Waldröschen II. Der Schatz der Mixtekas. Karl May

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Waldröschen II. Der Schatz der Mixtekas - Karl May


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waren nach Forte del Guadeloupe geritten, um die beiden Damen abzuholen, die dort zu Besuch gewesen waren. Der Überfall geschah auf dem Heimweg.« – »Wer sind die Damen?« – »Señorita Arbellez und Karja, die Indianerin.« – »Wer ist Señorita Arbellez?« – »Die Tochter unseres Inspektors.«

      Man erinnere sich, daß Pedro Arbellez damals den kleinen Alfonzo von Rodriganda nach Mexiko geholt hatte.

      »Und Karja?« – »Sie ist die Schwester von Tecalto, dem Häuptling der Mixtekas.«

      Da horchte Bärenherz auf.

      »Die Schwester von Tecalto?« fragte er. – »Ja.« – »Er ist mein Freund. Wir haben die Friedenspfeife miteinander geraucht. Die Schwester seines Herzens soll nicht gefangen bleiben. Gehen meine weißen Freunde mit, sie zu befreien?« – »Ihr habt doch keine Pferde«, versetzte der Vaquero.

      Der Indianer warf ihm einen geringschätzigen Blick zu und antwortete:

      »Bärenherz hat ein Pferd, wenn er eins braucht. In einer Stunde wird er den Hunden der Komantschen eins genommen haben.« – »Verdammt, das wäre stark!« – »Nein, das versteht sich ganz von selbst«, versicherte der Weiße. »Wann seid ihr gestern überfallen worden?« – »Am Abend.« – »Und wie lange hast du hier geschlafen?« – »Oh, kaum eine Viertelstunde.« – »So werden die Komantschen bald hier sein.« – »Alle Teufel!« – »Du bist ein Vaquero und kennst die Gebräuche der Wilden nicht. Was für eine Absicht denkst du wohl, daß sie mit den Damen haben werden? Haben sie dieselben wohl wegen eines Lösegelds gefangengenommen?« – »Nein, sicherlich nicht. Sie werden sie mitnehmen, um sie zu ihren Weibern zu machen, denn beide sind sehr schön.« – »Ich habe gehört, daß die Mädchen der Mixtekas wegen ihrer Schönheit berühmt sind. Wenn also die Komantschen die beiden Damen nicht wieder herausgeben wollen, so müssen sie dafür sorgen, daß man den Aufenthaltsort derselben nicht entdecken kann; sie müssen ihre Spur verbergen. Infolgedessen dürfen sie also auch keinen von euch entkommen lassen, und darum haben sie sich ganz gewiß aufgemacht, um dich zu verfolgen, damit du keine Kunde nach Hause tragen kannst.« – »Das leuchtet mir ein«, entgegnete der Vaquero. – »Die Komantschen waren natürlich zu Pferde?« – »Ja.« – »Sie werden dich also auch zur Pferde verfolgen; sie werden auf deiner Spur reiten und Pferde haben, wenn sie hier ankommen.« – »Verdammt, das ist sehr leicht zu denken, obgleich ich nicht daran gedacht habe!« – »Ja, einen sonderlichen Scharfsinn scheinst du nicht zu haben. Dachtest du dir denn nicht, daß man dich verfolgen würde?« – »Natürlich!« – »Warum legst du dich da zum Schlafen?« – »Ich war zu müde.« – »Du mußtest wenigstens erst über den Fluß gehen.« – »Er ist hier zu breit und das Pferd zu angegriffen.« – »Danke Gott, daß wir keine Komantschen sind! Du wärst hier eingeschlafen und dann im Paradies ohne Kopfhaut erwacht. Hast du Hunger?« – »Ja.« – »So komm mit nach dem Kahn, führe aber zunächst dein Pferd weiter hinter die Büsche, damit man es von weitem nicht sehen kann.«

      Dieses Gespräch war nur von Helmers und dem Vaquero geführt worden. Bärenherz hatte sich nach dem Kanu begeben, wo er ruhend auf der Büffelhaut lag. Der Vaquero erhielt Fleisch; Wasser gab es im Fluß, so war für alles gesorgt.

      Nachdem er sich satt gegessen hatte, fragte ihn Helmers nach seinen näheren Verhältnissen und erfuhr dabei alle Umstände, die auf die Familie Rodriganda Bezug hatten. Als einige Zeit vergangen war, verließ Helmers den Kahn, um das etwas erhöhte Ufer zu erklettern und Ausguck zu halten, und er hatte die Höhe kaum erreicht, als er einen Ruf der Überraschung ausstieß.

      »Holla, sie kommen! Bald hätten wir die rechte Zeit versäumt.«

      Der Indianer stand im Nu bei ihm.

      »Sechs Reiter!« sagte er. – »Kommen auf jeden drei!«

      Der deutsche Trapper schien gar nicht daran zu denken, daß der Vaquero auch einen der Feinde auf sich nehmen könne.

