihren Nachbaren alle bei ihnen angesessenen Räuber, Missethäter und Feinde des Ortes und des Landes namhaft machen und sie beschreiben, und zu wem solche Missethäter und Räuber kommen, der soll sie anhalten und Demjenigen, dessen Feinde sie sind, Anzeige davon machen. Der soll dann die Missethäter fordern, und der Herr, Mann oder die Stadt, wo dieselben ergriffen worden sind, sollen gehalten sein, ihm unverzüglich zu seinem Rechte zu verhelfen.

      Keiner und Niemand soll Unsere oder des Landes Feinde in oder durch das Land geleiten


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