      »Wer nimmt das Pferd?« fragte Bärenherz. – »Ich«, antwortete der Deutsche.

      Der Indianer nickte und sagte dann:

      »Von diesen Komantschen darf kein einziger entkommen!« – »Das versteht sich ganz von selbst«, meinte Helmers. Dann wandte er sich an den Vaquero: »Du hast nur dein Messer?« – »Ja.« – »So kannst du uns bei dieser Sache gar nichts nützen. Du bleibst im Kanu liegen, und ich nehme einstweilen dein Pferd.« – »Aber wenn es erschossen wird!« sagte der Mann ängstlich. – »Dummheit, so bekommen wir sechs andere dafür.«

      Der Mexikaner mußte dieser Anordnung Folge leisten. Er versteckte sich also in das Kanu, während die beiden andern sich nach dem Ort begaben, wo sie ihn gefunden hatten, sich neben das hinter den Büschen des Ufers versteckte Pferd stellten und warteten.

      Die Reiter, die Helmers zuerst als sechs dunkle Punkte in der Ferne erkannt hatte, kamen schnell näher. Man konnte bereits ihre Bekleidung und Bewaffnung erkennen.

      »Ja, es sind die Hunde der Komantschen«, sagte Bärenherz. – »Sie haben sich mit den Kriegsfarben bemalt, geben also keinen Pardon«, bemerkte Helmers. – »Sie sollen selbst keinen erhalten!« – »Die beiden hintersten müssen zuerst daran glauben; die vordersten bleiben uns dann gewiß.« – »Ich nehme die hintersten«, sagte der Apache. – »Gut!«

      Die Komantschen waren jetzt auf einen halben Kilometer herangekommen; sie ritten noch immer im schnellsten Galopp. In einer Minute mußten sie sich im Bereich der Büchsen befinden.

      »Wie dumm sie sind!« lachte der Deutsche. – »Diese Komantschen haben kein Hirn, sie vermögen nicht zu denken!« – »Sie könnten doch wenigstens vermuten, daß der Vaquero sich hier versteckt hat und auf sie wartet. Aber jedenfalls meinen sie, daß er sofort über den Strom geritten ist.« – »Ugh!« sagte der Apache.

      Mit dieser Aufforderung zur Aufmerksamkeit erhob er seine Büchse. Helmers tat dasselbe. Gleich darauf krachten zwei Schüsse und noch zwei, und vier der Komantschen wälzten sich am Boden. Im nächsten Augenblick saß Helmers auf dem Pferd des Vaquero und brach mit demselben durch die Büsche. Die beiden übriggebliebenen Komantschen stutzten und hatten gar nicht Zeit, ihre Pferde zu wenden, so war der Deutsche schon bei ihnen. Sie erhoben ihre Tomahawks zum tödlichen Schlag, er aber hielt den Revolver bereit, drückte zweimal ab, und auch die zwei stürzten von den Pferden.

      Dieser Sieg war in weniger als zwei Minuten errungen. Die Pferde der Gefallenen wurden mit leichter Mühe eingefangen.

      Jetzt kam der Vaquero herbei, der vom Kanu aus alles beobachtet hatte.

      »Verdammt«, meinte er, »das war ein Sieg!« – »Pah!« lachte der Deutsche. »Sechs Komantschen, was ist das weiter! Man sollte eigentlich mit Menschenblut sparsamer umgehen, denn es ist der köstlichste Saft, den es gibt; aber diese Komantschen verdienen es nicht anders.«

      Man nahm darauf den Komantschen die Waffen ab und warf die Toten in den Fluß, nachdem Bärenherz den beiden, die er getötet, die Skalpe gelöst hatte, um sie sich an den Gürtel zu hängen.

      »Was nun?« fragte der Deutsche. »Brechen wir sofort auf?« – »Ja«, antwortete der Apache. »Die Schwester meines Freundes soll nicht vergebens auf Hilfe rechnen.« – »Nehmen wir den Vaquero mit?«

      Bärenherz musterte diesen und erwiderte:

      »Tu, was du willst.« – »Ich gehe mit!« erklärte der Mexikaner. – »Ich glaube nicht, daß wir dich brauchen können«, meinte Helmers, »denn ein Held bist du nicht.« – »Ich hatte jetzt ja keine Waffen.« – »Aber bei dem gestrigen Überfall bist du doch auch geflohen.« – »Nur, um Hilfe herbeizuholen.« – »Ach so! Nun, wirst du den Platz wiederfinden können, wo ihr überfallen wurdet?« – »Ja.« – »So magst du uns begleiten.« – »Darf ich mir von den Waffen der Indianer nehmen?« – »Ja. Nimm dir auch ein Pferd von ihnen. Das deinige lassen wir frei; es ist zu sehr abgetrieben und würde uns nur hinderlich sein.«

      Die drei besten Pferde wurden darauf bestiegen und die übrigen freigelassen, dann setzte sich der kleine Zug in Bewegung.

      2. Kapitel

      Es ging nach Norden immer


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